Was ist aus Artikel 13 jetzt geworden?

2 Antworten

Meiner persönlichen Meinung nach sind schon einige der Befürchtungen wahr geworden, auch wenn ich keineswegs sagen kann, in wie fern Artikel 13 an den Zuständen wirklich schuld sind.

Fakt ist: Es ist so, dass die Plattformen alle Algorithmen verwenden, welche den Content scannen und ggf. ablehnen. Egal ob sie den Beitrag wegen einer vermeintlichen Beleidigung klar verbieten, YouTube die Monetarisierung sperrt oder Beiträge einen Shadow Ban erhalten oder einfach förmlich gar nicht geklickt werden (insbesondere bei TikTok, wo 90% der Videos über den Algorithmus verteilt werden).

Ich habe erst gestern ein Videos von Simplicissimus auf YouTube gesehen, wo es um China und Foltermethoden ging:

https://youtu.be/REBqwWwBphk

Hier wurde der Begriff "Suizid" wieder einmal eindeutig zensiert, weil die Videocreator wissen, dass YouTube diesen Begriff erkennen kann und die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass das Video bei der Prüfung scheitert und sie für den hohen Aufwand nicht entlohnt werden. Es ist ja noch schlimmer: Die Creator wissen das ja und planen sowas ein, d.h. sie laden ihre Videos schon viel früher hoch und schneiden ihre Videos teils mehrfach so zurecht, dass YouTube nicht mehr meckert. Und genau sowas wurde bei den Diskussionen rund um Artikel 13 kritisiert. Genau so etwas fällt unter den Begriff "Uploadfilter".

Klar ist das nicht das Ziel der EU gewesen, klar ist das eigentliche Thema Urheberrecht. Klar ist aber auch, dass viele wie auch ich schon damals befürchtet haben, dass es eben nicht dabei bleibt und die Plattformen sowieso verpflichtet werden, Uploadfilter zu implementieren und es dann nicht mehr weit weg ist, eben auch politische Inhalte zu filtern usw. Und genau das ist passiert - ob wegen Artikel 13 oder nicht, das kann ich keineswegs bewerten. Es zeigt mir dennoch, dass die Proteste damals vollkommen gerechtfertigt waren und ein solcher Zustand nicht gut ist.

Mittlerweile sind wir so weit, dass ich auf vielen Plattformen wie gestern noch YouTube das Wort "ekelig" mit einem großen i statt einem l schreibe, damit die Filter meinen völlig harmlosen Kommentar nicht wegfiltern. Es ist mir schon zich mal passiert, dass ich meinen eigenen Kommentar trotz Link nicht mehr gefunden habe. Ständig erhalte ich Benachrichtigungen, dass jemand meinen Kommentar geliked hat, klicke auf die Benachrichtigung, komme aber ins nichts. Ob das nun ein technisches Problem ist, welches über Jahre besteht? Möglich. Ich vermute aber ehrlich gesagt eher, dass das passiert, weil die Kommentare gefiltert werden. Dass man nicht einmal "ekelig" schreiben kann und befürchten muss, zensiert zu werden, ist einfach kein Zustand, den ich in einer liberalen Welt für gut empfinden kann.


TJDettweiler 
Beitragsersteller
 26.02.2025, 12:29

Und, ich bin kein Jurist, aber vielleicht haben Schlagwörter wie Suizid etwas mit dem Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung zutun. Ist nur Spekulation

TechnikSpezi  26.02.2025, 12:45
@TJDettweiler

Nein, und Suizid ist ja nur ein Beispiel. Andere Kanäle wie Meinungsblogger zensieren alle möglichen Wörter, von "Schei*e", "Hitler", "Krieg" oder sonst was.

Sorry, wir müssen über Krieg reden können, der aktuell sehr präsent ist, ohne, dass man dafür bestraft wird.

Und dass Youtube das gemacht hat ist hauptsächlich wegen der Monetarisierung. Werbekunden wie CocaCola haben kritisiert, dass deren Werbung vor kritischen Videos läuft. Daher wie gesagt: Artikel 13 hat das sicher nicht alles verursacht. Aber die Zustände, die wir befürchtet haben, sind in vielen Aspekten genau da, wo Kritiker wie ich nie hin wollten.

TJDettweiler 
Beitragsersteller
 26.02.2025, 12:55
@TechnikSpezi

Ja, schon. Das ist alles nicht Werbefreundlich und wollen die Unternehmen ihre Werbung nicht drauf schalten. Dadurch bekommt man ja die Einnahmen.
Trotzdem hat das ja nichts mit Urheberrecht zutun.

Artikel 13 ist Urheberrecht.

TechnikSpezi  27.02.2025, 11:39
@TJDettweiler

Wie im obigen Kommentar schon erwähnt: Nur, weil es das erklärte Ziel ist, heißt das überhaupt nicht, dass andere Themen nicht darunter leiden können.

TJDettweiler 
Beitragsersteller
 27.02.2025, 12:09
@TechnikSpezi

Doch.

Weil dieses Gesetz nicht Uploadfilter eingeführt hat. Uploadfilter und Algos gab es schon vor diesem Gesetz und wären auch ohne dieses Gesetz weiter ausgebaut und weiterentwickelt worden. Warum? Weil Social Media weltweit immer mehr zu einem Geschäft wurde. Da hat dieses Gesetz das für die EU Staaten gilt nichts mit zutun.

Oder sind die Probleme die du ansprichst etwa nur innerhalb der EU so?

TJDettweiler 
Beitragsersteller
 26.02.2025, 12:22

Ja, aber das alles hat ja nichts mit Artikel 13 zutun. Artikel 13 fordert keine Uploadfilter perse sondern ist Urheberrecht.
Filter und Algorithmen gab es schon vor der Einführung des EU Paragraphen.

TechnikSpezi  26.02.2025, 12:42
@TJDettweiler

Das ist zu einfach gedacht. Nur weil ich Ziel A verfolge, heißt das ja nicht, dass man damit nicht etwas anderes auslöst.

Ein Mietendeckel ist auch eine schöne Idee, führt aber auch dazu, dass Unternehmen dort, wo die Wohnungen am meisten benötigt werden, die Firmen weniger bauen wollen.

Ein Drogenverbot ist auch eine gute Idee, führt aber zu einem großen Schwarzmarkt, viel Kriminalität und dazu, dass viele gestrecktes Zeug kaufen, welches sie im schlimmsten Fall im Gegensatz zu den eigentlichen Drogen umbringt.

Die Absichten die man mit Artikel 13 hatte, hat niemand kritisiert. Urheberrecht finden die ganzen Influencer doch selbst gut und wichtig, trotzdem haben sie es alle gehatet. Warum? Na weil sie genau wie alle anderen Kritiker befürchtet haben, dass das zu negativen Effekten führen kann und Zensur mit sich bringt, und mit Zensur war nicht gemeint, dass jemand nicht einfach Inhalte von jemand anderem wieder hochladen darf.

es hat das bewirkt was befürchtet wurde, es hat die großen größer gemacht und dafür gesorgt dass kleine nicht groß werden können weil sie entweder die Kosten für entsprechende Filter nicht tragen können, oder ggf. pleite geklagt werden können.

Da die Masse aber ohnehin nur Insta, TikTok & co kennt fallen die Probleme der kleinen nicht auf, bzw. eben erst recht nicht wenn nie ein fall auftritt. Welches Startup plant etwas, investiert viel Geld um dem Risiko zu unterliegen nach 3 jahren schonfrist nicht groß genug zu sein sich das leisten zu können und dann den laden dicht machen zu müssen.

Es ist ein typisches Beispiel von Überregulierung. Und es ist ein gutes Beispiel wie groß die Aufmerksamkeitsspanne der meisten deutschen ist, dass sich da überhaupt noch wer dran erinnert ist schon erstaunlich.