Wie habt ihr erfahren, dass ihr Autist seid (Symptome)?

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Soweit ich weiß - allerdings nur durch Erzählungen seitens meiner Mutter -, ist meiner Mutter bereits früh aufgefallen, dass ich mich anders als die anderen Kinder verhielt. Damals war ich ungefähr 3 Jahre alt. Ich hatte bereits relativ spät Laufen gelernt, nämlich erst im Alter von 19-22 Monaten, aber noch dazu kam, dass ich Probleme mit dem Sprechen hatte. Insbesondere das S konnte ich nicht aussprechen. Meine Mutter musste oft versuchen, zu erraten, was ich von ihr wollte und ich würde ständig ein frustriertes "Äh, äh, äh!" von mir geben. Mit 4/5 Jahren kam ich zu einer Logopädin. Sie war mir sympathisch - das war extrem wichtig - und sie hatte Erfahrung im Umgang mit behinderten Kindern. Die Frau hatte mich in wenigen Sitzungen zum Sprechen gebracht. Es war ein Unterschied wie Tag und Nacht. Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, dass S nicht aussprechen zu können.

Jedenfalls hatte sie schon früh bemerkt, dass ich anders war. Ich war sehr zurückgezogen, mir wurde es sehr schnell zu viel. Damals (als ich 3 Jahre alt war) hatten wir das Jahr 2001/2002. Sieben Jahre vergingen, in denen sie mit mir zu unterschiedlichen Kinderpsychiatern- und Psychologen ging. Erst wenige Monate vor meinem 10. Geburtstag (Was für Mädchen auf dem Autismus-Spektrum trotzdem noch verdammt früh ist, wohlgemerkt) bekam ich meine Diagnose. Es ergab alles Sinn. Das Licht ging auf.

Die anderen Kinderpsychiater- und Psychologen, zu denen sie mich über die Jahre geschleift hatte, meinten alle nur, ich "hätte nichts", oder ich hätte eine "Entwicklungsstörung", konnten jedoch nicht genau sagen, welche. Einer wollte meiner Mutter sogar einreden, sie wäre an meinem Verhalten Schuld, da sie mich "nicht richtig erziehen" würde. Den Vogel hatte sie ihm gezeigt und den haben wir danach nie wieder gesehen.

Natürlich gab (und gibt) es auch noch mehrere Anzeichen für Autismus bei mir, außer die bereits genannten Auffälligkeiten. Beispielsweise meine sehr beschränkten Interessensgebiete und wie sehr ich in diese eintauchen konnte. Die Tatsache, dass mir viele Orte viel zu laut waren, ich sehr schreckhaft war, mir oft die Ohren zuhielt. Umarmungen waren mir ebenfalls unangenehm - haben sogar manchmal wehgetan -, Aufgabenstellungen in der Schule waren nie direkt und detailliert genug, ich war schon immer sehr wahrheitsliebend - auch auf Kosten der Gefühle meiner Mitmenschen, muss ich gestehen -, zwischen den Zeilen lesen war nicht immer so meine Stärke, gewisse social cues musste ich eigenhändig erlernen (Was leider zu so manchen Missverständnissen führte und teilweise noch immer führt), meine Motorik war nicht die Beste (Schwimmen und Fahrradfahren habe ich Beispielsweise nie gelernt und ich habe es auch nicht vor) und nach der Schule erlebte ich sehr häufig Overloads, die ich dann in Form von ganz viel Herumspringen (Höchstwahrscheinlich war das damals meine Art des Stimmings) irgendwie wegbekommen musste. Auch heute noch müssen neue Erlebnisse von mir mehrfach erzählt werden, ich neige auch zu Oversharing und Infodumping. Außerdem fing ich erst in meiner Pubertät an, meinen Essenshorizont auszubreiten. Davor hatte ich ein ziemlich eingeschränktes Essverhalten.

Anmerkung, weil ich vergessen habe, das zu erwähnen: Meiner Mutter wurde von anderen Müttern im Kindergarten oder in der Grundschule (Das weiß ich wirklich nicht mehr) vorgeschlagen, sich mal in Richtung Autismus umzuschauen, weil mein Verhalten wohl sehr darauf hindeuten ließ. Die endgültige Diagnose kam also nicht völlig unvorhergesehen und wurde extra bei einer Kinderpsychiaterin durchgeführt, die auf Autismus spezialisiert war. Davor waren es einfach nur 08/15-Kinderpsychiater- und Kinderpsychologen, weil meine Mutter eben noch gar keinen Anhaltspunkt hatte, in welche Richtung es überhaupt gehen könnte. Kein Wunder also, dass die meinen Autismus nicht erkannten. Ich sag's ja immer wieder: Psychologen, Psychiater, Therapeuten etc. kennen sich oftmals noch immer viel zu wenig mit der Thematik aus.

Edit: Bei der Logopädin waren es nicht "wenige Sitzungen", sondern doch circa zwei Jahre. Ich habe also erst mit 6/7 gelernt, richtig und verständlich zu sprechen. Das hatte ich wohl falsch in Erinnerung. Ich wollte es nur eben korrigieren, falls das noch jemand lesen sollte.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin diagnostizierte Autistin (Keine Selbstdiagnose)👽
ewigsuzu  17.07.2022, 14:09

gegen zu viele geräusche gibts geräuschreduzierende Kopfhörer ^^

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Zitruseulchen  17.07.2022, 15:01
@ewigsuzu

Ja, davon hab ich auch schon gehört. Hab ich nur leider kein Geld für. Und ich bin auch so eine, die immer Geräusche braucht. Also Musik oder ein Video. Keine Ahnung. Deshalb denke ich, ist das nichts für mich. Unterwegs stören mich Geräusche am meisten. Ich höre auch keine Musik während ich laufe - Nur in der Bahn. Denn sobald ich laufe, muss ich aufmerksam sein und ich habe Angst, dass ich das nicht sein kann, wenn ich Musik höre oder diese geräuschreduzierenden Kopfhörer aufhabe. Weiß auch nicht. ... Na ja ^.^

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ewigsuzu  17.07.2022, 15:02
@Zitruseulchen

viel kostet sowas nich is im rund nich groß was anderes als schallschützer ^^, und die kann man ja absetzen wann man will, testen kann mans mal und wenn nich halt nich ^^

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Es war die reinste Odyssee zu meiner ASS (= Autismus-Spektrum-Störung) Diagnose mit 18 Jahren.

Schon im Kindergartenalter war ich "auffällig". Dieses "speziell sein" äußerte sich darin, dass ich nie mit Spielzeugen oder anderen Kindern richtig spielen wollte, vielmehr hatte ich Spaß daran, Gegenstände zu sortieren. Im Essverhalten war ich auch sehr auffällig, da ich nur bestimmtes Besteck und Produkte akzeptiert habe, somit war das Essen in Einrichtungen oder bei anderen zu Gast nahezu unmöglich.

Körperkontakt und Blickkontakt fällt mir sehr schwer, in den meisten Fällen empfinde ich beides als sehr unangenehm. Wenn ich mich dazu aufraffe, wirkt es unauthentisch und roboterhaft. Statistiken und Zahlen helfen mir sehr, Emotionen und zwischenmenschliche Dynamiken zu verstehen, die Intuition dazu fehlt bei mir.

Meine Umgebung löst des Öfteren eine Reizüberflutung aus, weshalb ich sie zur Erleichterung ausblende, deshalb passiert es mir oft, dass ich an Menschen, die ich kenne, vorbeilaufe, ohne sie zu erkennen oder dass ich mitten im Gespräch plötzlich in Träumereien versinke. In Kohärenz dazu ist Autofahren für mich schlicht unmöglich und geradezu fahrlässig, dazu kommen Störungen der Motorik.

In akademischer Hinsicht war der Autismus nie ein Hindernis, ich habe zwar als Kind spät sprechen gelernt, konnte mich aber schriftlich immer relativ gut zurechtfinden.

Später wurde ich zu einem richtigen Anpassungstalent, ich habe viele Verhaltensweisen übernommen und imitiert. Außenstehende haben es größtenteils nicht als autistisch wahrgenommen, sondern es in die klischeehafte Schublade des schüchternen Mädchens gesteckt. Darüber hinaus ist das typische Bild eines Autisten männlich, sogar Asperger ging davon aus, dass diese Ausprägungen nur männliche Personen betreffe.

Durch die Kinder und Jugendpsychiatrie. In der 2. Klasse wurde bei mir adhs festgestellt und dann bin ich auf eine Förderschule für Emotionale und soziale Entwicklung gekommen. Das war dann lange ok. Bis es auch da zu Problemen kam.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bin autistisch und habe adhs

Meine Mutter hat durch eine Erzieherin im Kindergarten den Hinweis bekommen das ich ein Autist sein könnte. Wäre es nicht für sie hätte ich heute keine Diagnose. Dadurch bin ich so wie ich bin. Hätte ich die Diagnose nicht wäre ich heute wahrscheinlich in der Ecke und würde mich fragen warum ich so anders bin und warum keiner mich akzeptieren will.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bin Autist (ASS) mit Diagnose