Warum kann sich die Vernunft nicht gegen die Unvernunft durchsetzen?

6 Antworten

Nicht immer ist klar, wer die Vernünftigen sind. Oft halten sich verschiedene Menschen für die Vernünftigen. Schon deshalb ist das schwierig.

Ich glaube, dass man sich erst einmal darüber bewusst sein sollte, was Vernunft oder auch Unvernunft ist. Ich glaube eine Entscheidung, die Vernünftig ist, ist oft nicht das was wir eigentlich ganz tief in unserem inneren wollen. Wir Menschen werden sehr stark von unseren Emotionen und Gefühlen beeinflusst. Inwiefern wir uns von ihnen leiten lassen ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Die einen sind Kopfmenschen und die anderen nunmal Bauchmenschen. Im allgemeinen kann man allerdings sagen, dass wir die Dinge, die wir begehren in vielen Fällen so gerne haben wollen, dass uns die ,,vernünftigere Entscheidung“ in dem Moment egal ist. Einfach weil wir aus einem spontanen oder auch langfristigen Begehren heraus handeln. Ich würde nicht sagen wollen, dass die Unvernunft IMMER und bei JEDEM siegt. Aber wahrscheinlich wirklich oft. Ob das gut oder eher schlecht ist weiß ich nicht.


kaempferdersonne 
Beitragsersteller
 29.10.2024, 22:47

Um vernünftig zu sein müssen die negativen Emotionen überwunden worden sein.

Vernünftig zu sein, bedeutet für andere, für die Gemeinsamkeit nachzudenken und zu handeln, weil die Vernunft Frieden möchte. Das ist wesentlich anstrengender und schwieriger als unvernünftig zu sein, wobei man nur an sich selbst denkt, immer nur - anscheinend stets moderner werdend - rechthaberisch machtstrebend sich selbst mit Gleichgültigkeit gegenüber anderen durchsetzen will. Das verhindern die Vernünftigen eben nicht entscheidend genug; sie streben eben nicht nach Macht.

Vernünftig wäre zum Beispiel, nicht felsenfest zu meinen, dass alles Neue grundsätzlich besser als das Alte ist, sondern darüber gemeinsam nachzudenken, um das Gute und Böse vor dessen Entstehen zu erkennen. Also muss viel diskutiert und nicht einfach die neueste Lösung durchgesetzt werden. Meist siegt die Unvernunft -auch noch aus materiellen Gründen.


kaempferdersonne 
Beitragsersteller
 17.10.2024, 22:24

Die meisten Menschen verstehen nicht was vernünftig ist weil sie nicht weise sind sondern dumm.

Kommt auf den individuellen Fall an. Zum Teil ist die Unvernünftige Entscheidung vorteilhafter für den Einzelnen, zum Teil ist 'Vernünftig' auch einfach eine subjektive Angelegenheit, zum Teil sind die Vernünftigen in der Überzahl, aber man kann die Entscheidungsfreiheit von jemandem in aller Regel nicht praktisch einschränken und so handelt wer unvernünftig handeln will auch unvernünftig.

Dass die Unvernünftigen meist siegen, kann man (z.B. mit Schopenhauer) so erklären: Hinter der Unvernunft steht der „Wille“, der der Hauptantrieb in allen Lebewesen, auch im Menschen ist. Der Urwille ist auch der Beweger der Welt. Er gaukelt dem Menschen vor, man könne, je stärker man  seinen egoistischen Willen entfesselt, desto gewisser sein Glück verwirklichen. Deshalb die Neigung des Menschen, sein Ego bis hin zum totalen Egoismus zu entfalten. Und der entfesselte Egoismus bei sehr vielen Menschen führt sehr schnell zum Krieg.

Erst die Dämpfung des Egoismus bringt die Tugend des Mitleids hervor und schwächt das egoistische Verlangen ab zugunsten einer Stärkung der Vernunft. Nach Schopenhauer wird der Mensch erst durch Leiden zur Umkehr und zur Vernunft veranlasst. Doch so lange ihn der „Wille“ auf der Erfolgsspur hält, so lange denkt der Mensch nicht daran, seinen Willen zu dämpfen bzw. ihn zu verneinen. Erst wenn er das Gefühl hat, sein entfesselter Egoismus bringt ihm nur eigenes Leid, - und Schopenhauer behauptet, dass das Leid so sicher wie das Amen in der Kirche auf den rüden Egoisten zukommt - , wird er bereit sein, seinen Egoismus zurückzunehmen.

So war es nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland. Die Unvernunft und der entfesselte Egoismus haben bei den allermeisten zu der Erkenntnis geführt, dass das Ergebnis für die allermeisten ungeheures Leid war. Deshalb haben sie, die Überlebenden, ihren Egoismus stark zurückgenommen, mit der Folge, dass in Deutschland die Vernunft und das Gefühl, man müsse den in Notgeratenen helfen, wieder stärker ausgeprägt waren, vor allem in Westdeutschland.

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