Findet ihr Anglizismen im Deutschen gut oder mittlerweile übertrieben?
Ich denke, dass ich mich auch dabei ertappe hin und wieder Anglizismen zu verwenden. Wie Teenager z. B. oder wenn ich viele Zeichentutorials (Tutorial ist ja auch ein Anglizismus xD) auf Englisch hintereinander sehe und dann One-Point-Perspective sage statt Zentralperspektive. Jedoch versuche ich doch wieder eher die deutschen Entsprechungen zu nutzen :) Ich finde, dass heutzutage in manchen Bereichen echt übertrieben wird, und es dann nur noch albern klingt. Angeblich soll es weltgewandt klingen, aber ist es wirklich weltgewandt, wenn man seine eigene Muttersprache nicht mehr richtig benutzen kann? Wörter wie Real-Talk, predicten, nice, Call, too much, Q-tip, directen, CEO, Co-Producer etc. Die man bei deutschen Youtubern hört, finde einfach nur noch doof und irgendwie auch kindisch. Ich finde es also mittlerweile übertrieben, und es werden immer mehr Anglizismen da verwendet, wo es problemlos eine deutsche Entsprechung gäbe.
Was meint ihr? :)
24 Stimmen
9 Antworten
Ich halte es gerne mit unserem verehrten (leider verstorbenen) Literatur-Papst Marcel Reich-Ranicki:
"Ich habe beim Schreiben stets ein Fremdwörter Buch zur Hand. Nicht um Fremdwörter zu verwenden, sondern um sie zu vermeiden."
Hallo,
ich habe nichts gegen Anglizismen im Allgemeinen, verwenden wir doch täglich eh mehr und ganz alltägliche Anglizismen als wir glauben, uns bewusst ist und wir wahrhaben wollen. Ganze englische Sätze - als Anglizismen - einfließen zu lassen, halte ich aber für übertrieben.
Wenn man wie so oft gefordert wird, sämtliche (Schein-) Anglizismen aus der deutschen Sprache verbannen würde, wie es so oft von allen möglichen Seiten gefordert wird, täte man sich schwer. Mir fallen auf Anhieb 20 'englische' Wörter ein (Job, Sweatshirt, Gangster, Computer, Hobby, Champion, Walkman, Camping, Band, Jeans, Popstar, Hit, Shorts, Steak, Toast, Clown, Popcorn, Keyboard, Disco, Cornflakes), die wir jeden Tag ganz selbstverständlich verwenden, ohne uns darüber Gedanken zu machen.
Weitere sind z.B.:
Manager, Hairstylist, Backshop, Sale, Coffee to go, coachen, checken, Cardigan, downloaden, casten, canceln, Boxershorts, Pullover, Wellness, Happy End, Shampoo, Babysitter, Chips, Service-Point, Counter, McClean, Event, Performance, Highlight, cool, Teenager, Kids, Showmaster, Quizmaster, Talkmaster, Beamer, Spleen, High Heels, Slipper, Slip, Smoking, Pudding, Oldie, Oldtimer, Evergreen, Hometrainer, Egoshooter
Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Aber Achtung bei der Übersetzung, denn es können auch falsche Freunde dabei sein.
So heißt
- Mobiltelefon - mobile oder cell phone; handy aber praktisch usw.
- body bag - Leichensack und nicht Handtasche
- check - kontrollieren und nicht verstehen
- control - (an)steuern und nicht kontrollieren
usw.
Nett auch der undertaker (Leichenbestatter) als Unternehmer.
Deine Behauptung, dass keine Wörter aus anderen Sprachen im Deutschen verwendet werden, ist nicht richtig. Ich erinnere nur an Merci, Baggage, vis-a-vis, peu à peu, Trottoir, um nur einige zu nennen.
In der deutschen Sprache gibt es nämlich auch und weit mehr lateinische und griechische Wörter als englische, worüber man sich bei weitem nicht so aufregt, wie über die Anglizismen.
Natürlich haben Anglizismen Einfluss auf unsere Sprache. Ich glaube auch, dass sich diese Entwicklung mit fortschreitender Globalisierung nicht aufhalten lassen wird.
Sprache ist nun mal lebendig und verändert sich.
Im Zeitalter von Chat, Blogs, Foren und sozialen Netzwerken wie fb sind auch Wortschöpfungen, wie adden, liken usw. angesagt, ob es einem gefällt, man es versteht und man diese Wortschöpfungen nutzt, ist eine andere Sache.
Einige solcher Wortschöpfungen bleiben Modeerscheinungen, andere setzen sich über einen mehr oder weniger langen Zeitraum auch durch und finden sich dann auch im Duden wieder.
Auch wenn z.B. in Frankreich Anglizismen bis März 2015 mehr als 20 Jahre lang per Gesetz verboten waren und in Deutschland alljährlich der Sprachpanscher (2007: DB) und der Sprachwahrer (2013: DB) des Jahres gekürt werden
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(aus dem Münchner Merkur vom 17.03.2011),
ist die Sprach- und Wortwanderung keine Einbahnstraße und auch nicht neu.
Wir importieren nicht nur Wörter aus dem Englischen und aus anderen Sprachen – bei manchen wird die Schreibweise angepasst (dt. Keks = engl. cakes = Kuchen pl.) –
sondern exportieren genauso deutsche Wörter ins Englische – manche davon werden in der Schreibweise übernommen (kindergarten) – und in andere Sprachen.
Zu den 'ausgewanderten' deutschen Wörtern, die nach England und Amerika ausgewandert sind, gehören u.a. blitzkrieg, autobahn, kindergarten (aus der Zeit des 3. Reiches) und rucksack (ein Wort, was durch die Weltkriege in Ausland gelangte).
Aber auch: Gemütlichkeit, Zeitgeist, Wunderkind, Bauhaus, Ding an sich, Schnitzel, Pretzel, bratwurst, sauerkraut, beerfest, Doppelgänger, Schnaps, dachshund, gedankenexperiment, fahrvergnuegen usw.
Ganz interessante Artikel dazu kannst du ergoogeln unter:
- Deutsche Wörter ein Exportschlager
(bairische-sprache.at/Index/Zeitungsartikel/2009/MM/Deutsche%20Woerter%20-%20ein%20Exportschlager%20-%20MM%2013.7.2009.pdf)
- Diese deutschen Wörter werden im Ausland benutzt
(merkur-online.de/aktuelles/kultur/diese-deutschen-woerter-werden-ausland-benutzt-882170.html)
- Denglisch für Anfänger I (fr-online.de/meinung/kolumne-denglisch-fuer-anfaenger-i,1472602,3244474.html)
- Zwiebelfisch: Weltsprache Deutsch
(spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/zwiebelfisch-weltsprache-deutsch-a-356502.html)
Eine Liste mit Germanismen findest du unter folgendem Link:
spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/zwiebelfisch-deutsch-als-amtssprache-der-usa-a-295157.html
Dazu verweise ich immer wieder gerne auf folgenden Video-Clip mit Thomas Freitag.
Viel Spaß bei der Lektüre und beim Anschauen!
:-) AstridDerPu
https://www.youtube.com/watch?v=8ggwuN5NkFs
PS: Interessant auch, dass es sowohl in Frankreich als auch in Deutschland inzwischen entgegengesetzte Bestrebungen zu den o.g. gibt.
So wurde in Frankreich das o.g. Gesetz zum Verbot englischer Wörter in der französischen Sprache aufgegeben (siehe: http://www.welt.de/kultur/article138497201/Frankreich-gibt-Kampf-gegen-englische-Woerter-auf.html)
und ist Deutsch wieder im Kommen
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(siehe: aus dem Münchner Merkur vom 30.01.2015)



War das Deien Dissertation?
Ich hatte leider nicht den Ehrgeiz Deine Ausführungen, denen ich bis zu zwei Drittel gefolgt bin, größtenteils zustimme bis zum Schluss zu folgen.
Sorry, es musste natürlich "Die Behauptung, dass ..." heißen.
Ich bin nun schon etwas älter und habe nicht Englisch studiert, sondern nur einige Jahre Schulenglisch gelernt.
Seit einigen Jahren fällt es mir immer schwerer bei Besprechungen alles zu verstehen. Unter den jüngeren Mitarbeitern scheint es unheimlich en Vogue zu sein, sich mit Anglizismen zu schmücken. Dabei fühlen sie sich wichtig und gebildet. Ob jeder Zuhörer folgen kann, ist nebensächlich.
Es ist noch gar nicht so lange her, da sagte mir meine Mutter dass sie manchmal wegen der vielen Anglizismen nicht mal mehr den Nachrichten folgen kann.
Ich frage mich immer was das soll!
Ist es denn intelligent, so zu reden, dass man nicht von allen verstanden werden kann?
Sowas wie App, Cool, tutorial ist ja schon etabliert aber wenn der halbe Wortschatz nur aus Anglizismen besteht ist das doch einfach nur blöd und hört sich meiner Meinung nach auch ziemlich bekloppt an.
Find ich schrecklich, so sehr ich Englisch auch mag. Ich finde es nur sinnvoll, wenn man Wörter nutzt, die wir in der deutschen Sprache nicht haben und ansonsten umschreiben müssten, ansonsten klingt es einfach prätentiös in jedem Satz unnötigerweise ein englisches Wort unterzubringen.
Es schließt auch Menschen aus, denn nicht jeder beherrscht die englische Sprache. Und es geht auch so viel von unserer eigenen verloren, die doch auch echt schön ist.
sprachs und verwendete prätentiös. das schliesst mich ehrlicherweise auch grade aus
Da hast du recht, in dem Zusammenhang hätte ich wohl ein anderes Wort benutzen sollen
„Deine Behauptung, dass keine Wörter aus anderen Sprachen im Deutschen verwendet werden, ist nicht richtig. "
Entschuldigung, aber so etwas habe ich gar nicht gesagt. Nirgends. Ich habe großes Interesse an Lehnwörtern schon seit meinem 16. oder 17. Lebensjahr. Klar weiß ich, dass Deutsch viele Lehnwörter aus anderen Fremdsprachen übernommen hat. Vor allem aus dem Griechischen, Lateinischen und Französischem. Französisch war ja vor Englisch die Lingua franca in Europa und daher gibt es aus dieser Sprache ebenfalls sehr viele Vokabeln wie z. B. engagieren, Pardon, Amateur - und so viel ich weiß, wurde Image damals französisch ausgesprochen. Es ging mir nicht darum, Anglizismen grundsätzlich zu verbannen, sondern mehr darum eher ergänzenden oder differenzierenden Wortschatz zu übernehmen.
Doch wenn in einem normalen Gespräch jedes zweite Wort ein Anglizismus oder sogar ein Scheinanglizismus ist, dann finde ich so eine Entwicklung einfach nicht gut. Dass auch deutsche Wörter in anderen Sprachen benutzt werden, sehe ich unter anderem auch im Polnischen, in meiner zweiten Muttersprache. Wie burmistrz (Bürgermeister), rynek (Ring), szacować (schätzen), cegła (Ziegelstein), Schadenfreude (gibt es in mehreren Sprachen aus dem Deutschen), dach (Dach) usw. Es gab auch mal einen Verein, der die „Fruchtbringende Gesellschaft“ hieß. Der hat sich, sofern ich mich richtig erinnere, dafür eingesetzt, Fremdwörter im Deutschen (auch Latinismen) durch deutsche Entsprechungen zu ersetzen.
Ich glaube, diesem Verein haben wir Wörter wie Jahrhundert zu verdanken. Ich habe das aber als Jugendlicher vor vielen Jahren gelesen, deshalb bin ich mir nicht mehr ganz sicher. (: