DDR: Bespitzelung von Ehegatten. Waren das nur Scheinehen?

6 Antworten

Das prominenteste bekannte Beispiel ist Vera Lengsfeld (damals Wollenberger). Aber, soweit ich informiert bin, führten sie eine ganz normale Ehe und hatten auch Kinder. Ich denke, ein Ehepartner hat sich wohl dann zum Spitzel anwerben lassen, wenn es in der Ehe kriselte oder die politischen Ansichten nicht mehr übereinstimmten. Die Stasi hat auch versucht, IMs mit tatsächlichem oder erfundenem Fremdgehen des Ehepartners oder Freundes/der Freundin anzuwerben. Wenn sich ein Paar nicht hundertprozentig vertraute und sicher war, konnte es durchaus sein, dass der angesprochene Partner dann aus Eifersucht mit der Stasi zusammenarbeitete.

Die "Romeos" dagegen, die sich an Sekretärinnen höhergestellter Personen im Westen heranmachten, um an Informationen zu kommen, täuschten die Liebe nur vor.


iqKleinerDrache 
Fragesteller
 29.11.2020, 10:16

und normal doch die Ehepartner auch .... meine Vermutung ging eben sogar soweit, dass diese Ehepartner bereits vor der Eheschließung mit der Stasi zusamenarbeiteten und diese sie evtl. nur dann darauf angesetzt hat, Die Liebe quasi ohne der Stasi-Vorarbeit gar nicht zustande gekommen wäre. Immerhin wurden ja nicht wahllos Ehen bespitzelt, sondern nur solche bei denen die Stasi wegen des Verhaltens einer Person schon vor der Eheschließung ein Bespitzelungsinteresse hatte.

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Claud18  29.11.2020, 10:41
@iqKleinerDrache

Wenn ich noch mal auf das Beispiel Vera Wollenberger zurückkomme: Sie stammten beide aus kommunistischen Familien, aber Vera hat sich später von der vorgegebenen Linie abgewandt und in der Bürgerbewegung gearbeitet. Ihr Mann damals auch, aber nach der Wende kam heraus, dass er alles an die Stasi weitergeleitet hatte. Das ist eher selten (gegeben hat es das schon, wie man von einer der betrogenen Sekretärinnen aus dem Westen erfuhr), dass es auf Betreiben der Stasi bis zur Eheschließung kam, aber nach dem Einsatz tauchten die IMs dann ab. Eine langjährige Beziehung einzugehen mit jemandem, der einem nichts bedeutete, nur um denjenigen zu bespitzeln (zumal in der DDR in der Ehe Gütergemeinschaft herrschte), das werden wohl auch die potentiellen IMs als Zumutung empfunden haben. Zum Bespitzeln hat man dann lieber vertraute Personen aus dem Umfeld der unzuverlässigen Person angeworben oder es wenigstens versucht. Oder man hat ihnen neue "Freunde" vor die Nase gesetzt.

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Das gibt es heute auch noch. Das "Bundesamt für Verfassungsschutz", aber auch der BND, bringen die V-Leute in die von ihnen untersuchte Szene und beginnen Freundschaften, die bis zu Beziehungen und Hochzeiten reichen. Nach dem Einsatz tauchen die Agenten mit neuer Identität unter. Einige hat man inzwischen erfolgreich enttarnt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Es wird so etwas gegeben haben.

Häufiger wurden sicherlich Partner angeworben oder erpresst durch die Stasi oder waren so überzeugt von der Ideologie, dass sie sogar zu diesem Verrat bereit waren.

Ist halt so wie regelmäßiges und dreistes Fremdgehen.

Charakterschweine gab und gibt es immer wieder.

Die Ehen waren schon echt, diese Bespitzelungen gab es tatächlich.

Laut meiner Stasiakte hatte einer meiner Freunde damals eine Freundin, die berichtete an die Stasi die Bettgeschichten.

Habe bereits erneute Akteneinsicht beantragt, diesesmal meine und die Akten meiner verstorbenen Mutter, die Klarnamen IM's betreffend, offenzulegen.
Prompt kam die Aussage "es haben sich neue Akten gefunden, über den mir bereits bekannten Umfang hinaus".
Die Akten werden jetzt (seit Januar 2020) gesucht.

Bekannt warmir bisher, dass ich 5 IM's an den Hufen hatte.
Ich rechne nun mit deutlich mehr.

Damals war ich Single, insoweit wird es da keine Überraschungen geben.
In dem damaligen Ermittlungsprotokoll stand noch, dass man zu meiner Person nichts ermitteln konnte, trotz Nachbarschaftsbefragung und Postüberwachung.
IM Überwachung wurde angeordnet, einschließlich dem Versuch in meinem Umfeld IM's zu rekrutieren.

Dabei hätten die mich nur fragen brauchen, dann hätten die sich den Aufwand schenken können.
Hatte schließlich bei der Post gearbeitet.
Der dortige Stasioffizier hatte erklärt, dass ich außerhalb eine jeden Verdachtes stünde.
Kurz um ich war sowas von unschuldig, ich schwörs.

Haben die aber nicht, sondern mich verhaftet, was der weiteren Gesprächsbereitschaft eher nicht zuträglich war.
Selbst im Gefängnis hatten die IM's auf mich angesetzt.
Nicht mal dort hatte man seine Ruhe vor dieser Trachtentruppe.

Sagten die doch ernsthaft: "jeder kommt hier raus, sie nicht".
An Chuzpe nicht zu überbieten.


iqKleinerDrache 
Fragesteller
 27.11.2020, 20:24

da hat einer der großen tiere was persönlich gegen dich gehabt und seine Macht mißbraucht

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soisses  27.11.2020, 20:38
@iqKleinerDrache

Die Stasi war nicht beherrschbar, auch nicht durch die Partei.
Waren die einmal losgelassen gab es kein Halten mehr.

In ihrem Wahn wollten die mir 10 Jahre verpassen.
Da sie nichts beweisen konnten, gings für 8 Monate in den Bau.
Der Richter wollte die Stasi nicht blamieren, der ganze Aufwand durfte nicht für die Katz sein.
Noch nach meiner Ausreise in den Westen haben die mich zum Staatsfeind erklärt.

Der Staat war mir strunzegal.
Nur hatte ich meiner Mutter, am Tag der Verhaftung noch vesprochen, "mach Dir keine Sorgen, zum Frühstück bin ich wieder zurück".

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Ich kenne einen Fall, da hatte ein Mann einen Unfall verursacht und hätte ins Gefängnis gemusst. Die Stasi sagte, er bleibe frei, wenn er seine Frau, die systemkritisch war, bespitzelt. Er tat es, die Frau fand es nach der Wende raus.

Aber es gab auch gezielt angesetzte Menschen, die so in ehen gingen.