An was denkt ihr enn ihr in den Sternenhimmel guckt?

10 Antworten

Hallo meattaste!

Das ist eine wirklich gute Frage, die gar nicht so einfach zu beantworten ist. Ich bin trotz meines jungen Alters schon mehrere Jahre in der Astronomie tätig, sowohl in der Theorie als auch in der experimentellen Beobachtungspraxis. ,,Sternenhimmel" ist mir also ein Begriff! An was denke ich, wenn ich in den Sternenhimmel gucke?

Das erste was ich tue, ist fühlen! Ich fühle, dass da etwas existiert das für mich wie ein Zuhause ist. Eigentlich reichen Worte nicht um deine Frage zu beantworten, aber ich will versuchen das trotzdem bestmöglich zu tun.

Ich lebe in einer Großstadt, einen schönen Nachthimmel bekomme ich hier so gut wie nie bzw. nur in klaren kalten Winternächten zu sehen. Wenn ich dann hinaufgucke, und die Sterne in meinem Blickfeld erscheinen denke ich an Distanzen. Es folgt diese Unterwürfigkeit des Menschen gegenüber den Kräften der Natur. Das funkeln der Sterne gibt mir ein Gefühl der Freiheit und sogar der Kreativität. Wenn ich an Sachen denke, dann geht das am besten unter einem von Sternen übersähten Nachthimmel.

Bei einigen Roten Riesen (Arktur, Pollux, Aldebaran und Beteigeuze) kommt dann aber der Gedanke an Physik hoch. Einfach nur zu verinnerlichen, was diese Sterne für uns bedeuten. Ich habe in der Astronomie bereits so viele Gefühle entdeckt, von denen sehr viele unter dem Nachthimmel erschienen. Es gibt einige Gedanken die nicht aus meinem Kopf verschwinden!

Nebenbei gibt es immer das Gefühl, richtig im Universum drin zu sein! Wissenschaftlich gesehen ist man das ja sowieso immer, aber der Himmel mit seiner Faszination ist mir oft zum Greifen nahe. Ich denke nicht an Vielfalt oder die Unendlichkeit des Universums. Der Stand unter dem Nachthimmel ist ein Moment, an dem ich wenn überhaupt nur selten denke, ich lasse die Natur auf mich wirken. Sie schickt irgendetwas zu mir, diese Gefühle wie Geborgenheit, Freiheit sie sagt mir sogar, dass der Tag für mich eigentlich erst dann beginnt wenn die Nacht anfängt.

So richtig in Worte fassen kann ich es nicht. Das ganze verläuft ja auch sehr individuell. Ich schaffe mir eine eigene Welt, die man nicht erzählen kann, sondern leben muss!

LG Pflanzengott! :)

Woher ich das weiß:Hobby – Langjähriger Hobbyastronom
RAWshooter  03.03.2014, 11:34

Sehr schön umschrieben Pflanzengott. Mich fasziniert diese unglaubliche Größe und Gewalt die ganz im Stillen da "oben" existiert. Man denke an VY Canis Majoris und der Vergleich zu unserem Sonnensystem, unserer Sonne und Erde. Das ist für einen Mensch einfach nicht mehr abbildbar. Auch wenn es schöne Beispiele gibt. Es ist zu groß für uns ;)

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pflanzengott  03.03.2014, 21:37
@RAWshooter

Na danke für dein Lob! Es ist in der Tat unfassbar, was da oben alles abgeht. Ich habe auch lange versucht diese Größenordnungen gedanklich fassen zu können. Nach einer Zeit habe ich das aber aufgegeben und behaupte heute, dass unsere Sonne einen Radius von 700 000 Kilometern hat, ohne dabei räumliches Vorstellungsvermögen zu benutzen. Ich nehme das einfach so hin, es bleibt einem da wohl auch nicht viel anderes übrig.

LG!

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Ich merke wie unbedeutend meine Probleme und wie unbedeutend wir Menschen eigentlich sind. Zu diesen astronomischen Größen und Wundern sind wir ein Nichts, noch weniger als ein Nichts... Das ist nicht melancholisch gemeint, einfach nur realistisch. Das Schöne ist das ich Probleme dadurch als leichter lösbar empfinde und alles nicht so schlimm ist. Es verhilft zu mehr positivem Denken. Und ich bin schon Jemand der eine positive Grundeinstellung besitzt.

Den "modernen" Mensch gibt es seit max. 400.000 Jahren (noch wohl unbelegt - aber zumindest 200.000 Jahre) und unsere Erde ist schon theoretisch ca. 4,54 Milliarden Jahre alt. Und seit dem Urknall sind ca. 13,7 Milliarden Jahre vergangen...

Das Licht das wir im Nachthimmel sehen erreicht uns nach vielen 1000 Jahren und die Sterne die es einst mal ausgestrahlt haben gibt es oft schon nicht mehr.

Versteht ihr was ich meine? Das ist schon Ehrfurcht gebietend. Uns gibt es nur einen kurzen Augenblick und dann sind wir auch schon wieder weg vom Fenster.

Geht mal abends raus aus der Stadt auf einen kleinen Berg (wo es dunkel ist und keine Lichter stören) und schaut in den klaren Nachthimmel, das ist so geil... danach dann zu McDonald's ;) Sterne gucken macht hungrig :D "lach"

An was denkt ein Astronom, wenn er in den Sternenhimmel guckt? Das wird jetzt eine längere Antwort ;-)

Der erste Blick gleitet über die bekannten Sternbilder, sucht die gerade sichtbaren Planeten und schätzt die Qualität der Beobachtungsbedingungen ab.

Und dann genieße ich einfach diesen wundervollen, erhabenen Anblick. Die pure Schönheit dieser zigtausend unvorstellbar weit entfernter Sonnen. Ich beginne mir der unheimlichen Größe dessen, was ich sehe, bewusst zu werden. Und unsere irdischen Querelen werden klein und unbedeutend. Sterne haben schon geleuchtet, bevor es Menschen gab - und sie werden noch lange leuchten, wenn es uns nicht mehr gibt. Ich habe es immer als einen höchst beruhigenden Gedanken empfunden, dass dieser Anblick unberührt bleibt von all den Dummheiten, die die Menschheit hier unten so anstellt.

Trotzdem die Sterne so weit weg sind, bringt mich ihr Anblick so aber auf ein tiefes Gefühl der Verbundenheit. Und das gleich in mehrfacher Weise.

Zunächst die Verbundenheit mit Menschen, die lange vor mir lebten und starben. Auch sie haben mit Sicherheit in klaren Nächten nach oben geblickt und diesen Anblick, der sich seither höchstens minimal änderte, genossen. Wenn ich Jupiter sehe, denke ich unweigerlich auch an Galilei, der in seinem Fernrohr als erster die 4 großen Monde Jupiters entdeckte und damit den ersten sichtbaren Beleg hatte, dass sich im Weltall nicht alles um die Erde dreht. Ich denke an Giordano Bruno, der für diese Erkenntnis starb.

Aber die Gedanken gehen weiter zurück. Zu den Menschen vor der Sesshaftwerdung. Die nachts am Lagerfeuer saßen und nach oben blickten und sich bestimmt fragten, "Was sind diese Lichter? Sind das andere Menschengruppen am Feuer? Oder was leuchtet da?" Sie hatten keine Möglichkeit, dies zu wissen oder es herauszufinden.

Aber die Menschen haben nicht aufgehört, diese Frage zu stellen. Fast 10000 Generationen lang haben wir uns gefragt "Was sind die Sterne?" Und nur deshalb kennen wir heute die Antwort. Keine einzelne Generation wäre je in der Lage gewesen, diese Frage zu beantworten. Dass wir es heute können, liegt daran, dass die Menschheit nicht aufgehört hat, Fragen zu stellen, versucht hat, die Natur zu verstehen und ihre Methoden dabei über einen langen Zeitraum hinweg verbessert hat.

Und das ist ein ermutigender Gedanke. Ich halte es für eine der besten Eigenschaften des Menschen überhaupt, dass er in der Lage ist, auch große Fragen zu stellen, die nicht nur sein unmittelbares Überleben betreffen. Ohne diese Eigenschaft hätten wir weder die Naturwissenschaft, noch die Philosophie, noch die Kunst.

Erst das Wissen über das Weltall, das wir uns über das Stellen dieser Frage nach und nach erarbeitet haben, hat uns die tatsächliche Größe ds Universums erkennen lassen. Zunächst über die Erkenntnis, dass die Sterne ferne Sonnen sind, um die ebenfalls Planeten kreisen können, später über die Erkenntnis, dass es außer unserer Michstraße noch über 100 Milliarden weitere Galaxien gibt, die sich alle voneinander weg bewegen, infolge des Urknalls.

Es hat uns aber auch erkennen lassen, dass wir untrennbar mit den Sternen verbunden sind. Alle schweren Elemente in unserem Körper stammen aus einer Supernovaexplosion. Alle diese Elemente waren schon einmal im Innern eines Sterns. Wir sind Sternenstaub, im wahrsten Sinne des Wortes, das haben wir lernen dürfen.

Und spätestens dann fällt mir Carl Sagan ein, der gesagt hat: "Wir sind eine Möglichkeit des Kosmos, sich selbst zu erkennen. Vielleicht die einzige."

Er ist einfach untrennbar verbunden, der Blick in die unvorstellbaren Weiten des Alls und in unser Selbst, unsere Vergangenheit, unsere Möglichkeiten, unser Auftrag, den wir als Teil den Ganzen haben. Sagan sagte auch "Science is a candle in the dark". Er sprach von den "Ufern des kosmischen Ozeans", in den die Menschheit gerade erst begonnen hat, hineinzuwaten.

Es ist die Aufgabe jeder einzelnen Generation, dafür zu sorgen, dass die Kerze nicht ausgeht. Dass die Menschheit nicht aufhört, auch große Fragen zu stellen.

Wenn ich in den Sternenhimmel blicke, sehe ich Schönheit, Größe, Verbundenheit und einen Auftrag an uns alle.

https://www.youtube.com/watch?v=vioZf4TjoUI&index=4&list=PLFC4EE4355ADEBDB1

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU
derastronom  02.03.2014, 15:04

Bravo! Ein wunderbares Statement, liebe Ute!

Beste Grüße!

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uteausmuenchen  02.03.2014, 15:22
@derastronom

Danke, lieber astronom.

Bin gerade etwas sentimental, weil mir beim Schreiben der Antwort klar geworden ist, dass ich Carl Sagan vermisse.

Liebe Grüße

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Bennykater  02.03.2014, 18:45

Ute, das ist so schön! Könntest du das irgendwo veröffentlichen? Dafür schicke ich dir ein Kompliment....

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pflanzengott  03.03.2014, 01:53
@Bennykater

Zustimmung auch von mir. Der Text geht echt unter die Haut! Deine letzten Antworten sind mir sowieso schon länger besonders positiv aufgefallen.

LG!

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RAWshooter  03.03.2014, 11:41

Ute, ich sag' nicht viel zu Deiner beeindruckend formulierten Antwort außer nur "DANKE dafür" :)

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meattaste 
Fragesteller
 17.03.2014, 16:46

Vllt wird es uns noch geben, lange Zeit. Wenn wir eines Tages die Technologie besitzen zu fernen oder wenigstens benachbarten Systemen zu reisen ;)

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Wie viel unentdecktes es wohl noch gibt Ob bald die ersten ailiens kommen oder ob es wirklich noch andere Menschen da draußen gibt Ob es einen Gott gibt
wie das alles entstehen konnte und und und ...

An die weite des Universums und seine geheimnisse aussedem denke ich daran das wir nicht alleine im Universum sind und denke darüber nach was das für den status der Menschheit bedeutet