Wie findet ihr die Behauptung, dass jeder mit Abitur ein anspruchsvolles Studium wie Informatik schaffen kann, solange er sich anstrengt und sich will?

5 Antworten

Sie ist richtig. Dass es genau so ist, ist meine hundertfach bestätigte Erfahrung.

Hallo Psychopath2021!

Also, man muss schon sehr differenzieren.
Die meisten Menschen verwechseln Bildung mit Intelligenz.

Auch wenn man durch Engagement, Willenskraft und Disziplin sicherlich sehr viel umsetzen kann, so kann man niemals genenetische Defizite bzw. Individualität damit ausgleichen.

Falsche Annahme, dass "jeder" mit Abitur grundsätzlich geeignet ist.
Wer kann denn mit 18, 19 oder 20 schon wissen, was er mag, wo die Stärken und Schwächen sind etc.? Das lernt man weder in der Schule noch im Elternhaus. Nach deiner Annahme müssten Abiturienten ja alle Studiengänge locker schaffen. Warum fallen denn dann auch 1er Abiturienten durch oder wechseln den Studiengang? Weil es eben etwas ganz anderes ist, sich die Praxis von der Theorie entscheidet und oft Studiengänge nicht nach eigenen Fähig- und Fertigkeiten gewählt werden, sondern nach dem Einkommen danach oder nach der gesellschaftlichen Akteptanz.

Nehme doch einmal eine Person, die das Abitur locker schaffen könnte, dies aber nicht tut, da es nichtssagend ist. Dann wird diese Person abgelehnt oder zukünftige Wege verbaut, nur weil von einer unbegründeten Pauschalannahme ausgeht und generell alle Menschen in eine Schublade steckt bzw. falsch sortiert.

In der Arbeit erlebe ich es auch sehr oft, dass sich viele Menschen überschätzen und Menschen, die eben nicht der klassischen Norm entsprechen zumeist unterschätzen und bescheiden sind.

Es liegt nicht an der Schulbildung, sondern an der Person und der Individualität nebst Genen.

Nur weil ein Mensch "nur" ein Fachabitur oder ein 4er Vollabitur hat, sagt dies gar nichts aus. Einmal geschlafen, krank oder abwesend gewesen und schon sind die Noten bzw. Punkte dahin. Ich habe dies selbst erlebt, da laut Kultusministerium pro Semester eben nur eine bestimmte Anzahl an Klausuren geschrieben werden. Bist du einmal krank oder hast einen schlechten Tag, dann spiegelt dies nicht das gesamte Schuljahr wieder, sondern "nur" einen Tag. Und wenn du krank, verpeilt etc. bist, dann 0 Punkte kassierst, versuche dies einmal "nur" mündlich oder durch Stegreifaufgaben zu kompensieren. Ich habe mir verdammt schwer getan, da man diverse Dinge kaum verbessern kann. Je nach Noten/Punkte kann man ausgleichen, aber nicht immer geht das so gut. Und dann soll deine ganze Zukunft davon abhängen? Es ist einfach der dümmste Blödsinn, den ich jemals erlebt habe.

Man sollte viel lieber nach der Eignung und relevanten Attributen gehen.
Zudem haben die meisten theoretischen Dinge nichts mit dem Arbeitsalltag zu tun.

Mein Vater hat die TUM besucht und ist nun Senior Diplom Ingenieur Elektrotechnik. Zudem ist er über seiner Doktorarbeit.

Klar ist dieser Mensch "gebildet", aber wenn ich nach Abituraufgaben frage, sagt er immer, dass das schon sehr lange her ist und er es nicht genau weiß. Er müsste sich dies einmal anschauen, daran erinnern oder reinlesen, dann könnte er es versuchen. Na, sollte man nicht von einem Abiturienten erwarten, dass er das Fachwissen auch nach 100 Jahren noch abrufen kann? Es ist keine Kunst, einmalig etwas abzuliefern und danach zu vergessen bzw. noch im Studium anzuwenden.

Mein Vater benötigt auch die Dinge, die er von A-Z im Studium gelernt hat gar nicht. Vieles weiß und kann er einfach nicht mehr. Er muss nun in der Arbeit einen ganz anderen Bereich ausüben und ein Team führen. Auch in der Arbeit musste er als Ingenieur erst angelernt werden.

Ich sage keineswegs, dass das alles einfach ist. Auch ein Studium sollte keineswegs unterschätzt werden. Nur, wenn es der falsche Zweig ist, fehlt eben die Leidenschaft und dann bringt es auch nichts, wenn man ein 1er Abiturient ist. Zudem fehlt die Praxiserfahrung. Theorie ist schön und gut, aber Praxis macht eben mehr aus.

Hatten wir oft in der Arbeit, wenn Werksstudenten oder Abiturienten vor Ort sind.
Dann wird immer wieder leicht hochnäsig gesagt, dass man ein guter Schüler/Student ist und man dies laut Theorie und Verordnung xyz so zu machen hat. Dass diverse Dinge in der Praxis aber nicht umsetzbar sind und Mitarbeiter, die schon 30-50 Jahre im Beruf arbeiten, eben viele Dinge aufgrund der Berufserfahrung besser wissen, wird ignoriert. Nur weil manche Menschen mehr Glück oder andere Gene haben, sind diese Menschen nicht überall besser.

Bei uns im Beruf muss man auch einmal nachdenken, dynamisch auf eine Situation reagieren und sich die Hände schmutzig machen. Wir haben auch mit Obdachlosen und Drogenabhängigen zu tun. Da wird dann oft Abstand gehalten und die Nase gerümpft, da man mit solchen Menschen nichts zu tun haben möchte und Abitur besitzt; da wird dann nur das Praktikum schnell abgeschlossen.

Klar sind nicht alle Menschen so, aber Noten sagen eben gar nichts aus. Deswegen interessiert es uns in der Arbeit nicht, ob ein Mensch Student, Schüler, 1er Abiturient oder ein Mensch ist, der die Haupt-, Realschule (Mittelschule) besucht.
Es zählen Anstand und die Leidenschaft. Wenn diese Dinge fehlen, dann bringen auch ein 1er Abitur oder ein 1er Studium nichts. Bei uns gibt es logischerweise fast nur studierte Mitarbeiter. Und glaube nicht, dass jeder Mitarbeiter, der studiert hat, immer alles richtig macht und in den Beruf gehört. Da gibt es ganz viele Menschen, die weder sozial noch empathisch sind. Da werden Weisungen brav befolgt und der Bückling vor dem System und Vorgesetzten gemacht. Rechte werden auch gebrochen usw. Dann übt man eben den falschen Beruf aus. Insofern sagen Studium oder Noten/Punkte erst einmal gar nichts aus.

Jeder Mensch, jede Ausbildung und jedes Studium ist unterschiedlich.
Es ist zu komplex und individuell, um nur aufgrund von Noten, Bildung, Punkte, Schulart etc. zu unterscheiden.

Neulich hatten wir wieder die Diskussion an einer FH und UNI, da andere Menschen, die über den Zweit- oder Drittzugang an die FH und UNI wollten, nicht "gleichwertig" und "gleichberechtigt" behandelt werden. Wer sagt denn, dass Mensch A besser ist als Mensch B? Wo steht dies denn verbindlich weltweit für alle Menschen geschrieben, wenn doch jeder Mensch anders ist?

Und der Käse, dass man sortieren und auch nach dem NC gehen muss, ist dumm und falsch. Dann sollte man das Problem lösen und nicht Menschen diskriminieren. Aber wichtiger ist ja bei uns in Deutschland, dass man "gendert" und andere Menschen alles sein dürfen. Da erkennt man eben die wichtigen Themen^^
Diskriminierung gibt es auch in der Schule, Ausbildung und Beruf. Da sollte man erst einmal ansetzen, da dies viel wichtiger ist.

Insofern kann ich deine Aussage nicht zu 100% unterschreiben/bestätigen.
Engagement und Disziplin kann viel ausmachen, aber wenn die genetischen Grenzen erreicht sind, kann es nicht kompensieren.

Man muss schon realistisch bleiben. Es wäre zwecks Logik schon falsch, wenn ein Mensch, der weder die einfachen Grundlagen beherrscht noch ausreichend gebildet ist, alles spontan angeht. Im Studium wird es nicht besser. Und wenn es eh der falsche Studiengang ist, bringen weder ein 1er Abitur noch Leidenschaft etwas.

Du kannst also keinen Sonderschüler in ein Mathematik-, Physik-, Chemie- oder Elektrotechnikstudium schicken, wenn die "Basis" nicht vorhanden ist. Zumeist können Menschen Defizite nicht kompensieren, da manche Studiengänge eben zwecks Pensum und Komplexität zu straff sind.

Würde man alles fair verteilen und Studenten genügend Zeit geben, dann würde mehr gehen. Aber bei uns ist immer alles so hektisch und gestresst. Es ist doch egal, ob ein Mensch unter der Regelstudienzeit studiert oder das Doppelte oder Dreifache dafür benötigt. Was soll denn weglaufen?

Ich selbst habe mir einmal Medizin von A-Z angeschaut.
Es ist sehr viel und kompliziert. Bei der Biochemie war ich raus. Ich kann zwar noch alle Knochen, Sehnen, Organe, Muskeln und Co. auf lateinisch, aber das Meiste konnte man sich ableiten. Bei der Komplexität der biochemischen Vorgänge war mir das zu viel. Man muss Dinge "verstehen" und anwenden können, nicht einprägen und dann nur ungeprüft nachplappern. Ich war auch schon Gasthörer, da mich fast alles interessiert.

Auch bei Jura habe ich einmal geschnuppert.

Letztendlich wird es wohl entweder Psychologie oder Soziologie werden.
Zuvor werde ich aber noch die fachgebundene Hochschulreife oder das Vollabitur ablegen müssen; ja "müssen". Manche Dinge kann man auch "nur" mit Fachabitur (Sozialwesen) an einer FH studieren. Andere Dinge nur an der UNI, aber dafür bräuchte man mindestens die fachgebundene Hochschulreife. Die Frage aller Fragen ist also auch, ob es einen Unterschied macht? Ich denke nicht.

Durch den langen Text, der aus der eigenen und beruflichen Erfahrung spricht, soll dir eben gezeigt werden, dass viele Dinge gar nicht so sind, wie diese erscheinen oder das System uns glauben lässt. Da jeder Mensch anders ist, kann man nicht pauschal alles mit dem Knüppel vereinen und dann verlangen, dass alle Menschen so sein müssen. Das war schon immer der falsche Weg.

Stelle dir einfach einmal die Frage, was denn in der Praxis ist, wenn es Menschen gibt, die gebildeter und schlauer sind, aber weder ein Fachabitur noch ein Vollabitur haben wollten. Insofern werden Menschen, ohne dass dies Dritte prüfen, vorab in Schubladen gesteckt und diskriminiert. Ich habe schon einige Tests ohne Vollabitur durchlaufen und bestanden. Wie kann denn dies nur möglich sein?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Von Experte notting bestätigt

Das Abitur alleine Qualifiziert die nicht dazu, auch das Studium zu bestehen.

Es zeigt aber, dass du dich ganz gut selber zum Lernen bewegen kannst und selbstständig dir auch Sachen erarbeiten kannst. Das brauchst du für das Studieren im allgemeinen.

Natürlich ist das Abitur keine Garantie, dass du es auch schaffst. Informatik ist schließlich einer der schwereren Studiengängen mit teils hohen Abbruchzahlen an der Uni.

Nur was spricht dagegen? Wenn dich Informatik interessiert, dann versuche es doch mal. Du kannst im Vorfeld ja schonmal anfangen etwas programmieren zu lernen.

Du wirst viel mathematik lernen müssen, wird aber anders wie an der Schule sein.

Ich selber habe das Abi, habe Informatik studiert, aber bin kurz vor dem bachelor ausgestiegen. Ich konnte mich nach Corona nicht mehr motivieren weiterzulernen.

ABER der Vorteil in der informatik ist, dass du nach Leistung nicht nach Ausbildung bezahlt wirst:) Dadurch bin ich mitlerweile in eine recht akzeptable Position gerutscht.

Kurz, ich würde es dir Raten, auch wenn es angst macht. Wechsel kannst du an der Uni übrignes recht schnell, solange es uniintern ist und du nicht exmatrikuliert wirst.


Psychopath2021 
Beitragsersteller
 08.02.2025, 16:05

Wieso hat die Firma dich ohne Abschluss angenommen?

dannyotti  08.02.2025, 16:09
@Psychopath2021

Frag die Firma mal:)

Ich bins halt anders angegangen. Ich habe nicht nur studiert. Ich habe nebenher selbstständig Software entwickelt und ein Online Versandunternehmen aufgebaut (nix großes, aber gutem Umsatz).

Damit konnte ich also schon 5 jahre erfahrung + ein fast vollständiges Studium nachweisen. Damit war ich qualifizierter, als manch Bachelor. Alle mussten sich einem Test unterziehen und ich war wohl einer der besseren;)

Dazu kommt noch, dass überall Informatiker fehlen. Wenn sich keiner bewirbt, muss man innovativ werden;)

Ich arbeite in einem internationalen Konzern mit mehreren Milliarden Umsatz im Jahr.

Unsinn. Die Eignung für einen speziellen Studiengang lässt sich nicht daran bemessen, ob ein Abitur absolviert wurde oder nicht.

Jeder, der tiefgehendes Interesse, Durchhaltevermögen, Disziplin besitzt und durchschnittlich intelligent ist wird dieses Studium schaffen.

Ein Abiturient, der sich für Medizin interessiert, aber überhaupt kein Interesse an Informatik hat, wird auch aus eigener Willenskraft heraus kein Informatikstudium durchziehen, sofern ihn die Faszination nicht doch noch während des Studiums packt.


Psychopath2021 
Beitragsersteller
 08.02.2025, 15:40

Ist das Studium Informatik fuer jeden Machbar, der durchschnittlich intelligent ist? Rein Intellektuell?

SeifenkistenBOB  08.02.2025, 15:45
@Psychopath2021

Habe kein Informatik studiert und auch keine Studien zu Informatik-Abbrechern gelesen. Aber pauschal kann man sagen:
Zum Studieren muss man nicht außerordentlich intelligent sein. (ist aber trotzdem hilfreich, wenn man es ist)

Psychopath2021 
Beitragsersteller
 08.02.2025, 15:47
@SeifenkistenBOB

Um ohne Qual angemessen Informatik zu studieren, muss man IQ 120 denke ich haben.

Also IQ 100 durchschnitt ist nicht sehr gut.

120 ist immer noch nicht aussergewohnlich.

SeifenkistenBOB  08.02.2025, 18:17
@Psychopath2021

Mag sein, dass Menschen mit einem durchschnittlichen IQ tendenziell mehr Schwierigkeiten im Studium haben und auch länger für den Abschluss brauchen, als Menschen mit hohem IQ. Es geht darum, einen Abschluss zu machen. Interessiert keinen, ob man da ein paar Semester mehr studiert hat und ein paar mehr Tropfen Schweiß und Tränen geflossen sind.

Allerdings glaube ich auch, dass der individuell empfundene Schwierigkeitsgrad stark mit den Abbruchquoten korreliert. Daher halte ich einen Studienabbruch für wahrscheinlicher bei jemandem, der ohnehin schon an der Machbarkeit des Ganzen zweifelt, als bei jemandem, der "gut durchkommt". Das heißt aber nicht, dass Menschen mit Schwierigkeiten automatisch ausscheiden und die Überflieger alles schaffen. Es gibt genug, die sich trotz Schwierigkeiten durchkämpfen, weil sie dieses Ziel erreichen wollen und es auch schaffen. Diese Schwierigkeiten können, müssen aber nicht mit dem IQ zusammenhängen.

btw:
Davon mal abgesehen, dass der Redditor keine Quelle für sein Zitat angegeben hat, wird hier von 'Software Engineers' und 'Computer Programmers' gesprochen, und nicht von 'Computer Science graduates'. Aus den drei Sätzen eine Schlussfolgerung zu ziehen ist auch gewagt. Aus der Aussage "Software-Entwickler haben diesen und jenen IQ" kann man ohne Weiteres nicht eindeutig auf die Ursache schließen "Software-Entwicklung braucht einen hohen IQ".
Das ist so wie: "Viele Ingenieure tragen Karohemden, daher musst du Karohemden tragen, um ein Ingenieur zu werden."

würde vorsichtig sagen ja. Ich habe nicht Informatik studiert sondern Physik. Jedenfalls hast du die richtigen Ingredienzien erwähnt:

  • Anstrengung
  • Wille