Was findet man an klassischer Musik so toll?

15 Antworten

Das ist ja das wundervolle an Musik, der Geschmack ist dermaßen breit gefächert, dass wirklich jeder seine Nische findet. Ich kann einige Stile auch nicht nachvollziehen, aber gestehe jedem seinen Geschmack zu.

Also, das klassische Musik "eintönig" oder gar "langweilig" ist, kann ich so nicht unterschreiben. Ich persönlich bin kein übermäßiger Klassik Fan, aber bestimmte Stücke von Mozart, Beethoven oder Bach wirken sehr entspannend auf mich. Ich höre solche Musik auch gerne, während ich etwas lese, da würden Liedtexte mich nur ablenken. Aber wie gesagt, so oft höre ich Klassik nicht, die "altmodische" Musikrichtung, die ich besonders mag ist Jazz.

Mir geht es nämlich so, dass ich Musik höre, um emotional unterhalten zu werden und nicht um irgendwelche Töne zu analysieren oder so...

Kaum jemand hört Musik zunächst, um Töne zu analysieren. Das macht man in völlig absurder Weise in der Schule. Absurd, weil das Level der Analyse immer viel, viel zu hoch ist als dass die Schüler verstehen würden was sie da grade tun. Immer. Außer vielleicht an speziellen Musikgymnasien.

Es kommt sehr drauf an mit welcher Musik man aufgewachsen ist, das prägt wie dein Gehirn auf tatsächlich vorhandene musikalische Strukturen reagiert, was an der Musik es also intuitiv (sowohl versteht und wie es mitgehen kann. Das erweitert sich aber im Leben gern noch.

Bei mir war es zum Beispiel so: Als kleines Kind habe ich (was man heute viel weniger tut) Volkslieder gesungen, und meine Eltern haben Beatles, Genesis und späte Wiener Klassik (va. Beethoven) gehört. Das war dann die "Lasur" die ich als Kleinkind abbekommen habe.

Danach hat sich dann aber noch viel getan und geändert. Ich will das jetzt nicht so breittreten, aber ich kann dir zum Beispiel sagen: Als Jugendlicher mit 13 habe ich Filmmusik geliebt, besonders John Williams, ich habe dessen Soundtracks gehört ohne die Filme gesehen zu haben und fand die rein emotional sehr sehr ansprechend. Gleichzeitig fand ich Bach zum Beispiel schlecht. Aso ich fand dass diese Musik trocken, sinnlos und schlecht ist.

Heute ist es umgekehrt: Ich springe nicht mehr emotional auf die meiste Filmmusik an, aber ich habe durch vieles Hören gelernt, wieso Bach als Genie gilt und inwiefern dieses Musik von ihm sehr schwer zu machen ist. Das konnte ich früher nicht verstehen, ich war dafür völlig blind dafür weil ich es nicht raushören konnte. Heute finde ich sowas hier emotional viel ansprechender als 98 % der Filmmusik.

https://www.youtube.com/watch?v=UeXbygrzXrQ

Man kann nicht erwarten, dass irgendjemand irgendeine Musik über die er nicht ein erhörtes unbewusstes "Hintergrndverständnis" (nicht Analyse, unbewusst) hat einfach so versteht oder gut findet oder mitfühlen kann.

Es ist alles andere als eine Sprache die jeder versteht, es gibt viele Musiksprachen. Niemand versteht alle.

Manche reagieren mit emotionalem Ekel auf bestimmte Stilrichtungen. Ich bin Klassikhörer und ich hasse viele klassische Musik, andere ist mir völlig egal.

Es gibt fast keine Musik, die niemanden tief berührt und emotional anspricht. Andere hören genau das selbe, und hassen die Musik entweder weil sie sie gar nicht verstehen, oder ... weil sie dagegen "immun geworden sind", und diese Musik "billig" finden. Das ist bei manchen zum Beispiel mit mancher Filmmusik, oder mit den Stücken von Ludovico Einaudi bei vielen Klassikhörern so. Ich kann diese Sachen einfach nicht mehr gut finden. Sie lösen bei mir keine Gefühle mehr aus obwohl sie das früher konnten.

 Nur bei Musik z.B. aus dem 18. Jahrhundert verstehe ich nicht, was einen da heute noch unterhält, wenn man doch ganz andere Möglichkeiten durch die Technik hat.

Nun ja. Ich mag auch noch ältere Musik sehr. Warum das genau so ist? Keine Ahnung.

Klassische Musik, den Begriff gibt es eigentlich so richtig erst seit dem 19. Jahrhundert, eben weil man sich gesagt hat: Mozart, Haydn, Beethoven vor allem haben "klassische" zeitlose Dinge hinterlassen, die man bewahren sollte. Vorher hat man fast nie Musik bewahrt, man hat fast immer nur nach neuer Musik gefragt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – in der Schule haben wir Lieder gesungen (z.B. über Ponys)
Grobbeldopp  01.11.2020, 23:53

PS

Es ist übrigens auch so, dass es einen ganz interessanten verzerrenden Effekt gibt innerhalb der klassischen Musik bezüglich ob man das wirklich emotional so versteht wie die Leute damals. Das ist mit Musik um 1820 und später ziemlich gegeben, aber davor driftet das auseinander und viele wissen und merken das gar nicht. Sie werden also emotional angesprochen, aber nicht so wie der Komponist sich die Wirkung des Stückes gedacht hat 😃.

Man erlernt kulturell, was man traurig, fröhlich, usw. findet in der Musik. Die Musik selber ist nicht immer eindeutig so und so.

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Also ich werde von klassischer Musik auch emotional unterhalten. Weniger tatsächlich von Beethoven. Der ist mir irgendwie zu dramatisch düster. Wobei die neunte es dann wieder rausreißt.

In ürbigen höre ich auch Rock und Metal.

https://www.youtube.com/watch?v=EmZF3kBZQ6E

Julchen138  01.11.2020, 22:13

Interessant! Wir scheinen die gleichen Vorlieben für Musik zu teilen!

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Moped85  01.11.2020, 22:35
@Julchen138

Tja vllt. Die Erfahrung zeigt, dass ich selten jemanden mit genau dem gleichen Geschmack treffe. Ich picke mir gerne die Rosinen raus =)

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Viele werden mir sicherlich widersprechen, vielleicht auch du, aber wer die klassische Musik wirklich kennt, wird mir oft Recht geben.

Ich verstehe, was du meinst. Ich selbst höre Modernes, aber auch viel Klassik.

Du schreibst, dass es dir bei Musik darum geht, sie emotional mitzuerleben. Das sehe ich auch so.

Die meisten Lieder, die gerade modern sind, höre ich nicht, da sie nicht so viele Emotionen haben. Sie sind, meiner Meinung nach, dafür gemacht, um sie nebenbei zu hören. Man muss sich also nicht auf die Musik konzentrieren.

Bei klassischer Musik ist das anders, denn sie ist viel emotionaler. Deswegen kann man sie nicht nebenbei hören, denn man muss sich auf sie konzentrieren, da sie teilweise kompliziert gebaut ist. (Zumindest oft komplizierter als moderne Musik).

Deswegen analysiert man Klassische Musik in der Schule. Damit ihr diese Vielfalt und Emotionalität kennenlernt und versteht. Doch leider distanzieren sich so viele Schüler, was sehr schade ist. Musik ist dafür da, vor allem klassische, um sie emotional mitzuerleben.

Ein gutes Zitat hat dazu auch Beethoven gemacht:

,,Eine falsche Note zu spielen, ist unbedeutend, ohne Leidenschaft zu spielen, ist unverzeihlich“

Ich finde, dass er Recht hat und dieses Zitat, Musik sehr gut beschreibt.

Beispielsweise hat Beethoven eine sehr emotionale Sonate geschrieben, da er gehörlos wurde. Dies hat ihn psychisch sehr fertig gemacht.

Das merkt man auch in diesem Stück (vor allem im ersten Satz). Er schreibt, dass er ohne die Musik in einen Abgrund gestürzt wäre (ich kenne das Zitat jetzt nicht, aber so in etwa, war es).

Die Musik ist für ihn sein persönliches Medikament gegen sein Gehörleiden. Sogar als er das Gehör komplett verliert, komponiert er weiter, was so gut wie unmöglich ist. Deswegen wird er heute noch oft als Genie betitelt. Zu dieser Zeit komponiert er die bedeutendsten Stücke seines Lebens, wie beispielsweise die heutige Europa-Hymne.

Als er gemerkt hat, dass er sein Gehör verliert, hat er diese Sonate komponiert. In ihm sind viele Gefühle vorgegangen und das merkt man auch, wenn man das Stück anhört. Lehn dich einfach mal zurück und denk darüber nach, wie sehr ihn seine Gehörlosigkeit belastet hat und wie er ihr getrotzt hat.

Hier ist der erste Satz der Sonate. Sie wird auch Pathetique genannt.

https://m.youtube.com/watch?v=kqvBJc9IovI

Woher ich das weiß:Hobby
Hummelbiene529  01.11.2020, 22:30

Es würde mich sehr freuen, wenn du mir erzählen würdest, ob dir das Stück gefallen hat und ob du dadurch nachvollziehen kannst, was ich gemeint habe. ☺️

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jgobond  01.11.2020, 23:03
Deswegen analysiert man Klassische Musik in der Schule.

Das was da in der Schule passiert ist vollkommen für den A denn um analysieren zu können muss man Noten lesen können, Ahnung von Harmonielehre haben und im Grunde selbst ein Instrument spielen können. Tut man das, ist das was da im Schulunterricht passiert schlicht überflüssig. Also gibt's da jedesmal 3 Gruppen. Die Instrument Spieler, die Auswendiglerner und den traurigen Rest.

Klassische Musik ist nicht per se emotionaler als andere Musik. Diese Behauptung ist schlicht Unfug.

Dein Beethoven Zitat gefällt mir.

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Hummelbiene529  01.11.2020, 23:07
@jgobond

Ich gebe dir Recht, dass man den Musikunterricht anders gestalten sollte. Das ist auch etwas, worüber ich mich oft ärgere.

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Grobbeldopp  02.11.2020, 00:22
Deswegen analysiert man Klassische Musik in der Schule. Damit ihr diese Vielfalt und Emotionalität kennenlernt und versteht. Doch leider distanzieren sich so viele Schüler, was sehr schade ist. 

Ich denke das ist eine didaktische Sache.

Es kann nicht funktionieren ohne dass alle Schüler Instrumente spielen. Das wiederum wird aber wohl kaum angestrebt.

Es ist einfach lächerlich eine Fuge zu analysieren mit Leuten die zu 70% kein Klavier spielen und keine Noten lesen können, keinen Choral setzen können usw. das hat einfach keinen Zweck.

Man muss zuerst die einfachen Sachen aus dem FF können bevor man Strukturen analysiert.

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