Erfahren die Erziehungsberechtigten die Diagnose(n)?

Midnight1999  13.06.2021, 11:06

Warum fragt sie das nicht einfach ihren Therapeuten? Der weiß das doch am besten.

verreisterNutzer 
Fragesteller
 09.08.2021, 22:05

Inzwischen hat sich das zum Glück geklärt.

Sie wollte nicht fragen, hat es dann aber nach den ersten Gesprächen doch geschafft und ihr Vater weiß inzwischen von ihren Problemen.

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ärzte haben eine Schweigepflicht (bzw. -recht, wie rum man das sieht). Der Arzt kann eine Minderjährige ohne Wissen/Zustimmung der Erziehungsberechtigten behandeln, wenn er entscheidet, dass die Minderjährige reif genug ist, das selber zu verstehen.

Das ist um so wahrscheinlicher, je näher man an der Volljährigkeit ist, 16 ist relativ weit. Insbesondere ist die Einsichtnahme in psychiatrische Diagnosen eingeschränkt, da diese auch Wertungen des Behandelnden beinhalten (das kann auch für den Patienten selber nervig werden). In letzter Not schreibt der ein "Cave!" rein, beinhaltend eben die "Warnung", dass die Eltern nichts oder nur das und das gesagt bekommen, wenn das bspw. zum Hausarzt geht.

Das ist ein ganz mieses Spannungsfeld zwischen Elternrecht/Unmündigkeit und Patientenrecht, irgendwann kann sie ggf. nicht mehr ohne Eltern, wenn es z.B. mal 3 Wochen in die Tagesklinik geht, statt in die Schule. Im Notfall Interessenausgleich mit Jugendamt vermitteln lassen, die wissen da auch sehr sicher mehr als ich (nein, die kommen nicht gleich mit dem Hammer).

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Nein. Ärzte (und ein Psychotherapeut ist ein Arzt) sowie Psychologinnen und Psychologen unterliegen der Schweigepflicht. Wenn deine Freundin sagt deine Eltern sollen nichts erfahren erfahren sie auch nichts.

Nebenbei wurde mir das von der Frauenärztin meiner Tochter bestätigt, die mir gesagt hat dass sie meiner ExFrau auch dann nichts erzählen wird wenn diese mit dem Sorgerecht um die Ecke kommt.


AnonymType  30.05.2021, 17:34

Das stimmt jedoch kann sie gebrochen werden, wenn eine Lebensgefahr in irgendeiner Art und Weise besteht (also entweder körperlich oder in Form von Suizid oder ähnliches) dann sind die Ärzte und Psychologen sogar dazu verpflichtet den Eltern davon zu erzählen.

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DerRoll  30.05.2021, 17:43
@AnonymType

Oder dem Jugendamt wenn sie weiterhin darauf besteht den Eltern nichts zu erzählen.

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Es gibt kein einfaches "Ja" oder "Nein".

Der Therapeut unterliegt grundsätzlich gemäß Paragraph 203 Strafgesetzbuch (StGB) der Verpflichtung zur Verschwiegenheit. Bei minderjährigen Patientinnen und Patienten ist es eine Einzelfallentscheidung, weil die Erziehungsberechtigten die Gesundheitsfürsorge haben. Die Schweigepflicht gilt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab dem 15. Lebensjahr, ab diesem Alter, können Minderjährige nach der Rechtsprechung Privatgeheimnisse haben, von denen ihre Erziehungsberechtigten keine Kenntnis erlangen sollen. Stellt der Arzt jedoch eine Erkrankung fest, die ein Tätigwerden der Erziehungsberechtigten oder die Behandlung deren Einwilligung erfordert, so kommt er in einen gesetzlichen Zwiespalt hinein und kann verpflichtet sein, die Eltern zu informieren.

Fazit: es ist davon auszugehen, dass der Therapeut zur Verschwiegenheit nach §203 StGB verpflichtet ist, 100%ige Sicherheit, dass die Eltern nicht's davon erfahren besteht jedoch erst dann, wenn der Patient die Volljährigkeit erreicht hat.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Saradoc  30.05.2021, 19:24

Mein klassisch-juristisches "Es kommt darauf an." Danke für die Rechtsprechung, hab grad keinen Kommentar zur Hand.

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cyberoma  12.06.2021, 20:38

Danke für deine präzise Antwort! Am einfachsten wäre es doch bei dieser Sachlage, wenn die Freundin der Fragestellerin ihre Therapeutin fragt, ob deren Diagnose "ein Tätigwerden der Erziehungsberechtigten oder die Behandlung deren Einwilligung erfordert". Wenn nicht, braucht sie sich nicht weiter zu beunruhigen. Wenn doch, kann die Therapeutin anbieten, das Gespräch mit den Eltern zu führen. Auch das würde die junge Klientin sicher beruhigen.

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verreisterNutzer  12.06.2021, 20:43
@cyberoma

Danke, auf diese Idee bin ich noch nicht gekommen, das Thema macht ihr immer noch Sorgen, egal was man ihr sagt.

Vielleicht kann das Gespräch mit der Therapeutin ja etwas ändern, wenn das so funktioniert, wie du es mir ausführt hast.

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cyberoma  12.06.2021, 20:52
@verreisterNutzer

Die Therapeutin wird sicher aus den Gesprächen mit deiner Freundin wissen, wie ihr Verhältnis zu ihren Eltern ist. Da hilft sie wahrscheinlich gern. Und mit den Eltern reden müsste sie ja im schlimmsten Fall sowieso. Darin hat sie Routine.

Ich wünsche deiner Freundin, dass ihre Eltern gar nichts erfahren müssen, das wäre das Allerbeste.

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Mit 16 werden Eltern nicht mehr grundsätzlich involviert. Sie sollte offen mit ihrem Therapeuten über die Problematik reden. Er wird das dann berücksichtigen.

Nein. Das fällt unter ärztliche Schweigepflicht.