Was ist die allgemein größte Versuchung heutzutage?
Versuchungen sind für jeden unterschiedlich. Jedoch gibt es Versuchungen, die durchaus weiter in der Welt zum Problem werden als andere. Wie schätzt ihr das in unserer Welt ein? Welche ist die größte Versuchung heute?
8 Stimmen
3 Antworten
Die Gier.
Sie ist eine Wurzel allen Übels.
Ausschließlich der Stolz. Genau das ist ja das Problem. Wir sehen es ja auch hier bei der Abstimmung. Keiner erkennt das wahre Problem obwohl es doch so offensichtlich ist.
Das was ich jetzt schreibe, ist nicht nur eine moralische Einschätzung, sondern eine geistliche Erkenntnis, die sich tief in der asketischen Tradition der Orthodoxie wiederfindet. Fast alle großen Heiligenväter bestätigen. Der Stolz ist der Ursprung des Falls sowohl der Engel als auch des Menschen.
Aus orthodox christlicher Sicht ist die Frage nach der größten Versuchung besonders tiefgründig, weil sie nicht nur moralisch, sondern auch spirituell betrachtet wird. Die Orthodoxie sieht den Menschen als in einem ständigen geistlichen Kampf zwischen der göttlichen Berufung zur Heiligkeit und den Leidenschaften (griechisch: pathē) der gefallenen Natur.
Auch Adam und Eva fielen, weil sie „wie Gott sein wollten“ aber ohne Gott. Sie wollten Erkenntnis und Macht auf eigene Faust und genau das ist Stolz.
In der Orthodoxie geht es nicht nur um einzelne Sünden, sondern um die inneren Leidenschaften, die das Herz binden und vom Ziel des Lebens der Vergöttlichung (Theosis) abhalten.
Diese Leidenschaften (z. B. Lust, Zorn, Stolz, Neid, Faulheit etc.) sind Verzerrungen der guten Kräfte, die Gott dem Menschen gegeben hat. Die Ursache aber für diese ganzen Dinge ist der Stolz.
Viele orthodoxe Väter und moderne geistliche Lehrer würden bestätigen: Die größte Versuchung heute ist der Stolz (ὑπερηφανία / Hyperēphania) besonders in seiner subtilen Form als Selbstvergötterung oder Selbstgenügsamkeit.
Beispiele gefällt?
,,Ich weiß besser, was gut für mich ist."
"Ich folge meiner eigenen Wahrheit"
"Man lebt nur einmal"
Aber was ist mit Lust, Neid und Faulheit ect.?
Diese werden ernst genommen, aber sie gelten oft als Symptome tieferer geistlicher Krankheiten, nicht als die Wurzel.
Lasst uns es doch mal auseinander nehmen.
Lust ist der Ausdruck eines ungerichteten Verlangens nach Liebe und Einheit. Aber auf falsche Weise gesucht. In ihrer schlimmsten art ist es ,,Ich verdiene sofortige Befriedigung.“
Von Neid ist die Wurzel ganz klar der Stolz: Ich will haben, was der andere hat, weil ich denke, es steht mir zu.
Faulheit (Acedia)Wird als geistliche Trägheit gesehen. Gefährlich, weil sie zur Verzweiflung führen kann. Aber ehrlich gesagt viel gefährlicher für einen selbst als für andere.
Zorn„Ich werde nicht respektiert, das steht mir aber zu!“
Die größte Versuchung heute ist ein Leben ohne Gott zu führen. Ein Leben in Selbstgenügsamkeit, geistlicher Trägheit bassiernd aus Stolz oder um es für die deutschen Muttersprachler genauer zu definieren ,,Überheblichkeit". Stolz ist nicht einfach Selbstbewusstsein. In der Orthodoxie ist Stolz die Entfremdung von Gott durch Selbstüberhöhung, Eigenwille und diese vorallem heutige Ich Zentriertheit. Dieses: ,,die Welt dreht sich nur um mich und erst komme ich und nach mir lange nichts". Der Stolze stellt sich selbst in die Mitte und verliert so die Beziehung zu Gott und aber auch zu den Menschen selbst.
Daraus fließen Lust, Neid, Faulheit usw. als Frucht eines getrennten Herzens. Deshalb ruft die Orthodoxie immer zur Umkehr des Herzens (Metanoia) nicht nur zur moralischen „Verbesserung“, sondern zur tiefen Verwandlung des ganzen Menschen.
Der Stolz ist in der orthodoxen Lehre die Wurzel aller Versuchung und Sünde. Er ist das, was das Herz von Gott trennt und daher bekämpfen alle geistlichen Disziplinen (Gebet, Fasten, Beichte, Demut) vor allem den Stolz. Denn wo Demut wächst, da kann die Gnade Gottes wirken und alle anderen Leidenschaften verlieren ihre Macht.
Welche ist die größte Versuchung heute?
Zu sagen, dass die Warnungen in der Bibel nur symbolisch zu verstehen sind und nach dem Tod jede und jeder ins Himmelreich Gottes kommen wird oder nach dem Tod alles aus ist.
Beides würde es ermöglichen, nicht nach dem Willen Gottes zu leben. Den Strafe hätte man so oder so nicht zu befürchten.
Ein tragischer - menschlicher - Irrtum.