Zusammenhang von Lösungstension und Standardpotential?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich muss sagen, dass ich den Begriff Lösungstension noch nie gehört habe, obwohl ich das Fach studiere. Hier ist es doch schön erklärt. Physikalisch sinnvoll ist der Begriff nur bei Kupfer.

Das Standardpotential ist einfach auf eine Aktivität (nicht Konzentration!) von a = 1 mol/l , bei 298 K und 1 bar ? normierter Wert. Die Spannung einer Batterie ist Temperatur- und konzentrationsabhängig laut der Nernst-Gleichung.

Die Lösungstension ist eine Metallionen-Konzentration, die man bräuchte, damit die Nernst-Gleichung gleich 0 wird, somit kein Strom flösse. Die meisten Werte entsprächen der Dichte eines Neutronensterns oder einem Atom im Bodensee, sind also unsinnig.

Ein niedriges Standardpotential würde doch dann für einen hohen Elektronendruck, und eine Abgabe von Elektronen sorgen, während ein hohes Standardpotential für eine Aufnahme von Elektronen sorgt.

Tendenziell ist das richtig.

Ich habe es mir immer so vorgestellt, dass die Elektronen den Druck machen. Dass in unedlen Metallen der Elektronengasdruck hoch ist. Tatsächlich ist das auch die wahrscheinlichere Triebkraft, weil nur die Elektronen tunneln können, nicht die Ionensolvatation.

Gasgesetze sind in der Physikalischen Chemie leider sehr universell. Man kann sie in der Quantenmechanik anwenden, Diffusion, Elektronengas oder in Lösungen.

Jedoch frage ich mich, warum Metalle in einer wässrigen Lösung überhaupt Elektronen abgeben.

Da müssen wir wiederum tief in die PC eintauchen. Es gilt die Formel dG = -zFE. dG ist die Änderung der Gibbs-Enthalpie, F die Faraday-Konstante, z die Elektronenanzahl, E die Spannung. d ist einfach eine Differenz. Die freie Enthalpie dG ist also der Zellspannung -zE proportional. Und nach dG = dH - TdS, dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik ist ein System mit dG < 0 nicht im Gleichgewicht. Die Reaktion läuft demnach von selbst ab. ("Unordnung" wird generiert, Energie entwertet).

Das ist die sehr komplizierte Erklärung aus dem LK. Entropie ist ein sehr wichtiger Begriff. Irgendwann wird das Universum einfrieren, den "Wärmetod" mit maximaler Entropie sterben. Wärme ist entwertete Energie. Deswegen braucht eine Wärmepumpe oder Kühlschrank Energie und kein Motor schafft über 100 % Effizienz.

Ionenaktivität bedeutet einfach nur, dass die elektrochemisch messbare Konzentration irgendwann nicht mehr linear zu realen Konzentration steigt, da die Ionen sich stören und "verklumpen". Es könnten daher in echt c = 1,1 mol/l sein. Das spielt auch bei konzentrierteren Säuren eine Rolle, ist aber erst im Studium relevant.

Falage 
Fragesteller
 04.09.2023, 19:46

Vielen Dank für deine nette Antwort. Ich habe schon vermutet, dass die von mir aufgeworfene Frage nicht so ganz leicht zu beantworten ist…😅

Prinzipiell finde ich es schwierig, mir ein Standardpotenzial vorzustellen. Ich weiß durch meine Recherche, dass ein Standardpotenzial durch „Potentialdifferenz eines Halbelements des jeweiligen Metalls zur sogenannten Standardwasserstoffelektrode“ ermittelt werden kann (LEIFIchemie).

Wenn ich nun ein Metall habe, welches in einer Halbzelle die Elektronen des Wasserstoffes aufnehmen würde, muss dies ja bedeuten, dass der Elektronendruck des Wasserstoffs größer als des anderen Metalls ist, da die Elektronenübertragung ja sonst umgekehrt verlaufen würde.

Ergibt sich das Standardpotenzial also somit durch die Differenz der unterschiedlichen Elektronendrücke? Also folgendes:

Wenn der Elektronendruck des Metalls größer als der von Wasserstoff ist

—>negatives Standardpotenzial

Wenn der Elektronendruck des Metalls kleiner als der von Wasserstoff ist

—>positives Standardpotenzial

Ich wüsste sonst nicht, wie ich mir beispielsweise ein positives Standardpotenzial erklären könnte.

PS: übrigens sehr coole Profilbeschreibung ;-)

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ZitrusLiebe  04.09.2023, 20:36
@Falage

Also kurz: das Vorzeichen ist Konvention. Normal verwendet man Reduktionsgleichungen. Elektrochemie ist eines meiner Hassgebiete.

Wenn man den Reaktionspfeil umdreht, kann man auch das Vorzeichen tauschen.

Man nimmt relative Werte und deren Differenzen, weil man experimentell nicht mal eben absolute Werte bestimmen kann. (Der berechnete, absolute Wert von H+ waren glaube ich ~ 4,4 V.). Ein Stromkreis muss immer geschlossen sein, eine Einzelelektrode macht physikalisch keinen Sinn.

Ergibt sich das Standardpotenzial also somit durch die Differenz der unterschiedlichen Elektronendrücke?

Fast. Solange dG = - zFE < 0 ist! Der genaue Wert für E ergibt sich aus der Nernst-Gleichung und der Spannungsreihe. Das Gesamtelektrodenpotential müsste dann die Differenz beider E's sein. Ehrlich gesagt rechne ich immer über die Gibbs-Energie dG, weil mir das anschaulicher ist, wenn mehrere Elektronen fließen. Das Rechnen ist viel Übungssache.

Wenn dG > 0 ist, findet die Reaktion eben nicht statt oder man muss eine Elektrolyse durchführen, wie H20 -> H2 + O!

In der Praxis muss man eine viel höhere Spannung draufgeben, bei mehreren möglichen Elektrolysereaktionen findet erst die mit der niedrigeren Spannung statt, wenn ich mich nicht irre.

Beispiel: Wenn man Salzwasser elektrolysiert, bekommt man Natronlauge, Wasserstoff und Chlor, als Folgereaktion auch Hypochlorit, Chlorit, Chlorat und Perchlorat, und natürlich kein Na-Metall.

Elektrochemie ist einfach Alltag. In der Galvanisierung, Eloxierung, Kupfer-/Aluherstellung, Fluorierung, Akkus, der Herstellung von Wasserstoff und anderen Grundstoffen. Sogar organische Chemie kann man damit machen.

Eine Übung - berechne doch mal die Zellenspannung von Li-Fe-Akkus und Li-Co-Akkus. Reaktionsgleichungen findest du im Netz.

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ZitrusLiebe  05.09.2023, 08:27
@Falage

Und noch eine Sache, die dir helfen könnte - Dreiecksbeziehungen. Fe0, FeII und FeIII sind so eine Sache. Wie du aus dG = - zFE ableiten kannst, ist E immer nur auf ein Elektron bezogen - Vorsicht!

III -> II sind 0,771 V

III -> 0 sind - 0,037 V; Vorzeichen bedeutet: Eisen reagiert mit H+ in Säure!

II -> 0 sind -0,44 V

Um z. B. III -> 0 zu berechnen: (0,771 + 2*-0,44)/3 = -0,109/3 = -0,0363 V, stimmt fast genau.

Vergiss nicht, immer die Konzentration ggf. in die Nernst-Gleichung einzusetzen, die Aktivität von Feststoffen und Gasen ist in der Regel gegeben oder tabelliert oder gleich 1.

Weiterhelfen könnten dir auch Frost-Diagramme.

Ich hoffe, dass das weiterhelfen konnte. Elektrochemie ist nicht so ganz trivial, kann aber in Redoxreaktionen - ohne sichtbaren Stromkreis - der Metalle viel erklären. Zum Beispiel die Stabilität der Oxidationsstufen je nach pH, etwa beim Mangan oder Vanadium.

Falls noch Fragen, melde dich. Bei elektrochemischer Analytik kann ich weiterhelfen, bei Begriffen wie Impedanz nicht mehr.

PS: übrigens sehr coole Profilbeschreibung ;-)

Danke!

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Falage 
Fragesteller
 05.09.2023, 10:01
@ZitrusLiebe

Ich danke dir! Ich glaube, dass ich erst einmal die Grundlagen im Chemiekurs erfassen sollte, bevor ich mich wirklich mit solch komplexen Themen auseinandersetze. Aber ich bin mir sicher, dass ich in einigen Jahren bestimmt auf deine Erläuterungen zurückgreifen werde!

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