Erst einmal ganz generell. Ein Bürgergeldempfänger hat Zugriff auf eine besseres Sanitärsystem, Gesundheitssystem und Bildung, als ein Adliger aus dem 15. Jahrhundert. Trotzdem nehmen wir den Adligen als reich war, den Bürgergeldempfänger aber als arm. Armut kann man nicht bekämpfen. Sobald es einen Menschen gibt, der mehr besitzt, als jemand anderes, so gibt es Reichtum, als auch Armut. Diese Begriffe sind also relativ.
Das was eine Gesellschaft reduzieren kann, ist der Abstand zwischen Reich und Arm. Je nach Denkschule wirst du völlig andere Antworten erhalten.
Ganz kurz zusammen gefasst:
Kollektivisten werden dafür plädieren, dass der Staat für Umverteilung sorgen soll. Der Reiche soll abgeben und der Arme soll erhalten. Dieses System krankt oft an der Tatsache, dass es Leistung zu erbringen in Form von höheren Steuern bestraft und gleichzeitig fehlende Leistungsbereitschaft durch Sozialausgaben entlohnt. Um zu verhindern, dass dieses System sich selber abwürgt, weil zu viele Leistungsträger lieber Leistungsempfänger werden, versucht der Kollektivist einen ausreichend großen materiellen Abstand zwischen Leistungsempfängern und Leistungsträgern zu schaffen. Dass ist diese typische Diskussion, ob "Arbeiten sich überhaupt noch lohnt".
Individualist hingegen glauben, dass der Armut vor allem durch staatliche Eingriffe entstehen. Durch Marktungleichgewichte sorgt der Staat für künstliche Krisen, die die Schwächsten am härtesten treffen. Hierbei wäre z.B. die Finanzkrise von 2008 zu nennen, wo der Staat Hypotheken garantierte und damit diese Risikofrei für Banken machte. Darauf hin haben Banken Hauskredite an sogenannte Ninj's (No income no job) vergeben, welche dann beim platzen der Immobilienblase den Markt runter gerissen haben. Damit sind Millionen von Amerikaner in Armut geraten. Anstatt die Banken dann für ihre Fehler zahlen zu lassen, hat der Staat sie mit frisch neu gedruckten Geld gerettet, was in Folge dessen die Immobilienpreise wieder auf Niveaus gehoben hat, dass die heutige Mittelschicht Probleme hat eine bezahlbare Immobilie zu finden. Um diese Interventionsspirale des Staates zu verhindern ist für Individualisten ein möglichst kleiner Staat die Lösung. Sie sind der Meinung, dass nicht der Abstand zwischen Reich und Arm entscheidend ist, sondern ob das Individuum die Möglichkeit hat, wenn es denn will, materiellen Wohlstand, oder was auch immer diese Person als Reichtum definiert, zu erreichen. Wenn z.B. jemand möglichst reich an Freizeit sein möchte, so ist dies dem Individuum genauso zu ermöglichen. Wichtig ist hierbei das Prinzip der Eigenverantwortung. Man selbst soll wählen können, was man will, muss dann aber mit den Konsequenzen leben. Der Individualismus scheitert oft an der Frage, was nun aber mit Menschen passieren soll, die Unverschuldet in Not geraten sind, oder von vornherein gar nicht in der Lage sind Eigenverantwortung zu übernehmen (z.B. geistig behinderte Menschen). Hier sieht der Individuallist vor allem die private Wohlfahrt in der Pflicht.
Beide Sichtweisen haben ihre Stärken, beide ihre Nachteile.