Endotherme Reaktion: warum löst sich das Salz trotzdem im Wasser?
Wenn der energetische Zustand für das gelöste Salz dann ja scheinbar ungünstiger ist? Warum löst es sich trotzdem?
4 Antworten
Ob ein Vorgang freiwillig abläuft, wird nicht allein durch die energetischen Verhältnisse bestimmt. Entscheidend ist auch die Änderung einer anderen thermodynamischen Grundgröße, der Entropie (vereinfacht: Maß für die Unordnung eines Systems). Das Auflösen eines Kristallgitters (hochgeordneter Zustand) bringt viel Unordnung, was günstig für eine spontane Reaktion ist (man sagt auch: entropisch günstig). Der Physikochemiker Gibbs hat den korrekten Zusammenhang von Reaktionsenergie (ΔH) und Entropie (ΔS) abgeleitet und zu einer neuen Größe (heute als Gibbs-Energie ΔG bezeichnet) zusammengefasst:
ΔG = ΔH - T*ΔS (T: Temperatur)
Prozesse laufen freiwillig ab, wenn ΔG<0 gegeben ist (vgl. auch z. B.: http://www.chemieunterricht.de/dc2/energie/deltag.htm)
Hi, anhand der Formel (G=H-TS) erkenne ich das aber nicht. O.K. die Unordnung wird größer wenn Salz in Lösung geht. Aber wo sind die Zahlen? Salz braucht zum Lösen Energie. Diese Energie holt es sich aus der Umgebung. Was nutzt mir da die Formel der Gibbs free Energy? Mir gehts wie Vamp im Link. lgO http://www.chemieonline.de/forum/showthread.php?p=2684687022
Ein Zahlenbeispiel findet sich hier (S. 15): http://ak-powell.chemie.uni-karlsruhe.de/teaching/Chap05.pdf
Hi, es wird also mehr Energie verbraucht. Das weiß ich so, brauche (und kann) es nicht berechnen. Diese nötige Wärme holt sich das System aus der Umgebung, indem es Energie (Wärme) entzieht. Im Extremfall kann man mit sowas Eis zubereiten. Der Link hat mich nicht weitergebracht. Was ist an meiner Aussage so grottenfalsch, was bei Deiner (ohne Rechnung) Aussage so unübertrefflich ist? Doch nur ne andere Seite der gleichen Medaille, meine ich. lgO
Der Knackpunkt ist doch folgender: so wie Wasser nicht freiwillig einen Berg hochfließt, läuft auch eine chemische Reaktion (od. sagen wir allgemeiner ein Prozess) nicht freiwillig einen Energieberg hinauf. Daher läuft zwar eine exotherme Reaktion, bei der Energie in Form von Wärme abgegeben wird, (nach Anschubsen durch die Aktivierungsenergie) selbstständig ab, eine endotherme Reaktion dagegen läuft nur ab, solange Energie von außen zugeführt wird. Daher (nehme ich an) kam es beim Fragesteller überhaupt zu der Frage, warum das Lösen eines Salzes auch dann selbstständig abläuft, wenn es sich um einen endothermen Vorgang handelt (Bsp.: KCl). Und die Erklärung dafür ist eben, dass die Energiebetrachtung allein nicht ausreichend ist, sondern auch die Änderung der Entropie berücksichtigt werden muss (wie es in der Gibbs-Helmholtz-Gleichung geschieht).
Ob sich ein Salz in Wasser löst oder nicht, hängt davon ab, wer stärker ist, die Hydratationsenergie oder die Gitterenergie. Die zum "Aufbrechen" des Gitters erforderliche Energie wird der Inneren Energie des Wassers entnommen; die Lösung kühlt sich ab. Die Bildung der Hydrathülle ist in der Regel ein exothermer Vorgang, der die Endothermie der Gitterauflösung teilweise kompensiert. Es gibt aber auch Fälle, bei denen das ncht der Fall ist, dann kann die Auflösung eines Salzes durchaus endotherm sein. Ein Beispiel ist die Auflösung von AlCl3, das sich als gelbes wasserfreies Salz mit heftiger exothermner Reaktion mit Wasser umsetzt, als weißes kristallines Hexahydrat (das in Wirklichkeit eine Hexaquaaluminumchlorid ist) hingegen löst es sich unter der üblichen Abkühlung in Wasser.
Hi, es löst sich, weil es Energie dazu benutzt. Durch den Energieverbrauch wird die energiespendende Umgebung kälter. Also, je kälter, desto langsamer geht der Lösevorgang vonstatten. Ist also besser, das Wasser vorzuwärmen. Salzlösungen werden ja auch als Kälte (Erzeugungs) Mischung. Gruß Osmond http://de.wikipedia.org/wiki/Kältemischung#K.C3.A4ltemischungenmitSalzen
Du, wie auch KHLange und jobul, geben nur Erklärungen, warum der Löseprozeß exo- oder endotherm ist bzw. wie man ein endotherm lösliches Salz einfacher lösen kann. Die Frage war aber: Warum löst es sich trotz endothermer Reaktion? Die hat Gustavus korrekt beantwortet.
Vöiig ok, ich wollte aber den Fragesteller, den ich wohl falsch eingeschätzt habe (sorry!) mit dem Entropebegriff nicht überfordern und habe es daher etwas anschaulicher versucht. Selbstverständlich läuft jeder Prozess, unabhängig von dem, was am Ende herauskommt, freiwillig ab, wenn das Gibbs'sche Potential (Sorry, ich verwende diesen Begriff trotz IUPAC-Direktive immer noch) negativ ist. Damit liegt natürlich der Schlüssel bei der Entropie, die man bekanntlich ein Maß für die Unordnung eines Systems ist. In meiner aktiven Lehrerzeit habe ich den Schülern immer meinen Schreibtisch gezeigt, der - wie von selbst immer unordentzlicher wurde und nur mit Energieaufwand wieder auf Vordermann zu bringen war. Im Übrigen erinnere ich mich noch mit Schmunzeln an die Entropiedefinition eines alten Dozenten an der ehemaligen Ingenieurschule in Essen (Dipl.Ing. Praktiker der Verfahrenstechnik aber nicht unbedingt Vollblutchemiker, dafür aber rheinische Frohnatur):* Wissense, meine Herren, die Entropie, dat issene Jröße, die keiner richtig versteht, mit der man aber wunderbar rechnen kann*. :-)
Vereinfacht gesagt, gibt es hier zwei Vorgänge. Der erste wäre die Trennung der Ionen aus dem Verbund des Salzes. Hierzu wird Energie verbraucht. Beim zweiten, der Verbindung der Salzionen mit dem Wasser, wird Energie frei. Wird mehr Energie verbraucht als frei, kann die fehlende Energie aus der Wärmeenergie der Umgebung gewonnen werden. Ist das Wasser also warm genug, vermag es ein Salz aufzulösen, obwohl dieser Vorgang mehr Energie verbraucht als freisetzt. Es kühlt sich dabei ab.
So ist es. Hier ist die Entropie und nicht die Enthalpie entscheidend. DH!