Was ist der Unterschied zwischen einem Gesetzesstaat und einem Unrechtsstaat?

13 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Dazu müßte man sich erst einmal auf eine allgemein gültige Definition einigen, sobald man nämlich unterschiedliche Auffassungen zu dem Thema hat, wird man sich mit einer Erklärung niemals zufrieden geben...:-)

Wo kommt denn dieser Begriff her? Er ist der aus der Zeit, als sich das Bürgertum bildete und sich gleichzeitig gegen die Allmacht des Adels erhob, als man die Barrikaden errichtete und Herrschaftssitze stürmte forderte man zuerst Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit, meinte aber eigentlich die Schaffung eines Staates, der die 'gemeinen Bürger' einem Gemeinwohl unterstellt (res publica), also die Freiheit und das Wohlergehen seiner Bürger fördert und schützt. Das drückt sich in den bürgerlichen Verfassungen der Nationalstaaten des 19. Jh. aus...

Der Rechtsstaat ist aber in so einem - dem Gemeinwohl verpflichteten - Staat nur noch ein formales Prinzip, das die Rechtmäßigkeit der Verwaltung und den Rechtsschutz der Bürger innehat. Die Unabhängigkeit der Justiz, seiner Organe und vor allem der Rechtshelfer also Justizangestellten bis hin zum Richter, drückt sich in der Gewaltenteilung aus und ist elementarer Bestandteil aller parlamentarischen Demokratien.

Sobald die politische Administration direkten Einfluß auf die Judikative ausübt, also Urteile oder Entscheidungen vorbestimmt, ist die Rechtsstaatlichkeit außer Kraft gesetzt. Und diese Auswirkungen sieht man ganz aktuell sehr schön im Protest der Ägypter wie im Entsetzen der Europäer über die Vorgänge in Ungarn.

Bitte nicht mit 'recht haben' oder 'recht bekommen' vergleichen, Nicht-Juristen verwechseln sehr gerne Gerechtigkeit mit Rechtsprechung...in dubio pro reo (Im Zweifel für den Angeklagten) wird dann schnell zu einem Versagen der Justiz erklärt, gerade dieser Grundsatz ist aber bestimmend für das Rechtsverständnis...

Yhridleya 
Fragesteller
 16.04.2013, 22:02

Eigentlich hat mich hier keine Antwort wirklich überzeugt, geschweige denn mir helfen können. Jeder meinte nur auf der DDR rumhacken oder seiner eigenen Unzufriedenheit Luft machen zu müssen.

Was ein Rechtsstaat ist, weiß ich. Ich habe ledigilich nach einer Abgrenzung des Rechtsstaates zu einem Unrechtsstaat bzw. zu einem Gesetzesstaat gebeten. Denn da gibt es Unterschiede laut der Fachliteratur. Jedoch war mir die Literatur, die ich bekommen und lesen konnte bezüglich dieser Agrenzung noch zu schwammig, sodass mir nicht ganz klar wurde, was nun der Unterschied zwischen einem Unrechts- und einem Gesetzesstaat sein soll. Gesetzesstaat ist hierbei kein Synonym für Rechtsstaat! Diese Begriffe sind also nicht meiner Fantasie entsprungen und ich habe mich vorher bereits versucht schlau zu machen. Darum sind Links zu wikipedia relativ witzlos...

Ich habe diese Frage gestellt, weil ich ein Referat darüber halten sollte und nicht, weil ich Meinungen zur DDR oder anderen Staaten einholen wollte.

Diese Antwort hier von Kaimosi scheint mir eine recht objektive zu sein, wenn auch meine Frage damit nicht beantwortet wurde. Ein kleiner Hinweis noch: das Rechtsstaatsprinzip (auf die BRD bezogen) hat nicht nur eine formelle, sondern auch eine materielle Seite. Mehr dazu kann jeder selbst für sich erlesen, wenn man denn die Lust und das Interesse dazu hat.

Danke trotzdem für die vielen Antworten! Bei der ein oder anderen waren ja zumindest Erklärungsversuche dabei.

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Oder der Unterschied zwischen einem Apfel und einem Baum.

Auch Unrechtsstaaten haben Gesetze, sind somit auch ein Gesetzesstaat. Vermutlich meinst du aber damit Rechtsstaat.

Als Unrechtsstaat bezeichnet man gemeinhin Staaten, in welchen das Gesetz gebeugt wird, die Rechtssprechung willkürlich gehandhabt wird, oder duch politischen Druck beeinflußt wird.

Der Rechtsstaat indessen hat eine unabhängige Justiz. Das bedeutet zwar nicht zwangsläufig, dass stets im Sinne des Gesetzes geurteilt wird, sondern bedeutet lediglich, dass der Richter keine Rechenschaft (nicht zu verwechseln mit der Urteilsbegründung) über das gefällte Urteil abzugeben braucht und keine beruflichen Sanktionen aufgrund seiner Urteilsfindung zu befürchten hat. Darüber hinaus gibt es in einem Rechtsstaat natürlich auch die Möglichkeit, das Urteil durch weitere Gerichte Gerichtshof überprüfen zu lassen (Revision).

Man mag solche Spielregeln (Gesetze) als nicht ausreichend erachten oder die Handhabung (Rechtssprechung) kritisieren. Im Bezug auf manche Antworten hier, gewinne ich aber den Eindruck, dass die Sichtweise sehr ideologisch geprägt ist und der Argumentation folgend ein scheinbares Unrecht durch ein ideologisch geprägtes Unrecht ersetzt werden soll.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Insiderwissen
Yhridleya 
Fragesteller
 16.04.2013, 21:46

Gesetzesstaat ist nicht gleich Rechtsstaat. Ich habe mich mit diesem Thema beschäftigen müssen, weil ich ein Referat zum Thema "Rechtsstaat" verfassen und dort eben die Abgrenzung zum Unrechtsstaat bzw. Gesetzesstaat aufzeigen sollte. Die Begriffe stehen in der Fachliteratur fest und sind nicht meiner Fantasie entsprungen.

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Immofachwirt  18.04.2013, 14:00
@Yhridleya

Gesetzesstaat wir in der Fachliteratur keinesfalls verwendet, sondern ist ein politischer Begriff, der bestenfalls dann Einzug in die Literatur findet, wenn jemand zitiert wird, oder sich gegenüber einem mißliebigen System (Gesetzesstaat) durch den Begriff Rechtsstaat abzuheben.

Insofern ist es nicht erstaunlich, dass die Nationalsozialisten von der Weimarer Republik als Gesetzesstaat sprachen und die Opposition in der NS-Zeit von dieser als Gesetzesstaat sprachen. Dennoch bleibt es ein künstlicher, politischer Begriff.

Den Unterschied zwischen dem sog. Gesetzesstaat und einem Unrechtsstaat habe ich in meinem zweiten Satz dargestellt. Ein Unrechtsstaat ist immer auch ein Gesetzesstaat, jedoch bedeutet dies nicht, dass ein Gesetzesstaat auch ein Unrechtsstaat ist, wenngleich der Begriff überwiegend in diesem Zusammenhang verwendet wird.

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Diese angebliche "Unterscheidung" ist zumeist rein politische, ideologische Polemik, "sogn. "Feindstaaten " sind immer Unrechtsstaaten und das hat man auch gut in der Debatte zwischen BRD und DDR einseitig ideologisch kämpferisch ausgerichtet erfahren dürfen und dann gibt es noch die "Schurkenstaaten" etc.

Der Faschismus basierte ebenso auf "Gesetzen" wie eine vorgebliche "Demokratie", nur sind die Gesetze anders ausgelegt und beschänken andere Freiräume und Gebiete, dadurch das es Gesetze gibt (was manche Richter und Juristen gerne hätten als spitzfindige Defintion) ist noch lange weder eine Demokratie, echte Mitbstimmung ode r angebliche "Freiheit "abgesichert, ...

eine angebliche wahre Demokratie wie die USA hat sich nie darum gekümmert, wie die Staaten mit denen sie zusammenarbeiten wollten aufgstellt waren,

auch wie nachfolgend (aus einem Text über Gewerkschaftsarbeit) wird manchmal über Juristen "geurteilt" udn ihre beschränkte Wahrnehmung beschrieben:

"Wer bis zur psychischen Deformation (als Jurist) trainiert wird, die Welt in eine Reihe nicht zusammenhängender Einzelfälle zu zerlegen, wird politische Zusammenhänge in der Urteilsfindung nur schwer bewusst berücksichtigen, er wird den Zusamenhang gesamtgesellschaftlicher Konflikte kaum verstehen und sich aus Unsicherheitsängsten in einen Harmonieglauben flüchten, .."

Zunächst sei die Frage erlaubt, was Recht überhaupt ist. Dazu ein Zitat aus Wikipedia

Recht bezeichnet im objektiven Sinn einen abgrenzbaren Teilbereich der Gesamtheit gesellschaftlicher Normen (→ Objektives Recht) und im subjektiven Sinn eine (sich aus dem objektiven Recht ableitende) Befugnis des Einzelnen (→ Subjektives Recht).[1]

So. Nun musst Du Dir nur mal das Feature des Deutschlandfunk vom jeweils 12. und 14.04 um 20:05 Uhr anhören um feststellen zu können, wie schwierig es ist eine genaue Definition zu tätigen. Festgestellt wird in beiden nicht der vorauseilende Gehorsam von Volljuristen. Sowohl in dieser Zeit als auch heute. Weltweit. Aber Das ergibt sich dann automatisch.

Ein Rechtsstaat kann also nur dann vorhanden sein wenn es eine freie Justiz gibt, frei von politischen Einflüssen. UND, das erscheint mir wesentlich, eine Gesellschaft die auf Einhaltung gegebenen Rechts nicht mal besteht sondern dieses einfach nur anerkennt. Als Beispiel sei hier nur der Umgang unserer Gesellschaft mit der nachwachsenden Generation genannt: 70% der Deutschen befürworten die Prügelstrafe obwohl diese einer strafrechtlichen Verfolgung bedürfte. Das setzte aber voraus, dass Ärzte festgestellte Schäden anerkennen, diese melden, es zu einer strafrechtlichen Verfolgung alleine schon aufgrund ausreichendem Personal der Organe des Öffentlichen Rechts kommen könnte. Mal abgesehen von der Personalsituation der Jugendämter die skandalös ist und der Abhängigkeit dieser Ämter von den politisch Gewählten. So gibt es zwar in unserem Land das Recht auf strafrechtliche Verfolgung der genannten Taten, es zu bekommen ist aber mehrheitlich nicht möglich. Denn die Gesellschaft hat mehrheitlich kein Interesse daran. Es ließe sich zwar einerseits diesbezüglich von einem Rechtsstaat ausgehen. Andererseits wird dieser aber nicht gelebt. So beißen sich Theorie und Praxis. Und schon hängt die Einordnung von der Sichtweise ab.

Einen "Unrechtsstaat" gibt es nicht. Den Begriff kann man weder juristisch noch wissenschaftlich begründen. Die Menschen die den Begriff heute noch verwenden, meinen immer die DDR. Sie vergessen dabei, dass auch noch andere heute noch existierende Länder gehört haben. Diese werden jedoch heute nicht konkret angesprochen.

Yhridleya 
Fragesteller
 16.04.2013, 21:50

Bloß komisch, dass es dann zu genau diesem Thema Fachliteratur gibt... die zwei Bsp mit Hitler und DDR habe ich nur hinzugefügt, um damit ggf. die Beantwortung der Frage zu erleichtern. Ich wollte hier jedoch weder auf dem NS-Regime noch auf der DDR rumreiten. Schlicht und einfach wollte ich eine klarere Abgrenzung beider Begriffe.

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