Wenn Töchter in ihre Väter "verliebt" sind?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo mikbau,

dafür hat die Gesellschaft extra eine Schublade gebaut - und spricht häufig von einem "Ödipus-Komplex", das Thema damit auch ein Stück weit pathologisierend.

Wir Menschen haben ja so manche Features. So mag eine gewisse Nähe zu einem Menschen schnell eine Einheit mit dem Menschen bewusst werden lassen. Je nach individueller Wahrnehmung liegt da mehr oder weniger ein Fokus bzw. eine Intensität drin.

Sind wir z.B. Menschen gegenüber geneigt, mag solche Nähe richtig Gefühle "zünden". Wir empfinden diesen Moment als Verliebtheit. Dabei dürfen wir das Verlieben als den Moment der Wahrnehmung der Einheit betrachten - und die Gefühle sind Ausdruck dessen in uns.

Zwischen Eltern und Kindern - und nehmen wir hier Tochter und Vater als Beispiel - "menschelt" es aber: archaisch würde Nähe zu geneigten Menschen eher der Fortpflanzung dienen; doch dieses ist hier, wo es um nahezu gleiche Gene ging, eher gedämpft. So beobachten wir zwischen den Personen eher eine eingeschränkte Nähe, die in dieser Dämpfung nicht so "zünden" würde.

Es kann aber sein, dass diese Dämpfung individuell nicht sehr ausgeprägt ist. Dann "zünden" die Gefühle doch - und wesentlich mehr Nähe, als die Gesellschaft vielleicht erlaubt, mag entstehen.

Wenn es in der Tochter mehr "zündet" als im Vater, wäre der Vater vielleicht von dieser Nähe überrascht. Er darf sie aber wahrnehmen, zumindest etwas mehr Nähe, als das er angeboten hätte, anbieten, damit auch die Tochter in ihren Gefühlen verstehen. Es mag so eine sehr gute Freundschaft entstehen - und Eltern und Kinder dürfen ja immer sehr gute Freund*innen zueinander sein.

Ein Schwärmen mag wieder Ausdruck dieser Gefühle sein - und bewusst darf dann immer die Einheit als das gewisse Mehr sein. Und in Einheit gibt es weder Erwartungshaltungen noch irgendwelche eigenen Bedürfnisse, in denen jemand die jeweils andere Person benutzen würde.

Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
EarthCitizen20  30.12.2022, 15:05

Hallo mikbau,

hab vielen herzlichen Dank für den Stern. Ich freue mich sehr, wenn ich Dir habe helfen können.

Mit vielen lieben Grüßen
EarthCitizen

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cas65  20.01.2023, 09:46

Schöne Antwort. Zur Vollkommenheit nur noch das: Als Ödipuskomplex beschreibt C.G. Jung die Beziehung zwischen Sohn und Mutter. Das Tochter-Vater-Verhältnis nennt sich Elektra-Komplex.

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EarthCitizen20  20.01.2023, 10:12
@cas65

Und diese Komplexe halte ich pauschal für einen Anachonismus - und ggf. nur dann zu betrachten, wenn irgendwo eine Leidenssituation im Raum stünde.

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cas65  20.01.2023, 10:14
@EarthCitizen20

Nur dann ist es ein Fall, mit dem sich Psychiater beschäftigen sollten. Alles andere geht alle anderen nichts an, finde ich...

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Takumi2007  20.01.2023, 10:27
@cas65

Gibt es auch für die noch fehlenden 2 Konstellationen (Sohn und Vater, sowie Tochter und Mutter) Schubladen?

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EarthCitizen20  20.01.2023, 10:36
@cas65

Ich gehe davon aus, dass sich diese Schubladen nur für die Personen gebildet haben, die sich potentiell miteinander fortpflanzen könnten. Das war bei Personen gleichen biologischen Geschlechts wohl nicht im Fokus.

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cas65  20.01.2023, 10:42
@EarthCitizen20

Diese "Schubladen" Stammen aus der Zeit von C.G. Jung. Andere Konstellationen werden zu seiner Zeit so selten vorgekommen sein, dass sie für ihn keine Rolle gespielt haben. Und auch heute ist es eben noch die Norm, dass Menschen auf das ANDERE Geschlecht stehen. Und nein, Jung ging es da nicht primär um Fortpflanzungsmöglichkeit. Es geht bei dieser Betrachtungsweise auch darum, wie sich Partnerpräferenzen herausbilden. Und so besagt die Theorie, dass Erwachsene sich mitunter schon Partner wählen, die den andersgeschlechtlichen Elternteil in irgendeiner Weise ähneln. Ich aus meiner Sicht kann das zumindest bestätigen. Meine Mutter war eine zierliche, kleinere Frau. Und auch ich bevorzuge diesen Typus. Das heißt aber auch wieder nicht, dass das auf ALLE Menschen zutrifft. Es ist, wie gesagt, eine Theorie. Nicht mehr und nicht weniger. Fakt bleibt, dass eine Mutter die erste Frau im Leben eines Jungen ist - und der Vater der erste Mann im Leben eines Mädchens. Ob und inwieweit das präft und wie weit und intensiv diese Prägung geht - das ist das Spannende daran.

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Was bedeutet es, wenn man hört dass Töchter in ihren Vater "verliebt" sind

In der Regel nichts. Dass da wirklich eine inzestuöse Beziehung dahintersteckt ist enorm selten bzw. ist damit eigentlich nie gemeint.

Was gemeint ist, ist dass das kleine Mädchen seinen Vater einfach nur sehr sehr liebt und Daddy ein bisschen idealisiert. Das wird häufig bei kleinen Kindern unter 12 gesagt, wenn es einfach so das typische 'Daddys little Girl' ist und eine enorm enge Bindung zum Papa hat.
Das hat auch nicht wirklich was mit Sexualität wie du sie sehen würdest oder 'romantischer' Liebe zu tun. Gerade ganz kleine Kinder verkünden häufig, dass sie das Gegengeschlechtliche Elternteil heiraten wollen, was aber kein Ausdruck von irgendwelchen inzestuösen Phantasien ist, sondern das Kind greift in diesem Moment das Konzept von Ehe und romantischer Liebe auf und überträgt es auf die Person, die exemplarisch für Mann/Frau steht. Nämlich Vater bzw. Mutter.

st das nur ein Schwärmen oder geht es da in ihren Träumen um mehr?

Das ist schwärmen. Träume gibt es da in der Regel nicht, weil wir, wir gesagt, wenn sowas gesagt wird in aller Regel gar nicht die Absicht haben damit in Richtung einer inzestuösen Beziehung zu gehen.

Und wie sehen das die Väter?

Kommt auf den individuellen Vater an. In der Regel sind die aber zufrieden, wenn ihr kleines Mädchen sie ein bisschen verehrt. Ist ja auch echt nichts dagegen einzuwenden.

Lexa1  29.12.2022, 15:29

Gute Antwort 👍

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Das kam von Freud. Er hat Väter als „erste große Liebe“ ihrer Töchter bezeichnet. Wenn ich mich richtig erinnere, meinte er damit aber nicht die Liebe zwischen zwei Lebensgefährten, sondern lediglich, dass die Beziehung der Tochter zum Vater ihre Einstellung zur Männerwelt und auch ihre späteren Beziehungen maßgeblich beeinflusst. Und andersrum halt mit Söhnen und ihren Müttern.