Wie sah es aus als der Mensch sich weiter entwickelte?

10 Antworten

"Es paaren sich ja nicht ein paar Affen und dann kommt ein Affe raus der auf einmal gerade geht."

In der Evolution gibt kein heute so, morgen ganz anders. Zumindest nicht bei den meisten Lebewesen. Das hängt mit der Komplexität ihres Erbguts zusammen. Ein Menschenkind wird immer sehr ähnlich zu seinen Erzeugern sein. Bei Bakterien und Viren können Stämme relativ schnell mutieren, was aber auch daran liegt, dass Viren und Bakterien sich schnell vermehren, aber auch schnell wieder sterben. Bei Menschen dauert das austragen selber ja schon 9 Monate. Und bis ein Individuum fortpflanzungsfähig ist, dauert dass dann auch 8 bis 14 Jahre. Bis es stirbt sind es dann ca. 70 Jahre.

Durch diese niedrige Mutationsrate dauert es mehrere hundert Generationen (beim Menschen eben dann mehrere tausend Jahre), bis ein Effekt wirksam wird, den man Gendrift nennt. Dieser Gendrift ist bei bestimmten Bakterien und Viren schon nach weniger als einem Jahr zu sehen, weil sie eben mehrere hundert Generationen in einem Jahr durchlaufen.

Der Gendrift macht sich insofern bemerkbar: Ein "Mensch" von vor 300.000 Jahren wäre wahrscheinlich nicht in der Lage mit einem heutigen Menschen Nachkommen zu zeugen. Da käme höchstens etwas heraus, was entweder keine Nachkommen mehr zeugen kann oder gar selber kaum lebensfähig ist. Dabei ist es auch egal, ob die "Menschen" damals uns heute von der Anatomie schon sehr ähnlich sahen. Das Aussehen selber ist maximal ein Indikator für genetische Kompatibilität, aber alleine nicht ausreichend um abschließend Kompatibilität zu beurteilen.

Ein ausreichend großer Zeitraum für den Gendrift führt dann meistens auch zu phänotypeschen Unterschieden, wie die Möglichkeit des Skeletts den aufrechten Gang zu praktizieren falls der aufrechte Gang tatsächlich ein evolutionärer Vorteil gewesen sein sollte, was wir heute ganz klar bejahen. Aber es müssen nicht unbedingt Vorteile sein, die eine phänotypische Anpassung provozieren. Es reicht aus, wenn die phänotypische Ausprägung einfach auch keinen Nachteil hat und somit nicht durch die Umwelt "selektiert" wird.

"Vom Neandertaler zum Homo Sapiens?"

Das ganze Konzept der Taxonomie (Namensgebung) ist falsch, wenn man es genau nimmt. Eigentlich kann man den Lebewesen keine Namen geben, die für immer gültig sind oder gültig waren. Wir machen dies trotzdem, weil wie oben schon gesagt, die meisten Lebewesen niedrige Mutationsraten haben und zumindest für den aktuellen Zeitpunkt über die biologische Namensfindung eine Einordnung von Spezies stattfinden kann.

Warum gibt es heute noch Affen?

Man kann sie nennen, wie man will. Letzendlich sind es Lebewesen, die in der Vergangenheit sich von unserer Vererbungslinie abgespaltet haben und es aus bestimmten Gründen über lange Zeit keine genetische Vermischung mehr gab zwischen mehreren Gruppen die vormals einer Spezie angehörten. Die Gründe dafür sind meistens natürliche Grenzen, wie Gebirge, Flüsse, Seen, Wüsten und Meere. Diese entstehen und verschwinden über unterschiedliche Zeiträume und provozieren diese sogenannten Gendrifts.

Der genetische Stammbaum ist eben ein Baum. An fast jeder Gabelung gab es Gründe für genetische Isolation (Meere Wüsten, Gebirge,...), was zu "Inzucht" in jeder Gruppe führte, wobei die Gruppen so groß waren, dass genügend genetische Diversität existierte, um Inzucht-Effekte, wie wir sie verstehen, zu überkommen.

Hast du dich mal gefragt, wie es zu unterschiedlichen Augen- und Haarfarben kommt oder zu unterschiedlichen Körpergrößen?

Beim Nachwuchs gibts ständig Mutationen und Genverschiebungen. Die meisten davon bewirken entweder gar nichts oder sind tödlich. Was nicht sofort tödlich ist, überlebt erstmal. Wenn es sich bei der Lebenserwartung oder bei der Partnersuche als nachteilig erweist, stirbt mit dem Träger dieser Gene, bevor er sich fortpflanzen kann.

Größere Gehirne und daraus resultierende kognitive Leistungen waren dagegen extrem vorteilhaft und das hat sich durchgesetzt. Dauerte nur rund 4 Mio Jahre.

Vom Neandertaler zum Homo Sapiens?

Der Neanderthaler ist nicht der direkte Vorfahr des anatomisch modernen Menschen. Er wird entweder als eine Unterart von Homo sapiens geführt, die sich parallel zum anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens sapiens) aus den gleichen Vorfahren ("archaischer Homo sapiens") entwickelt hat oder als eigenständige Art. Als der anatomisch moderne Mensch aus Afrika nach Eurasien auswanderte, traf er zwar auf den Neanderthaler und kreuzte sich auch mit ihm, worauf es zu einem bis heute nachweisbaren Genfluss (etwa 2 % der DNA außerafrikanischer Menschen sind vom Neanderthaler, darunter einige Gene, die mit der Haartextur in Verbindung gebracht werden), ein direkter Vorfahre der heutigen Menschen war er aber nicht.

Es paaren sich ja nicht ein paar Afgen und dann kommt ein Affe raus der auf einmal gerade geht.

Nein, so war es nicht. Das ist richtig. Die Evolution des Menschen war und ist ein kleinschrittiger Prozess, der von Generation zu Generation geht. Die direkt aufeinander folgenden Generationen unterscheiden sich dabei kaum voneinander, aber ein bisschen eben doch. So wie auch wir unseren Eltern ähneln, aber kein exaktes Abbild unserer Eltern sind und so wie auch unsere nachfolgende Kindergeneration uns gleicht und doch ein bisschen verschieden ist.

Es gibt daher keinen festen Moment, ab dem die menschliche Entwicklungslinie sprunghaft aufhörte, ein Affe zu sein und plötzlich ein Mensch war. Es war ein langsamer und gradueller Prozess mit einer großen Anzahl von fließend ineinander übergehenden Zwischenformen.

Alles, was wir von dieser Geschichte heute noch finden können, sind winzige Ausschnitte in Form von Fossilien und Hinweise auf die Evolutionsgeschichte in unserer DNA. Du kannst es dir in etwa so vorstellen als wäre die Evolution des Menschen in Form eines Kinofilms abgelaufen. Von der Filmrolle sind aber nur ein paar unbewegte Bilder übrig geblieben. Dadurch, dass man bestimmt, welche Bilder auf der Rolle zuerst kamen und indem man vergleicht, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es auf den Bildern gibt, lässt sich vielleicht nicht mehr der gesamte Film rekonstruieren, aber zumindest lässt es Rückschlüsse auf die ungefähre Handlung zu. So ist es mit der Evolution auch. Zwar haben wir nicht mehr den ganzen Film vor uns, sondern nur noch kurze Ausschnitte (eben Fossilien). Wir können aber bestimmen, in welcher Reihenfolge die Fossilien auftauchen (durch Datierung des Fossilmaterials) und durch Vergleichen der einzelnen Knochen sagen, wie die Evolution abgelaufen ist.

Eine dieser Übergangsformen sind z. B. die Australopithecinen. Die Gattung Australopithecus war noch an eine überwiegend baumbewohnende (arboricole) Lebensweise angepasst. Ihr Becken und ihr Fuß zeigen aber schon, dass Australopithecus aufrecht gehen konnte. Noch nicht so perfekt wie spätere Vertreter der Gattung Homo, aber schon wesentlich besser als das beispielsweise Schimpansen können. Es ist quasi eine Zwischenform zwischen baumbewohnenden Affen und Primaten, die vorwiegend auf dem Boden leben und auf zwei Beinen gehen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig