Die Strafen für Straftäter in Deutschland werden häufig als milde empfunden, was jedoch maßgeblich mit dem grundsätzlichen Verständnis des Strafrechts in Deutschland zusammenhängt. Anders als in manchen anderen Ländern, etwa den USA, steht im deutschen Recht nicht die Vergeltung im Vordergrund, sondern die Resozialisierung des Täters. Ziel ist es, Menschen wieder in die Gesellschaft einzugliedern, anstatt sie dauerhaft auszugrenzen. Entsprechend wird bei der Strafzumessung nicht nur die Tat selbst berücksichtigt, sondern auch die persönlichen Umstände des Täters, etwa Reue, Geständnis oder eine schwierige Lebenssituation. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die Strafe in einem angemessenen Verhältnis zur Schuld stehen muss, weshalb z. B. Bewährungsstrafen bei geringeren Delikten und fehlenden Vorstrafen häufig sind.
Ein weiterer Grund für die Wahrnehmung milder Urteile ist die Tatsache, dass viele Menschen den Unterschied zwischen dem Strafmaß und der tatsächlich verbüßten Strafe nicht kennen. Eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung bedeutet nicht, dass keine Strafe erfolgt, sondern dass sie unter bestimmten Auflagen nicht im Gefängnis verbüßt wird. Auch frühzeitige Entlassungen nach zwei Dritteln der Haftzeit bei guter Führung können den Eindruck entstehen lassen, Täter kämen „zu leicht davon“. Hinzu kommt, dass die mediale Berichterstattung oft besonders spektakuläre oder strittige Fälle aufgreift, während die breite Masse an konsequent und nachvollziehbar abgeurteilten Fällen kaum öffentliche Aufmerksamkeit bekommt.
Insgesamt basiert das deutsche Strafsystem auf rechtsstaatlichen, humanistischen Grundsätzen. Es setzt auf Prävention, Resozialisierung und gesellschaftliche Reintegration anstatt auf Abschreckung und harte Strafen um jeden Preis. Auch wenn das in der öffentlichen Wahrnehmung mitunter als zu nachsichtig erscheint, spiegelt es eine bewusste Entscheidung über den Umgang mit Schuld, Strafe und Verantwortung in einer demokratischen Gesellschaft wider.