Falls die CDU an die nächste Regierung kommt,will sie die Cannabis Legalisierung Rückgängig machen?

2 Antworten

Von Experten OlliBjoern und vanOoijen bestätigt

Teil-Legalisierung. Aber ja, genau das wollen die. Dort befürwortet man die Kriminalisierung von Millionen mündigen Bürgern, welche durch ihr Tun niemandem unmittelbar schaden. Im Zuge dessen wird die prohibitionistische Tradition der Desinformation fortgeführt. Ironischerweise spielt die Prohibition genau denen in die Hände, die zu bekämpfen konservative Kräfte im politischen Kampf gegen Nutzer ausgewählter Drogen vorgeben. Jüngst wurde vorgeschlagen, das Rückgängigmachen der Legalisierung [sic!] wichtigsterweise im Bundestag zu besprechen. Der inneren Sicherheit wegen, selbstverständlicherweise.

https://twitter.com/Petra_Sitte_MdB/status/1856697339529896027

Leider geht aus dem Tweet nicht klar hervor, was genau die Uapnion hier meint dringend besprechen zu müssen. Gemäß Nachrichten und Social-Media-Äußerungen der letzten Monate kann damit vermutlich aber nur das Mocro-Märchen gemeint sein. Das geht ungefähr so: Dass sich Millionen Bürger erstmalig selbst mit Cannabis versorgen dürfen, führt dazu, dass Kokain-Dealer mehr Geld und Macht gewinnen.

Das klingt nicht nur wenig plausibel, Belege dafür bleibt man bis dato sogar schuldig. Ganz im Gegenteil sogar. Wir wissen durch Umfragen, dass Millionen Menschen Cannabis selbst anbauen bzw. das zum Zeitpunkt der jeweiligen Befragung zumindest vorhatten. Wir wissen zudem durch Umfragen und von Apothekern sowie deren Versorgern, dass durch die vereinfachte Möglichkeit der Verschreibung wesentlich mehr Menschen Cannabis per Rezept beziehen. Vgl.:

Obwohl es noch recht früh für aussagekräftige Studien ist, können wir weiterhin aktuell immerhin erahnen, dass das neue Gesetz keine gravierenden Auswirkungen auf die Konsumprävalenzen hatte. So kann man es jedenfalls bei DEBRA nachlesen. Siehe hier: https://www.debra-study.info/

Nach allem, was wir wissen, ist der Konsum also nicht mehr geworden. Dafür versorgen sich immer mehr Konsumenten vollständig oder zumindest teilweise selbst bzw. beziehen medizinischen Cannabis. Entsprechend dürften die Umsätze der Dealer eher sinken als steigen. Nebenbei bemerkt: Obwohl im Antrag der Union von einer Legalisierung die Rede ist, handelt es sich aktuell nicht um eine solche. Mit einer richtigen Legalisierung, die auch Fachgeschäfte beinhaltet, wären noch einmal wesentlich weniger Menschen auf den Schwarzmarkt angewiesen. So kann man es z.B. in Kanada sehen. Vgl: Canadian Cannabis Survey 2023: Summaryhttps://www.canada.ca/en/health-canada/services/drugs-medication/cannabis/research-data/canadian-cannabis-survey-2023-summary.html

Was wir dagegen nicht wissen, obwohl Herr Reul und ein paar andere das gerne behaupten, ist, dass ein Zusammenhang zwischen den Tätigkeiten irgendwelcher Banden—die vor allem in Kokain dealen und deren Aktivitäten auch in Ländern ohne (Teil-)Legalisierung zunehmen—und der Teil-Legalisierung besteht. Beim NRW-Innenministerium, dem BKA und der Bundesregierung (s. S. 95) weiß man dahingehend allerdings nichts…

Abgesehen davon wissen wir aber, dass ein relevanter Teil der "Kriminalität" rund um Cannabis schlicht "verpufft" ist, allein dadurch, dass die zugrundeliegenden "konsumnahen Delikte" nicht mehr wirklich existieren. Es gibt keinen pauschal strafbaren Besitz oder Anbau mehr. In den früheren Kriminalstatistiken waren das die größten Posten. Dazu passen auch erste Bilanzen:

https://twitter.com/PolizeiGruen/status/1831051025660154083

Weiterführend außerdem vielleicht interessant ist der folgende Artikel. Da wird gut erklärt, welches Ausmaß die konsumnahen Delikte früher hatten: Fahndungsziel Kifferhttps://blogs.taz.de/drogerie/2021/04/22/fahndungsziel-kiffer-2/

Es wird sich herausstellen, ob wahr wird, was unwahr ist, nur weil es lange genug und öffentlich genug wiederholt wird.

Nachtrag vom 1.12.24

Ich möchte vorab darauf hinweisen, dass die beiden Experten-Bestätigungen vor diesem Nachtrag erfolgten.

Das Thema im Bundestag zu besprechen, hat sich als Reinfall erwiesen. Nicht einmal die sog. AfD, die im Februar noch gegen das Gesetz stimmte (vgl.), wollte sich auf die Seite der Union stellen. Aktuell keine Mehrheit für die Rücknahme der Teil-Legalisierung. Hier nachzusehen: Bundestag Live: 201. Sitzung des Deutschen Bundestages

https://www.youtube.com/watch?v=3Nvd37G_xAk

Weiterhin steht die sog. Mocro-Mafia, um die es anfangs ging, nicht einmal mehr im Mittelpunkt der Ermittlungen... Gewalt in Köln: Kalker Drogenbande im Fokus, "Mocro-Mafia" außen vor, https://www1.wdr.de/nachrichten/koeln-drogen-mocro-mafia-ermittlungen-kalk-bande-100.html

Dass Dealer mehr von der Legalisierung profitieren sollen, wurde ursprünglich offenbar aus einem (1) Fall geschlossen, bei dem es um ein paar hundert Kilo Cannabis ging. Weshalb die genaue Zahl unwichtig ist, erkennt man, wenn man den ungefähren Gesamtbedarf der deutschen Konsumenten kennt. Wir bewegen uns hier im Bereich von etwa 400 Tonnen jährlich, geschätzt. Mehr dazu hier: Fiskalische Auswirkungen einer Cannabislegalisierung in Deutschland: Ein Update, https://hanfverband.de/wp-content/uploads/2021/11/cannabis-final-2021.pdf

Allein 2023 wurden laut BKA übrigens knapp 25 Tonnen an Cannabis und Haschisch beschlagnahmt. Nachzulesen im "Bundeslagebild Rauschgiftkriminalität 2023" auf Seite 13. Ein in dieser Sache nach wie vor aktueller Begriff ist übrigens "Kontrolldelikt". Was es damit auf sich hat, wird im PDF des BKA auf Seite 6 erläutert. Meine Erläuterung dazu: Dass es sich hier vornehmlich um Kontrolldelikte handelt, bedeutet, dass die Fallzahlen selbst dann gleich bleiben oder sogar ansteigen können, wenn der Handel abnimmt. Es hängt vor allem davon ab, wie viele Ressourcen darauf verwendet werden, entsprechenden Delikten nachzugehen. Hypothetisches Beispiel: Im Jahr 2024 würden nur noch 300 t Cannabis über den Schwarzmarkt bezogen. Ein Rückgang um 25 %, was gewaltige Umsatzeinbußen wären. Es würde jedoch verstärkt kontrolliert, weshalb man nicht nur 25 t, sondern 30 t sicherstellte. Schon hätte man einen scheinbaren Anstieg der Kriminalität um 20 %.

Nachtrag vom 16.1.25

Es ist ihnen noch immer nicht zu dumm. Erstaunlich.

https://twitter.com/Markus_Soeder/status/1879106313956765889

Nachtrag vom 11.2.25

Noch immer nicht. Die Teil-Legalisierung soll laut Merz zu mehr Beschaffungskriminalität geführt haben. Davon spricht man eigentlich nur, wenn es um Kriminalität im Kontext illegaler Drogen geht. Für mich sowieso ein dämlicher Begriff. Außerdem sei Cannabis eine üble Einstiegsdroge. Warum werden keine Beweise verlangt? Warum werden die nicht faktengecheckt? Vgl.: Merz: "Was ist Bubatz?", https://www.zeit.de/news/2025-02/09/merz-was-ist-bubatz?

Nachtrag vom 14.2.25

Besonders lustig: Reul nimmt Zahlen von 2023, als Cannabis deutschlandweit verboten war, und wettert damit gegen die Legalisierung... Vgl.: Millionenschaden durch abgezapften Strom für Drogenplantagen, https://www.sueddeutsche.de/panorama/lagebild-des-lka-millionenschaden-durch-abgezapften-strom-fuer-drogenplantagen-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-250213-930-373544

Woher ich das weiß:Hobby – Interessierter Laie ✅ Kein Fachmann, kein Arzt ❌

Torrnado  02.12.2024, 10:08

DAS nenne ich mal kompetente Antwort ! Ich bin sehr beeindruckt !!!!

ich würde sagen, dies ist es eher eines der kleineren Probleme - es ist also eher angebracht, die wirklichen Probleme zu lösen, bevor man ans Klein-Klein geht - ähnlich habe ich schon über das Thema "Verbot der Schwangerschaftsabbrüche" geschrieben

wenn eine Partei bei all den wirklich großen Problemen nichts besseres zu tun hat, als hier anzufangen, dann ist sie m.E. nicht viel wert

und nein, ich bin kein Cannabis-Konsument