Was sind Quantenmechanik und Quantenphysik genau?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo polborta,

Quantenphysik ist die Physik des Allerkleinsten.

In unserer Welt "der normal großen Dinge" treten keine Quanteneffekte auf. Die Quanteneffekte treten erst auf, wenn wir uns in den Bereich der Atome oder gar der subatomaren Teilchen begeben. Hier, in dieser Welt, treten jedoch alle diese Effekte auf und wir würden mit unseren Alltagserfahrungen völlig falsche Vorhersagen treffen.

Los ging das Ganze um das Jahr 1900 mit Max Planck. Planck hat versucht, eine Formel zu finden, die das Strahlungsspektrum eines heißen Körpers beschreibt. Diú kennst das sicher: Jeder Körper strahlt elektromagnetische Wellen ab, wobei die Verteilung über die Wellenlängen davon abhängt, wie warm er ist. Ein heißes Eisen, das der Schmied bearbeitet, ist z.B. weiß glühend; wenn es etwas abkühlt, glüht es nur noch rotorange. Wir selbst strahlen im Infrarot, weshalb wir mit einer Wärmebildkamera auch im Dunkeln gesehen werden können.

Planck hatte beim Suchen nach dieser Formel ein Problem: Er konnte alle möglichen Wellenlängenbereiche gut und übereinstimmend mit Beobachtungen beschreiben. Nur: Seine Versuche lieferten immer, dass im UV-Bereich (also zu kürzeren Wellenlängen hin) seine Kurven immer gegen unendlich gingen. Und das macht ja keinen Sinn. Kein Körper strahlt im UV-Bereich unendlich viel Strahlung ab. Das musste also falsch sein.

Planck konnte schließlich zeigen, dass seine einzige Chance, die Kurve im UV gegen Null gehen zu lassen, eine sehr merkwürdige Annahme voraussetzte: Die Annahme, dass Licht nicht jeden beliebigen Betrag an Energie tragen kann, sondern immer nur in Vielfachen kleinster Energiepakete. Diese Pakete, das sind die Quanten.

Planck führte eine Naturkonstante ein, das Plancksche Wirkungsquantum h und die gequantelte Energie eines Lichtstrahls ist dann

E= f * h (wobei f die Frequenz ist.)

Und das ist, so einfach diese Formel ist, etwas ganz Schräges. Denn auf einmal ist in unserer Modellvorstellung aus dem Lichtstrahl, also einer Welle, ein Strom aus kleinen Paketen geworden.

Planck sagt uns also: Licht ist auch so was wie Teilchen.

(Kleine Anmerkung hier: __Eigentlich__ hat Planck das damals als mathematischen Trick benutzt; er hatte noch keine "Lichtteilchen" im Sinn. Erst seine Nachfolger, Schrödunger, Heisenberg, Bohr,... haben diese von Planck eingeführte "Quantisierung" wirklich als reales Naturphänomen verstanden und als solches weitergedacht und die Quantenmechanik ausformuliert. Ist für's Verständnis aber wurscht.)

Das ist ein Bild, das Einstein nur wenige Jahre später - 1905 - wieder aufgriff, als er den bis dahin unverstandenen Photoeffekt erklärte. Beim Photoeffekt trifft Licht auf eine Metallplatte. Ab einer bestimmten Mindestfrequenz ist das Licht in der Lage, Elektronen aus dieser Platte herauszuschlagen, die man z.B. durch Anlegen eines elektrischen Feldes als Strom messen kann.

Wäre Licht nur eine Welle, dann ist das völlig unverständlich, denn eine Welle überträgt mit der Zeit immer mehr Energie - auch mit geringerer Frequenz hätten also irgendwann Elektronen freigeschleudert werden müssen.

Im Teilchenbild wird der Effekt verständlich: Erst, wenn jedes Energiepaket genug Energie mitbringt, um die Bindungsenergie der Elektronen zu überwinden, lösen sich die Elektronen.

Inzwischen haben wir eine ganze Reihe von Experimenten, die nachweisen, dass sich Licht unter bestimmten Umständen wie ein Teilchenstrom verhält, unter anderen Bedingungen aber sehr wohl wie eine Welle.

Mehr noch: Wir haben auch Experimente (z.B. am Doppelspalt) gefunden, die uns belegen: Dieser seltsame Welle-Teilchen-Dualismus gilt auch für die Elementarteilchen selbst.

Auch Elektronen verhalten sich in gewissen Situationen, wie eine Welle. Am Doppelspalt zum Beispiel. Oder - überlebenswichtig für uns - innerhalb von Atomen. Ein Elektron verhält sich im Atom wie eine stehende Welle, nicht wie ein Teilchen. Ohne den Wellencharakter der Elektronen wären Atome schlicht nicht stabil. Es könnte uns nicht geben.

In der merkwürdigen Welt des Mikrokosmos gibt es also etwas, was in unseren Größenordnungen keine Rolle mehr spielt:

Der Welle-Teilchen-Dualismus. Damit ist nicht gemeint, dass das Licht oder das Elektron mal das eine und mal das andere ist. Welle-Teilchen-Dualismus bedeutet: ein subatomares System hat sowohl Wellen- als auch Teilchencharakter. Es ist ständig "etwas", das es im Makroskopischen nicht gibt und das beide Eigenschaften vereint. Manche Experimente kitzeln eher den einen Aspekte zutage, andere den anderen.

Ist ein Elektron aber kein scharf umrissenes Teilchen mehr, sondern eine Welle (genauer gesagt: ein Wellenpaket), dann wird eine andere Grundaussage der Quantenphysik verständlich: Wir können bestimmte Größen eines Teilchens nicht gleichzeitig beliebig genau kennen. Wir können nicht gleichzeitig Ort und Impuls eines Teilchens beliebig scharf messen. Es gilt

Δr *Δp > ħ. (Heisenbergsche Unschärferelation)

Wichtig: Weil dieses Prinzip aus dem Wellencharakter der subatomaren Teilchen folgt, ist es kein Messproblem. Es ist eine fundamentale Eigenschaft der Natur - genau wie die oben beschriebenen Energiepakete selbst.

Die Natur ist auf allerkleinster Ebene nicht mehr scharf, sondern unscharf und sprunghaft. Ein Quantensystem muss sich erst durch Messung auf einen bestimmten Wert "feststellen". Vorher existieren alle Möglichkeiten und das Quantensystem ist unbestimmt.

Entsprechend beschreibt die Physik Quantensysteme mit Wellenfunktionen, die sich nach der von Schrödinger gefundenen Gleichung verhalten. (https://de.wikipedia.org/wiki/Schrödingergleichung#Schrödingergleichung_in_generischer_Form ) Sie beschreibt die zeitliche Veränderung von Wellenfunktionen unter dem Einfluss physikalischer Wechselwirkungen, die durch den "Hamiltonoperator" in dieser Gleichung dargestellt werden.

An der Stelle geht es jetzt aber wirklich sehr ins "Eingemachte".

Fazit:

Die Quantentheorie beschreibt die Welt des Allerkleinsten. Sie erkennt, dass man auf diesen Größenordnungen zu falschen Ergebnissen kommt, wenn man nicht berücksichtigt, dass es kleinstmögliche "Pakete" bestimmter Messgrößen wie der Energie gibt. Berücksichtigt man dies, ergeben sich einige überraschende Effekte, die unserer Alltagserfahrung zwar widersprechen, aber experimentell bestens nachgewiesen sind.

Wenn Du das genauer wissen magst, würde ich Dir das Buch von Brian Clegg: Quantentheorie in 30 Sekunden empfehlen. Das gibt einen wirklich sehr guten Überblick über die Ergebnisse der QM, über die beteiligten Physiker und die Geschichte der Physik dahinter - ohne Dich mit Formeln groß zu traktieren:

https://www.amazon.de/Quantentheorie-Sekunden-Pr%C3%A4sentation-bedeutsamsten-atemberaubend/dp/9089984909/ref=cm_cr_arp_d_product_top?ie=UTF8

Und dann verlinke ich Dir noch 2 gute Videos:

Hier zu den recht seltsamen Phänomenen der Quantenwelt:

https://www.youtube.com/watch?v=7BV0Fs4eM0I

(Darin geht es dann auch um die berühmte Verschränkung, auf die Du vielleicht schon wartest...=D )

Und hier ein Vortrag von Harald Lesch zum Thema:

https://www.youtube.com/watch?v=FwNV_e-Xz68

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU

Quantenphysik ist nach meinem Wissen ein Überbegriff für jegliche Physik, die etwas mit Quantenphänomenen zu tun hat, was Teilchenphysik, Festkörperphysik, Quantenmechanik, Quantenfeldtheorie und womöglich auch Stringtheorie mit einschließt. Die in den einzelnen Theorien verwendeten Modelle sind dabei unterschiedlich in ihrer mathematischen Struktur und ihrer Genauigkeit, beschreiben aber die gleiche Realität und sind untereinander kompatibel.

Die Quantenmechanik hingegen ist eine aktuelle (d.h. unwiderlegte und damit gewissermaßen gültige) und formal ausgearbeitete Theorie zur Beschreibung des Verhaltens von einzelnen Teilchen, wenn man relativistische und Mehrteilchen-Quantenmechanik hinzuzählt, auch die Beschreibung mehrer Teilchen.

Die Grundlage der Quantenmechanik sind sogenannte Wellenfunktionen, welche den Zustand eines Teilchens vollständig beschreiben. Sie stehen im Gegensatz zum Zustand eines Teilchens in der klassischen Mechanik, in dem ein Teilchen durch seine Position und Geschwindigkeit an einem Punkt festgemacht ist.

Wellenfunktionen haben einige Implikationen zur Folge, z.B. dass die Position eines Teilchens im Raum (sowie praktisch alle anderen Eigenschaften) nicht eindeutig feststeht sowie die Möglichkeit des Tunneleffekts oder der Interferenz von Wellenfunktionen.

Wesentlich für die Quantenmechanik ist außerdem die Definition einer "Messung", bei der die Wellenfunktion in einen bestimmten Zustand gezwungen wird, was zuweilen wie die Existenz von diskreten klassischen Teilchen wirken kann, da nur diskrete (quantisierte) Messergebnisse möglich sind.

Das ist natürlich die Kurzfassung und kann stellenweise verwirrend wirken. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Reggid  29.07.2018, 16:44
Die Quantenmechanik hingegen ist eine aktuelle (d.h. unwiderlegte und damit gewissermaßen gültige) und formal ausgearbeitete Theorie zur Beschreibung des Verhaltens von einzelnen Teilchen, wenn man relativistische und Mehrteilchen-Quantenmechanik hinzuzählt,

relativistische Quantenmechanik macht nicht wirklich so viel sinn, da die Quantenmechanik Erzeugung und Vernichtung von Teichen nicht beschreiben kann.

dazu benötigt man relativistische quantenfeldtheorie, welche fundamentaler ist als die Quantenmechanik.

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Astrobiophys  29.07.2018, 23:32
@Reggid

Relativistische Quantenmechanik und Quantenfeldtheorie sind thenatisch in der Tat ähnlich, ebenso verhält es sich mit Vielteilchen-Quantenmechanik und Quantenfeldtheorie. Der Unterschied besteht nach meinem Wissen eher in der Herangehensweise als an tatsächlichen Unterschieden.

Faktisch kann man auch die nicht relativistische Quantenmechanik als Quantenfeldtheorie aufsetzen, insofern könnte man auch komplett auf die Quantenmechanik als eigene Theorie verzichten, da es aber durchaus üblich ist Quantenmechanik als abgegrenzt zu beschreiben, habe ich das für meine Antwort auch so getan.

Relativistische Quantenmechanik ist auch ein Begriff, den ich in Lehrbüchern gefunden habe.

Ich will aber auch nicht behaupten die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Ich habe die entsprechenden Vorlesungen vor Jahren gehört und lese derzeit ein paar Bücher zum Thema um ein paar Wissenslücken zu stopfen. Praktische Anwendungen von relativistische Quantenmechanik kenne ich z.B. nicht.

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Reggid  29.07.2018, 23:54
@Astrobiophys

ich sage ja nicht dass es keine relativistische Quantenmechanik gibt. sie liefert für manche Probleme auch sinnvolle Ergebnisse (siehe dirac-gleichung und anomales magnetisches Moment des Elektrons von 2, was zumindest die erste Näherung darstellt und ganz klar vom klassischen Ergebnis abweicht.)

aber sie liefert nur die erste Näherung der vollen Rechnung in der quantenfeldtheorie, diese liefert nämlich noch weitere korrekturen. so erhältst du aus der dirac-gleichung z.B. nicht den exakten werte des anomalen magnetischen Moments 2,... oder z.B. auch nicht die lamb-verschiebung.

desweiteren ist sie wie schon gesagt für Systeme mit variabler teilchenzahl nicht anwendbar weil sie keinen Mechanismus zum erzeugen und vernichten von Teilchen kennt.

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polborta 
Fragesteller
 30.07.2018, 08:21

Das hat jetzt zwar nichts mit dem Thema zu tun, aber wie ich gelesen habe, forschst du an künstlicher Intelligenz. Nun wollte ich mal grob fragen, was du da genau machst. :)

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Astrobiophys  30.07.2018, 11:34
@polborta

Meine Forschung bezieht sich eigentlich mehr auf Biophysik und Astrobiologie. Ich bin neben der Promotion aber bei einem privatwirtschaftlichen Unternehmen als "Data Scientist" angestellt und dort erstelle ich derzeit Vorhersagemodelle im Bereich E-Sports. Einige dieser Modelle verwenden Neurale Netzwerke also im Sinne der Informatik-Definition "künstliche Intelligenz". Ich bin was das angeht aber mehr Quereinsteiger auch wenn es sicherlich Überschneidungen zur Numerik gibt, deren Anwendung Teil meiner Forschungsinteresses ist. Natürlich gibt es auch in der Biologie mögliche Anwendungen von Neuralen Netzwerken (z.B. zur Identifikation von Genen) aber da ich keine Anschluss an eine Forschungsgruppe mit entsprechendem know-how habe sehe ich mich noch nicht in der Lage da etwas sinnvolles zu publizieren.

Um das Off-Topic auszuweiten: Was machst du denn so? ...und gibt es einen bestimmten Grund für das Interesse?

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Quantenphysik (früher Quantenmechanik genannt) ist der Teil der Physik, der sich mit dem Allerkleinsten befasst und aufgedeckt hat, dass dort zufälliges Geschehen eine große Rolle spielt.

Er zeigt und erklärt uns Aspekte der Natur, die sich klassische Physik — so nennt man die Physik vor 1900 — einfach nicht vorstellen konnte.

Die moderne Computertechnologie wäre ohne Quantenphysik undenkbar.

Guter Einstieg in die Quantenphysik

Wer ein wirklich interessantes, sehr gut verständliches, aber dennoch genaues Buch über Quantenphysik zu lesen sucht, der nehme

      Silvia Arroyo Camejo: Skurrile Quantenwelt

Die Autorin hat es im Alter von 17-19 Jahren geschrieben (noch vor ihrem Abitur), hat sich alles selbst angeeignet und schreibt besser und klarer als die meisten Hochschullehrer: Und das ist wirklich so!

Ihr Buch ist gut gegliedert, so dass fast jeder Abschnitt auch einzeln verstanden werden kann (jeder Abschnitt besteht aus 1, 2, maximal 3 Seiten und beantwortet die in seiner Überschrift genannte Frage).

Sie beschreibt so auf einheitlicher Abstraktionsebene die gesamte Quantenphysik. Die wenigen Formeln, die im Test vorkommen, versteht jeder Oberschüler.

Ich habe nie ein besser gestaltetes Buch gesehen, was wohl der Grund ist, dass es im renommierten Springer-Verlag erschien.