Wie artikuliert ihr euch?

10 Antworten

was haltet ihr für die beste Ausdrucksweise?

Das kommt auf die Situation bzw. die Zuhörer an. Ein Ausdruck ist gut, wenn er so unmißverständlich wie möglich ist. Gleichzeitig sollte er aber auch kurz sein. Ein richtig angewandtes Fremdwort kann die nötige Pregnanz aufweisen, allerdings muß die Nachricht beim Empfänger auch einwandfrei verstanden werden.

Hallo Schoolboy,
ich denke es macht nicht viel Sinn eine Artikulationsweise überall anzuwenden. Es gibt viele hochintelligente Menschen die aber wenig Einfühlungsvermögen in eine Situation haben. Wenn bei einer Freundin etwa ein lieber Verwandter gestorben ist und sie trauert und du kommst dann mit einer intellektuellen Diskussion über den Tod, geht das wahrscheinlich ins Auge. Andererseits hast du richtig beobachtet, dass trainierte Redner zwar allgemeinverständlich sprechen, aber oft Fremdwörter wie Klunker in ihre Rede einwerfen und diese , als ein Begriff gesetzt, dann verwenden um ihren Redezweck zu erreichen. Das Konzept funktioniert bei einer Trauerrede oder in der Politik. Bei letzterer erweckt man mit dieser Mischung folgendes Bild von sich selbst: Gebildet aber volksnah, Fähig komplizierte Sachen (Fremdwort!) einfach und auf deutsch zu erklären, also sympathisch und nicht abgehoben. In einer Trauerrede wird man auch nicht sagen das der Verstorbene mit jedem Krach anfing, sondern eher andeuten, dass sein Leben ein Kampf war. Das wird und kann in mehr als einem Sinn verstanden werden. Es gibt also neben der dir geläufigen, "gewachsenen" Sprechweise noch viele andere, die entweder beruflich oder schulisch geprägt wurden. Auch das Lernen von Fremdsprachen führt manchmal zur Übernahme von Fremdwörtern oder Satzkonstruktionen, weil sie viel einfacher als im Deutschen, einen komplexen Zusammenhang benennen. Einer meiner Grundsätze ist, dass jede Sprache auch eine bestimmte Art zu denken darstellt. Schließlich strukturiert die Sprache das Denken. Nur deshalb funktioniert Sprache auch, weil sie der wichtigste Weg ist, Gedanken zwischen Menschen zu übertragen. Ich hatte mal eine Arbeit, bei der ich ständig zwischen Deutsch, Englisch und Französisch wechseln musste, was zur Folge hatte, dass ich teilweise in den anderen Sprachen dachte, weil bestimmte Gedanken z.B. in Französisch viel einfacher auszudrücken waren. Englisch erschien mir wie eine Sprache die auf "Verhandlungen" spezialisiert wurde und komplexe Zusammenhänge gut vereinfacht darstellen kann. Französisch wurde einerseits zu eine Wissenschaftssprache par excellence entwickelt, andererseits war es aber mehrere Hundert Jahre lang die internationale politische Sprache. Ein Konsul oder Botschafter musste Französisch wie seine Muttersprache beherrschen. Heute verschwimmen die Sprachbilder sehr. Von Deutsch als Wissenschaftssprache ist fast nichts mehr übrig geblieben. Spätestens seit dem 2. Weltkrieg spielt Deutsch als internationale Wissenschaftssprache keine Rolle mehr. Natürlich spielt die innovationsfeindliche deutsche Industrie als Auftraggeber der Wissenschaft dabei ebenfalls eine Rolle. dafür bekommen wir durch Zuwanderung jede Menge neue Impulse, falls wir den sprachlichen Neuschöpfungen die zu erwarten sind, positiv gegenüber stehen. Du siehst, Sprache ist keine statische Angelegenheit, sondern wandelt sich entsprechend der Bedürfnisse. Als Beispiel könntest du den Simplicissimus in der Originalsprache zu lesen versuchen. Das kann man verstehen, ist einem aber wegen der für uns seltsamen Schwerpunkte der Sprache oft zuwider. Nachdem die Renaissancesprache von Shakespeare, von den deutschen Klassikern ins Deutsche übersetzt, der deutschen Sprache aus dem Schwulst des Barock geholfen haben und nur wenige Jahrzehnte später ein Hochdeutsch als gemeinsame Offizialsprache der Länder des deutschen Bundes eingeführt wurde, startete in Deutschland eine kulturelle Blüte, die zu vermehrter Konzentration auf Bildung führte und damit auch die Grundlage einer weltweiten Spitzenposition in der Wissenschaft schuf. Damals war es nicht nur für amerikanische Forscher wichtig, Deutsch zu lernen. Von dieser Spitzenposition gibt es heute aus diversen Gründen nur noch traurige Reste.

Die Verwendung eines Fremdworts sollte kein Selbstzweck sein, es sollte sich nicht nur "cool anhören". Es sollte genau die Information ausdrücken, die man rüberbringen möchte. Ich benutze z.B. das Wort Dativ anstelle von "Wem-Fall" - zum einen ist es kürzer, zum anderen ist es ein allgemein üblicher Begriff.

Fremdwörter sollten nicht dem Zweck dienen, den Leser zu beeindrucken oder zu verwirren. Manchmal sind sie nötig, manchmal kann man aber besser ein deutsches Wort benutzen: statt Hideaway würde ich in einer deutschen Zeitschrift lieber Zufluchtsort schreiben (oder Unterschlupf, je nach Kontext).

Ich artikuliere mich relativ normal. In Umgangssprache mit einigen gängigen Fremdwörtern, mit denen ich aufgewachsen bin.

Wenn sich einer zu akademisch ausdrückt, habe ich durchaus Verständigungsprobleme. Gossenslang muss auch nicht sein.

Du warst bestimmt nicht sehr beliebt in deiner Schulzeit, als du dich so eloquent ausgedrückt hast :)