Warum wird heute so ein riesen Theater um eine Bewerbung gemacht?

9 Antworten

Ich war mal - sogar mehrere Jahre hindurch - Kundenbeiratsmitglied von REWE Österreich (u.a. BILLA, Merkur, Penny).

Der deutsche "Ober-Boss" von REWE nahm an den monatlichen Meetings in der Wiener Neudorfer Zentrale fast regelmäßig teil, und ich hatte stets ein unkompliziertes Gesprächsklima mit ihm. Sein Name ist kein Geheimnis, weil leicht zu recherchieren: Frank Hensel.

Er beschwerte sich bei mir höchstens über die komplizierten österreichischen Rechtsvorschriften (ich bin Jurist), war aber auch sehr volksnah. So betonte er zum Beispiel, dass ihm eine Ösi-Personalchefin zugetragen hätte, dass ein Bewerber beim Vorstellungsgespräch sogar das Gründungsdatum der BILLA-Kette nennen konnte (jenes war übrigens 1961).

Von diesem offenbar gründlich recherchierten Wissen des Aufnahmewerbers wurde er per sofort eingestellt.

Es ist also so, dass vor allem Hintergrundwissen für die Erlangung eine Jobs von größtem Vorteil ist - und weniger geleerte Getränke oder (nicht) geschlossene Türen.

Das gilt meines Erachtens für alle Branchen bzw. Berufszweige.

Ein Zitat von Dir sei hier noch angeführt:

dass Menschen aus höheren Schichten meist viel bessere Karten haben

Zweifellos. Deutschkenntnisse sind bei Bewerbern heutzutage Mangelware bzw. eine Wundertüte. Dienstleistungsunternehmen selektieren diesbezüglich extrem - und aus gutem Grund.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Also es mag sicherlich solche Firmen geben aber unter Strich gilt in allen Firmen die ich in meinen 70+ Lebensjahren kennen gelernt hab - wenn du genau die bzw noch bessere Qualifikationen bietest als die Firma sucht, kannst du deine Bewerbung auf ner Pizzaschachtel einreichen und bekommst binnen 24h eine Zusage.

Was die Fotos nun speziell angeht, der Trend geht dahin das gar kein Foto mehr gefordert wird. Liegt darin begründet das international in immer mehr Ländern jegliche Identifikationsmerkmale um welches Geschlecht es sich beim Bewerber handelt verboten werden damit keine diskriminierung aufkommt.

spezielle Programme für Textbearbeitung werden auch nicht gefordert, das anspruchsvollste was ich bei meinen letzten Bewerbern gesehen hab war eine pdf Formatierung und die kann man gratis online vornehmen lassen.

In Einzelfällen, wenn man sich z.B. bei Modelagenturen als Model bewirbt, können natürlich entsprechend professionelle Fotoshootings notwendig sein.

Du hast ja bereits einige, auch sehr textreiche inhaltsvolle Antworten erhalten. Dabei ist die Antwort doch sehr komprimiert einfach……

….* erfolgreichen Betrug , sich einen Einstellungsvertrag zu erschleichen, möglichst zu minimieren…*

—-

Du hast etliche, evtl. erfolgreiche individuelle Gegenmaßnahmen , als „Riesentheater“ zusammengefasst…. dies ist mit Verlaub, zu kurz gesprungen.

Berichte von Personalchefs, über Motivationsarmut, Desinteresse, falschen oder fehlenden Angaben zur Person im Lebenslauf, unrealistischen Forderungen etc. füllen Bände….unmöglich alle in einem Fragetext hier unterzubringen…..DIES ist die Realität.

Arbeitskräfte mit ehrlichem Interesse am Job, mit Vorbereitung darauf und BASISwissen, verbunden mit einer gewissen identifikationsbreitschaft, sind die Stichwörter……und sind diesbezüglich durch die Zustandsbeschreibung „ArbeitskräfteMANGEL“, zu ergänzen.

NICHT die Beschwerden über Testvarianten…..Du verwechselst dies mit Amazon.

Rückgaben einer falsch eingestellten „Pfeife und Schaumschlägers“ kosten unnötig Ressourcen an Zeit und damit Geld.

Die Komfortzone der Helicpter-Eltern ist halt zu verlassen…..Wettbewerb ist angezeigt, ANGEEIGENETE Fähigkeiten sind gefragt, mit dem Schwerpunkt auf EIGEN….und nicht Google

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Personalchefs suchen heute für einen Fließbandjob, in dem man jeden Tag 1500 mal den selben Handgriff macht, Leute mit Qualifikationen, die einem Vorstandsvorsitzenden besser zu Gesicht stünden.

Und was da alles verlangt wird:

  • Abitur mit 1,5 oder besser
  • Abgeschlossene Berufsausbildung
  • mindestens 3 Jahre Berufspraxis
  • Perfektes Deutsch in Wort und Schrift
  • Führerschein, am besten für LKW ≥ 7,5 Tonnen und Gefahrgut
  • nicht älter als 25 Jahre
  • Aussehen wie ein Filmstar

Wenn dann ein Bewerber in die engere Auswahl kommt, wird er mit perfiden Methoden geprüft, ob er den total überzogenen Vorstellungen der Personalabteilung entspricht.

Wenn dann einer eingestellt wird, der alles mit Bravour gemeistert hat, stellt sich oft heraus, dass er zwar in Sachen Selbstdarstellung ganz großartig ist, aber entweder stinkfaul, zu blöd für den Job oder menschlich eine Niete ist, die das Arbeitsklima vergiftet.

Das ist eben das Zwiespaltige. Man heult rum, dass man keine Arbeitnehmer findet, trägt aber durch solche unnötigen Aktionen, die du aufgezählt hast, selber zu einem sehr großen Teil dazu bei, dass es zu keinen Einstellungen kommt.

Und diese Frage "Haben Sie denn schon mal in dem Bereich gearbeitet oder Erfahrungen gemacht?" ist tatsächlich nicht mehr aus den Bewerbungsgesprächen wegzudenken, obwohl man den Job doch erlernen will.

Man will halt anscheinend Auszubildende mit Erfahrungen haben, damit man weniger erklären und sich dadurch weniger Mühe mit der Einarbeitung geben muss.

Und was interessiert es mich, wie der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens heißt oder welche Sockenfarbe der bevorzugt.


ElWebCompanero  31.01.2025, 01:04

Im Betrieb muß man wissen wer mit wem inne Kiste steigt, alles andere läuft dann wie von selbst 😜 😀 🙋

ErsterSchnee  31.01.2025, 01:23

Es entspricht nicht ansatzweise der Realität, was du hier schilderst.

Bei Azubis ist so eine Frage aber durchaus verständlich. Viele haben sich gar nicht mit dem Berufsbild und den Tätigkeiten auseinander gesetzt - und völlig falsche Vorstellungen von dem, was sie erwartet.

Da ist es schon sinnvoll, kurz mal abzuklopfen, ob sie nicht nach drei Wochen aufgeben, weil sie "nur ausgenutzt werden und nichts lernen'. Und das nur, weil sie als Azubi nicht direkt im Gerichtssaal die Verteidigung des Mörders übernehmen, die Alarmanlage im Bundestag warten oder dem Bürgermeister sein neues Haus verkaufen und die Provision einstreichen dürfen...