Was macht eine gute Leitfrage aus?

3 Antworten

Hi Dada,

im echten Leben sage ich etwas, weil mich eine bestimmte Regung dazu drängt. Das kennst du sicher, jemand behauptet etwas, und bist begierig, zu antworten/widersprechen. Und wirst ungeduldig, wenn du nicht zu Wort kommst.

Auch wenn du "noch" in der Schule bist, und das ganze nur zur Übung dient, so hast du das mit der Leitfrage schon gut verstanden. Letzlich dient sie natürlich nur dazu, die Zuhörer per Frage einzugangen, damit sie bei der Leitaussage noch zuhören.

Und wenn wir beim Beispiel Evolution des Menschen bleiben, so erarbeitest du dir erst mal den Stoff. Mit ein bisschen Aufmerksamheit hast du vielleicht ein Aha-Erlebnis gehabt. Ich hatte mal ein solches bei der Lektüre des Buches "Der Strom, der bergauf fließt". Das ist als Metapher für die Evolution zu verstehen. Da hieß es, dass man nicht nur die Frage stellen sollte, wozu das große Gehirn des Menschen gut ist, sondern auch wie er sich das überhaupt leisten kann.

Bei einem Vortrag hast du immer ein gemischtes Publikum. Einige wissen sowieso schon alles, andere lernen ein bischen dazu, und andere wissen auch nachher nichts. Ein guter Vortrag gibt auch der ersten Gruppe neue Denkanstößé, bringt die zweite Gruppe vielleicht 2 statt einen Schritt weiter, und bringt vielleicht ein Mitgleid von Gruppe 3 zu Gruppe 2.

Und dazu braucht es einen Bogen, von der Leitfrage, über die Fakten, die immer wieder mit der Leitfrage in Verbindung gebracht werden, zu Leitantwort. Klar wird das nicht perfekt laufen, aber es geht ja darum, das Thema irgendwo anzubinden, und das muss man üben. Und ist auch schoh die hohe Schule.

Und noch ein Tipp: Provokante Thesen wie 2) sind nicht zu empfehlen. Außer du hast dazu eine provokante Antwort, "JA, und alle die das nicht glauben, sind religiöse Spinner". Also eher nicht.

Als Zusammenfassung: Die Leitfrage folgt immer aus der Leitidee. Was willst du vermitteln. Außer Fakten.

Viel Erfolg, Zoelomat

Dada502 
Fragesteller
 11.08.2014, 00:46

Danke Zoelomat für deine ausführliche Antwort. Eigentlich zielte meine Frage darauf ab, was denn nun eine gute Leitfrage ausmacht. Gern hätte ich ein paar konstruktive Beispiele gehabt zu verschiedenen Themenbereichen/Fächern. Dazu so ein bisschen Diskussion, da ich mir vorstellen kann, dass es große Uneinigkeit zu den verschiedenen Fragenstellungen gibt.

Ungefähr so, wie du das mit deinem Tipp zu Leitfrage 2 gemacht hast. Vielen Dank dafür. Ich finde es sehr interessant, dass du die These als provokant ansiehst und auf die religiöse Diskussion anspielst. Aber stimmt. Ich habe nicht dazu geschrieben, dass ich das Fach Biologie im Kopf hatte. :-) Dort ist die Leitfrage wohl eher nicht als Provokation zu verstehen, da hier aktuell gilt, dass der Mensch nicht vom Affen abstammt, aber beide gemeinsame Vorfahren haben.

Hast du vielleicht ein paar Beispiele, die du als gute Leitfragen ansiehst? Würde mich echt freuen.

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Zoelomat  11.08.2014, 02:06
@Dada502

Ich will ja gerade darauf hinaus, dass du dir erst mal den Stoff erarbeitest und dabei einen für dich neuen/interessanten Aspekt entdeckst. So einen Knackpunkt wie

  • das hab ich ja noch nie gehört
  • das hätte ich nie erwartet
  • das hab ich noch nie so gesehen
  • das würde ja bedeuten, das ...
  • wenn man das so betrachtet ...

Nun gut, du wirst dich für einen Vortrag nicht wochenlang zurückziehen und lesen. Und so wird es nicht unbedingt die überragende Erkenntnis sein, die den Aufhänger bildet. Vielleicht nur etwas, was du früher immer nur halb verstanden hast, und dir plötzlich klar wurde.

Aber es sollte aus dir kommen. Das ist ja gerade Zweck der Übung. Eine objektiv vernünftige Leitfrage führt zu einem objektiv vernünftigen Vortrag. Der Fachbegriff dafür ist langweilig ;-)

Ein Vortrag sollte aber packend sein, du packst die Zuhörer mit deiner Botschaft. Auch wenn sie nicht optimal ist, sie ist deine. Darum geht es.

Probier es doch einfach aus. Stelle die Leitfrage an den Anfang, habe den Mut, die Hälfte der Fakten einfach rauszuschmeißen, wenn sie nicht dazu passen, und schwenke zur Zielgraden der Leitantwort.

Ein vernünftiger Lehrer wird schon mitkriegen, was du getan hast, und dir nicht vorwerfen, dass dein Vortrag unvollständig war. Oder er bohrt ein bisschen nach, ob es Absicht war. OK, ein paar Minderbemittelte gibt es auch unter den Lehrern. Aber denen sollte man sich gerade nicht anpassen.

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Sehr sinnvolle Frage, DH!

Eine Leitfrage ist die Frage, auf die das Referat die Antwort liefert. Es ist also die Formulierung des Referatsthemas in Frageform. Deshalb gibt es hier kein richtig oder falsch, genauso wenig wie bei der Wahl des Referatsthemas. Wen du in deinem Referat darüber erzählen willst, was den Menschen vom Affen unterscheidet, wählst du die erste Leitfrage, willst du hingegen Argumente pro und contra Abstammung des Menschen vom Affen bringen, dann wählst du die zweite. Kurz: Erst das Thema wählen, dann eine passende Leitfrage formulieren.

Moin,

das liest man wirklich viel zu selten, dass sich der Fragesteller Gedanken gemacht hat und nicht einfach eine schnelle Lösung haben will, DH auch von mir!

PhotonX hat eigentlich schon alles gut zusammengefasst. Mein Tipp wäre es, die Leitfrage nicht unbedingt im Voraus fest zu formulieren. Eine ungefähre Vorstellung sollte man haben, meist hängt diese ja bereits mit dem Thema zusammen, und auf Basis dieser kann man dann die Argumente und Daten präsentieren, aufarbeiten und am Ende zu einem Schluss bringen, der dann die Antwort auf die Leitfrage ist.

Wenn man zu sehr versucht, ein Referat an Kriterien, Leitfrage etc. auszurichten, wirkt es leicht etwas hölzern und am Ende wird es weniger gut, weil man die eigene Kreativität vielleicht in die falsche Bahn drücken will.

Prinzipiell gilt: Sollte zum Referat passen und einen roten Faden bilden, außerdem das Interesse anregen und am Ende zu einer befriedigenden Antwort/These hinführen.

mfg Nauticus

Dada502 
Fragesteller
 11.08.2014, 00:54

Hallo Nauticus,

vielen Dank für deine Antwort. :-) Ich stimme dir in allen Punkten zu.

Interessant finde ich, dass du schreibst "sollte zum Referat passen". Ich dachte eigentlich, dass sich das Referat nach der Leitfrage richten sollte. Was meinst du dazu?

Hast du noch einen Tipp, wie man denn auf die Frage kommt. Gibt es da irgendwelche Anhaltspunkte? Bestimmte Fragewörter, die sich als sinnvoll erweisen (so als ersten Anhaltspunkt)? Oder vielleicht mal ein Beispiel für eine sehr gelungene Leitfrage zu irgendeinem Thema? Und als Abgrenzung dazu noch ein schlechtes Beispiel?

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Nauticus  11.08.2014, 01:36
@Dada502

Natürlich kann man die Frage vorgegeben bekommen. Aber zumindest in der Schule/später Uni etc. ist es in der Regel so, dass man ein Themengebiet vorgegeben bekommt und dann in diesem eben einen bestimmten Sachverhalt wählt, den man anhand dieser Frage erklärt.

Ich hatte beispielsweise einmal eine Facharbeit über den Zweiten Weltkrieg zu schreiben. Als "Gegenstand" habe ich mir dann den Überfall auf Polen herausgesucht, dann erst einmal grob die Fakten verschriftlicht und mir eine Gliederung gemacht. Die Leitfrage kam mir dann erst dadurch in den Kopf, war dann etwas in der Richtung "War es wirklich ein Überfall", ich konnte so schön den Kriegsbeginn "tiefgründig hinterfragen", zumal ich auf ein paar interessante Quellen gestoßen war (in dem Fall ein paar rechte Heinis, da konnte man schön ein paar kritische Tatsachen darstellen und gleichzeitig deren Argumentation widerlegen).

Abgeschweift. Also, Leitfrage und Referat müssen natürlich zueinander passen, aber ich persönlich finde es unpraktisch, vorher über eine Leitfrage zu brüten - wenn es einem liegt, kommt so etwas vielleicht beim Schreiben oder Zeichnen des groben Entwurfes. Allerdings ist das bei manchen naturwissenschaftlichen Fächern natürlich anders, wenn man irgendwelche mathematischen Beweise durchführen soll etc. Wenn es aber eher auf die Argumentationstechnik und einen guten Text ankommt als auf rein sachliches Vorgehen, finde ich so ein hölzernes Entlanghangeln nicht wirklich gut.

Tipps dazu sind immer so eine Sache - in der Schule kommt die ganze Sache am Ende auf den Lehrer an und wie der es möchte. Wenn der eine starre Argumentation weswegen auch immer bevorzugt, dann ist das hier eben alles für die Katz gewesen ;-)

Ich finde deine Leitfragen oben schon ganz gelungen; Nummer 1 ist vielleicht ein bisschen zu einfach ausgedrückt, das hört sich so nach einer Gemeinsamkeiten/Unterschiede-Tabelle an - aber auch eine einfache Leitfrage kann manchmal angebracht sein. Die Leitfrage an sich sollte gut im Referat integriert sein, ermöglichen, viele Aspekte vom Thema aufzuzeigen, und am Ende im besten Falle eine Antwort ermöglichen, die gleichzeitig eine kurze rückblickende Zusammenfassung auf das Referat darstellt; ansonsten nur die üblichen Tipps, damit irgendwie die Aufmerksamkeit der Leser/Zuhörer zu wecken, aber gleichzeitig auf "wissenschaftlichem" Boden zu bleiben.

Etwas forzuvormulieren ist da wohl wenig sinnig, das ist wie gesagt immer eine Sache der eigenen Ansicht, des Themas und Umfanges.

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Dada502 
Fragesteller
 11.08.2014, 01:54
@Nauticus

Danke für die Antwort. :-)

Übrigens fand ich deinen Absatz mit deiner Facharbeit ziemlich interessant und gar nicht "abgeschweift".

Dass man so eine Leitfrage, die einen dann auch wirklich weiterbringt im Forschungsprozess, erst nach einer gewissen Einarbeitung ins Thema findet, sehe ich genau so. Nur leider wollen immer mehr Lehrer schon vor der endgültigen Themenvergabe eine ausformulierte Leitfrage. So z.B. gleich vier verschiedene für die Präsentationsprüfung fürs Abi in BW.

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Nauticus  11.08.2014, 02:27
@Dada502

Im Abi kann das sein, ich hab meins vor nicht allzu langer Zeit in Hessen gemacht, allerdings persönlich keine Präsentationsprüfung, die war bei uns optional. Da musste man vorher die gesamte Gliederung abgeben und die ganze Präsentation kurz vorher schriftlich und mit Verlaufsprotokoll, sowie das ganze Material am Besten nochmal auf Steintafel, falls die moderne Schultechnik versagt... mir fällt gerade wieder ein, warum ich das nicht gemacht habe ;-)

Nun ja, ist das Abi, da muss man wohl oder übel vorher schon eine ziemlich breite Vorbereitung machen. Schriftlich Bio/Geschichte/PoWi könnte ich noch etwas zu sagen, Präsentationsprüfung leider nicht aus eigener Erfahrung. Ach ja, noch das: Auf den Lehrer achten und wie der es in seinen Klausuren gemacht hat/haben wollte. Das kann bis zu drei Punkte plus/minus ausmachen, tragischerweise.

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