Kann man Musik wirklich nicht verstehen?
Hallo,
ich kenne einige Leute, die gerne "moderne" klassische Musik hören.
Wenn ich sie dann damit konfrontiere, dass mir diese Musik nicht gefällt, dann wird mir oft erzählt, dass, ich die Musik nicht "verstehe", weil ich musikalisch nicht "gebildet" genug bin.
Dies halte ich allerdings eher für unwahrscheinlich, da ich ein relativ leidenschaftlicher Klavierspieler bin. Ich spiele auch hauptsächlich klassische Musik, nur bei Stücken von z.B. Schönberg (Beispiel: https://www.youtube.com/watch?v=8hnFpLeeCT0&ab_channel=UeliRaz) schrecke ich dann doch zurück.
Daher folgende Fragen:
- Hört ihr selber solche Musik, und warum findet ihr sie schön/besser als andere klassische Musik?
- Bin ich wirklich noch zu jung/ungebildet um solche Musik zu hören?
- Oder hören die Hörer diese Musik nur, um gebildeter zu wirken?
Eine weitere Sache, die mir an mir selbst aufgefallen ist, ist dass mir nach langem und wiederholtem Hören von (klassischer) klassischer Musik (Mozart, Chopin, Beethoven, etc.) "langweilig" von den oft gleichen Harmonien wurde und ich deshalb zu "dissonanteren" Stücken gegriffen habe.
- Haben die Hörer "moderner" klassischer Musik also einfach zu viel "klassische" klassische Musik gehört haben, sich deswegen auf die Suche nach innovativen Stücken gemacht haben, und diese in den Werken von Komponisten wie z.B. Schönberg und Sorabji gefunden haben?
Das hätte dann ja nichts mit Verständnis, sondern nur mit dem Gewöhnungseffekt zu tun.
Mir ist natürlich bewusst, dass nicht alle Komponisten, die im 20. Jhd. gelebt haben, "solche" Musik geschrieben haben (Beispiel: Rachmaninoff) und mir ist natürlich auch klar dass hinter der Musik ein System steht. Auch Komponisten wie Mozart haben ja vermeintlich "dissonante" Stücke geschrieben haben (Beispiel: Dissonanzenquartett). Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, dass ein besseres Verständnis der Musik automatisch zu einer angenehmeren Hörerfahrung führt.
Danke schonmal im Vorhinein für die (hoffentlich sinnvollen formulierten und fundierten) Antworten. :)
Nachdem ich das anscheinend nicht klar genug gemacht habe:
Ich habe nichts gegen die Hörer solcher Musik, ich fühle mich nur gestört, wenn alle, die nicht diesen Musikgeschmack haben, von diesen als ungebildet betitelt werden.
13 Antworten
Das ist mMn Geschmackssache und hat mit "nicht gebildet genug zu sein" nichts zu tun. Wenn alle nur die selbe Musik gut finden würden, wäre die Welt ziemlich einfältig.
Kann man Musik wirklich nicht verstehen?
Sowas kommt in der regel von leuten, die nicht erwachsen genug sind um andere meinungen zu akzeptieren.
Es gibt Musiken unterschiedlicher Komplexität. Das ist leicht nachweisbar und hat auch nichts mit Geschmack zu tun. Es ist auch logisch erklärbar, warum komplexe Musik nicht von jedem gleich gut dekodierbar ist: Musik besteht, wie Sprache quasi aus Vokabeln, Wortverbindungen, Sätzen usw. (z.B. Dreiklänge, Kadenzen, Phrasen, usw.), wenn mir diese Elemente nicht bekannt sind, bzw. ich sie über das Hören erst gar nicht auseindanderhalten kann, dann klingt für mich Musik, wie eine willkürliche Aneinanderreihung von Klängen.
Prinzipiel st es tatsächlich so, dass man sich in Musik hineinhören muß. Man muß eine Anzahl Stücke, Lieder oder Werke kennen, Unterschiede heraushören. Ich habe noch gut im Ohr, wie meine Eltern meinten: "Das klingt doch alles gleich!" wenn ich Blues hörte, Muddy Waters, T-Bone Walker, John Lee Hooker und so weiter. Ich konnte das nicht verstehen. Da war doch jedes Stück auf seine Art besonders!
Inzwischen weiß ich, dass das für jede Musik, wahrscheinlich sogar für jede Kunstform, zutrifft. Man braucht eine gewisse Vorbildung, Vergleiche, um einen Zugang zu haben.
Aber trotzdem stimme ich mit Dir überein: solche modernen Kompositionen wie eben Schönberg finde ich ebenso nicht schön, ich kann nicht genug davon hören, um den Zugang dazu zu finden. Ich höre da weder Motive heraus noch Struktur. Und wenn das verlinkte Stück "Walzer" heißt, dann sind meine Vorstellungen von Walzer durchaus anders...
Zum Teil hat man bei den Komponisten dieser Ära das Gefühl: es darf nicht schön klingen. Harmonien sind zu banal, das ist keine hohe Kunst. Schade eigentlich.
Nein, höre ich nicht, und habe auch keinerlei Interesse an solche Lieder, keine Ahnung wer sowas hört🤷🏽♀️
Ich habe ja die Ausbildung zum Klavierlehrer gemacht und da gehört es natürlich dazu, dass man auch Musik des 20. Jahrhunderts einstudiert. Ich mochte sie zuerst überhaupt nicht, aber mit der Zeit fand ich dann doch Gefallen daran. Dass ich deswegen die ältere Musik langweilig finde, kann ich allerdings nicht behaupten. Mein Lieblingskomponist ist immer noch Chopin.
Das hat nichts mit Meinungen zu tun, deswegen hier die Frage noch mal zusammengefasst: Ich werde von anderen Leuten als dumm dargestellt (stark vereinfacht), weil ich deren Musik nicht "verstehe". Bin ich also wirklich zu ungebildet dafür, oder ist es normal dass man diese Musik nicht so gerne mag?
Bin ich auch noch nicht.