Wie kann ich den Kontakt zum Vater abbrechen?
Ich bin heute 47 Jahre alt, die jüngste von drei Schwestern. Mein Vater ist heute 81 Jahre alt, meine Mutter starb vor 16 Jahren. Mein Vater lebt mit einer neuen, sehr netten Lebensgefährtin zusammen.
Nun war meine Kindheit geprägt von einem Leben, in dem Frauen Menschen zweiter Klasse waren, mein Vater hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er sich Söhne gewünscht hat. Ich kann nicht sagen, dass ich eine schlechte Kindheit hatte. Meine Mutter war desinteressiert an mir, hat mir auch öfter gesagt, dass ich kein Wunschkind sei. Trotz allem bin ich ganz gut aufgewachsen, ich kenne es ja auch nicht anders.
Seit vielen Jahren schon merke ich, dass die Zeit zusammen mit meinem Vater immer belastender für mich wird. Er interessiert sich nicht für mich, gibt mir in jedem Telefonat das Gefühl, dass er mir nicht zuhört. Das hat er früher schon immer gemacht. Kam ich aufgeregt von einem Ausflug nach Hause oder wollte etwas für mich Wichtiges aus der Schule erzählen, dann wurde das Thema gewechselt oder es kamen Bemerkungen wie "ach je ach je, wie aufregend" Mir wurde immer das Gefühl vermittelt, dass es nicht wichtig ist, was ich zu erzählen habe.
Heute bin ich glücklich verheiratet und mit steigendem Alter (ich habe zudem einen recht anspruchsvollen Beruf) möchte ich mich immer weniger mit Energiefressern auseinandersetzen.
Ein Telefonat Anfang des letzten Jahres : er fragte mich, was es Neues gäbe. Ich antwortete ihm, dass ich tatsächlich schon zwei Wochen mit einer straken Grippe zu tun habe. Darauf er:" Och, bist Du krank gewesen? Du armes Kind". Mit einem dämlichen Unterton, der mir verriet, dass ich doch bitte nicht jammern soll. Was soll ich dazu dann noch sagen. Ich bin seit einem Jahr nicht bei ihm zu Besuch gewesen, habe bisher immer Ausreden gesucht. Auch für Weihnachten habe ich eine Ausrede gefunden, ich wollte einfach nicht mit ihm zusammen sein.
Meine Frage ist nun, soll ich ihm alles einmal vor die Füße werfen und ihm meine Meinung sagen (ich bin mir nicht sicher, dass er verstehen würde, um was es mir geht) oder soll ich einfach alles ausschleichen lassen. Ich weiß nicht, wie ich mit dieser Situation umgehen soll.
Vielleicht kennt jemand eine ähnliche Situation ?
Vorab vielen Dank
13 Antworten
Das ist schlimm zu lesen, wie deine Kindheit verlaufen ist, aber irgendwann muss man damit abschliessen, auch wenn es bitter ist.
Deinen Vater kannst du nicht mehr ändern und zudem ist er jetzt in einem Alter, wo man nicht mehr damit rechnen kann, dass er noch zig Jahre leben wird. Du weißt nie, was morgen oder übermorgen sein kann.
Du kannst für dich Frieden schliessen, indem du Thema ohne Groll abschliesst. du hast jetzt eine glückliche Beziehung die dir was anderes zeigt, als das was du früher erlebt hast. Das sollte dir Halt geben, damit du heute endlich mal das Kapitel zumachst.
Vergessen kannst du das nie, aber du musst auch deinen Vater nicht besuchen, wenn du nicht willst, obwohl - wenn seine neue Partnerin nett ist -, kann die ja nichts dafür.
Manchmal muss man loslassen von der Vergangenheit und sich auf Jetzt und Heute besinnen.
Aber keiner weiß, was in dir vorgeht und deshalb kann man dir schlecht raten, was du tun kannst.
Überlege dir doch mal deine Gedanken, was deinen Vater und deine Kindheit betrifft, mal aufzuschreiben. Da kannst du alles rauslassen, dann legst du alles mal auf die Seite, liest irgendwann mal wieder durch und dann kannst du dir immer noch überlegen, ob du das deinem Vater zeigen willst.
Gesagtes und Geschriebenes kann man nicht mehr zurücknehmen und du muss selber entscheiden, wenn du das deinem Vater vor die Füße knallen möchtest, ob DU dich danach wirklich wohler fühlst.
Vielen Dank für die Antwort. Das ist ein gangbarer Weg und ich werde darüber nachdenken, es so zu handhaben. Du hast Recht, fühle ich mich danach besser???
ja, dann sage es ihm einmal ehrlich und gehe nicht mehr zu ihm hin. meine mutter, heute 82, und auch deren schwester, etwas jünger, waren auch früher viele jahre lang nicht mehr bei deren mutter vor deren tod und auch nicht auf deren beerdigung aus ähnlichen gründen. sie waren als kinder auch nur misshandelt worden, waren nie erwünscht usw.
schreib es ihm oder sage es ihm einmal deutlich und dann kontakt-abbruch. finde ich gut und ehrlich. und dur hast recht: energiefresser und demütiger muss man sich vom hals halten. ich habe das ähnliche problem mit meiner mutter, die ich pflegen muss, jede woche besuchen muss, für sie einkaufen muss usw., weil sie auch keinen anderen hat.
ich hatte mit ihr früher auch einige jahre keinen kontakt. jetzt wird sie sicher bald ins heim müssen. noch helfe ich ihr schon in allem, aber es nervt genau wie bei dir auch aus ähnlichen gründen.
Ich würde das ausschleichen lassen, ehe sich daraus ein Streit entwickelt und man Sachen sagt, die man nicht sagen will.
Mit 81 Jahren werden Menschen manchmal starrsinnig. Da hilft es nichts, die Meinung zu sageen.
Ach Katharina, noch ist es Dein Vater und nachdem Du das jetzt fast ein halbes Jahrhundert "ertragen" hast, würde ich an Deiner Stelle jetzt garantiert nicht einen endgültigen Schlussstrich ziehen. Schade natürlich, dass er Dich offensichtlich nicht allzu ernst nimmt, aber das dürfte doch bei den beiden älteren Schwestern auch nicht viel anders sein oder?
Letztendlich entscheidest Du selbst, an Deiner Stelle würde ich aber den Kontakt zu Deinem Vater nicht abbrechen, irgendwann würdest Du es ansonsten bereuen...
Wenn es richtig weh tut, bereut man sowas nicht: Eigene Erfahrung.
Liebe Katharina,
ich bin 55, die ältere von zwei Schwestern. Mein Vater ist ebenfalls 81 und ich kenne das.
Diese Generation Männer war so. Tu das bitte Deinem alten ater nicht an, auch wenn er so daherredet, er liebt Dich sehr. Und Deine beiden Schwestern auch.
Meinem Vater hat es schon fast das Herz gebrochen, als meine drei Jahre jüngere Schwester vor über 20 Jahren den Kontakt zu ihm (und auch zu uns allen, sie war nicht mal auf der Beerdigung ihrer Lieblingsoma, seiner Mutter, 2012) abbrach.
Besuche ihn nicht alleine (aber besuche ihn! Wieder!!!), sondern gemeinsam mit Deinem Mann, dem Du die Situation erklären solltest, falls er nicht eingeweiht ist. Sprich viel mit der netten Lebensgefährtin (Mein Vater hat, seit er 42 Jahre alt war, keine Frau mehr in sein Leben gelassen...) und sollte Dein Vater blöde Bemerkungen machen, dann sage offen ihm ins Gesicht: Papa, das verletzt mich. Warum machst Du das?
Aber insistiere nicht. Männer dieser Generation entschuldigen sich auch nicht, sie tun einfach so, als sei nie etwas gewesen... :)
Bald wird er bzw. seine Frau Dich brauchen. Denk daran. Du würdest es Dir nie verzeihen, mit Deinem Vater gebrochen zu haben...
Alles Liebe! <3
Danke für die Antwort. Nein, diese Männer entschuldigen sich nie. Aber ich möchte das nicht mehr ertragen müssen. Nur weil er mein Vater ist, nein. Er hat sich nie um mich gekümmert oder bemüht. Ich werde mich auch nicht um ihn kümmern. Meine älteren Schwestern hat er anders behandelt. Ich bin die Kleine immer gewesen.