Warum will man die Werkstätten für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen einfach so schließen?

4 Antworten

Die in der Petition angesprochene Abgeordnete hat in einem Interview ihre Gedanken dargelegt. Sehr interessant! Unbedingt lesen.

WfbM verhindern halt auch, dass mehr MmB in den 1. Arbeitsmarkt kommen. Wir haben da eine Art Zoo geschaffen und wir schieben unsere Behinderten dahin ab, anstatt sie mitten unter uns arbeiten zu lassen, wie in anderen Ländern. Damit müssten sich alle mit ihnen auseinandersetzen, sie wären im Alltag normal. In unserem Dorf werden Behinderte versteckt - da taucht keiner bei einem Fest auf. Schon wenn ein Rollstuhl um die Ecke kommt, schauen alle doof. Das ist falsch.

Inkognito-Nutzer   10.04.2024, 20:56

Danke auch für Deine Antwort!

Den verlinkten Bericht habe ich mir Wort für Wort durchgelesen. Leider fehlt im TAZ-Bericht ein Erscheinungsdatum. Allerdings habe ich in dem dort erwähnten erarbeitetem EU-Bericht das Datum 24.09.2020 gefunden. Also gehe ich mal davon aus, dass der TAZ-Bericht auch schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat und es ist da eindeutig von "ein angeblich überholtes Modell auslaufen lassen" die Rede.

Mit Corona war man ja nun auch ein Weilchen beschäftigt.

Und das Deutschland diverse Versäumnisse in ganz vielen Bereichen zu beklagen hat, ist ja inzwischen für kaum jemandem was Neues. Unter auslaufen lassen verstehe ich aber, dass man sich erst darum bemüht, dass solch ein Wechsel in den normalen Arbeitsmarkt verhältnismäßig reibungslos funktionieren müsste. Also erst die Voraussetzungen dafür schaffen und dann kann man auch etwas auslaufen lassen! Oder sehe ich das falsch?

Ferner schreibt auch die Dame, die diesen EU-Bericht verfasst hat, dass sie selbst eine s.g. "Luxusbehinderte, mit eigenem Fahrdienst und einem Team" im Hintergrund ist. Belgien ist (in den Öfis) nicht barrierefrei - Deutschland kennen wir und die Öfis auch - um nur mal auf einen evtl. kritischen Punkt aufmerksam zu machen.

Man reagiert nun meiner Meinung nach vollkommen hektisch auf einen fast 4 Jahre alten Bericht der EU und dann, so wie ich es in der Erklärung zur Petition gelesen habe, wäre die Entscheidung sogar bereits Ende letzten Jahres zu Ungunsten der Menschen gefallen, um die es hier letztendlich geht und das OHNE weitere Diskussion mit irgendwem und den Betroffenen schon gar nicht! ???

Es ist in Deinen Berichten auch von qualitativ schlechtem Schulsystem in Deutschland die Rede - dem ich leider nur absolut zustimmen kann. Müssen wir nun vielleicht sogar damit rechnen, dass man die vorhandenen Schulen auch über Nacht schließt und sich dann erst um was Neues kümmert?

Mir ist klar, dass dieser Vergleich sich etwas überzogen liest - für Menschen, die aktuell noch in Werkstätten arbeiten, muss es sich aber genau so anfühlen und das finde sicher nicht nur ich gar nicht gut.

Hier bei mir im Ort werden auch keine Menschen mit Behinderung versteckt.

Meine Tochter besuchte in der Grundschule eine Integrationsklasse, mit 3 förderbedürftigen Kindern - ein Kind war körperbehindert und hatte permanent eine Betreuung an der Seite. Der Unterricht fand regulär mit 2 Lehrkräften statt. Ich kenne auch die Werkstätten hier am Ort und es guckt keiner doof, wenn dort Feierabend ist und sich ein kleiner Teil, der halbwegs selbstständig und orientiert ist, auf den Weg zum nahe gelegenen Bahnhof macht.

Was passiert mit betreuungsnötigen Menschen, die auf einen Fahrdienst angewiesen sind? Meines Wissens nach fahren von den Werkstätten morgens und abends eigene Busse, die die Menschen von zuhause abholen und wieder nachhause bringen. Wenn diese Menschen nun überall verteilt beschäftigt sind, wer sollte dann den nötigen Transport ableisten? Oder fallen diese Menschen dann einfach so durchs Raster?

Kannst Du mir und meinen Gedanken folgen?

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Ich stecke da zwar nicht im Detail in den ganz aktuellen Diskussionen, vom Grundsatz verstoßen WfB´s aber gegen die EU-Behindertenrechtskonvention (auch in Deutschland ratifiziert) und dem Grundgedanken der Inklusion. In solchen Werkstätten werden Menschen separiert und im Grunde vom freien Arbeitsmarkt ferngehalten. Das Ziel der Inklusion verfolgt aber die vollständige Integration von behinderten Menschen in alle regulären Lebensbereiche. Deswegen geht man ja auch weg von speziellen Kitas und Schulen und versucht behinderte Kinder in regulären Einrichtungen zu betreuen- was praktisch aber nicht funktioniert und die WfB´s befürchten wahrscheinlich das Gleiche. Es gibt auch schon erste Integrationsbetriebe, wo behinderte Menschen einer regulären Beschäftigung nachgehen, praktisch gibt es aber viel zu wenige reguläre Arbeitsplätze für behinderte Menschen. Der Grundgedanke der Inklusion erscheint mir aber dennoch richtig und sinnvoll- man muss es eben nur richtig umsetzen- und eben dabei hat die Politik hier bisher vollständig versagt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Sozialarbeiter / städtischer Kita-Bereichsleiter
Inkognito-Nutzer   10.04.2024, 13:45

Das könnte durchaus möglich sein - aber muss dann dann nicht erst dafür sorgen, dass es diese Arbeitsplätze gibt, statt das Pferd von hinten aufzuzäumen und das was da ist, dass man das einfach so dicht macht?

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DerJoergi  10.04.2024, 13:58
@Inkognito-Fragesteller

ganz genau, dass Wünsche ich mir berufsbedingt auch jeden Tag für die Kitas- politisch geht es aber in eine ganz andere Richtung.

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Ich hab deinen Link nicht geöffnet und weiß auch nichts davon das Werkstätten generell geschlossen werden sollen.

Aber mal so als Frage, glaubst du wirklich das so eine Werkstatt für Inklusion steht?

Inklusion bedeutet ja, dass die Eingeschränkten in die zb normalen Arbeitsmarkt inkludiert/eingebunden sind.

Sind sie das in so einer Werkstatt?

Und findest du das die finanzielle Vergütung die teilweise nur ein paar Cent die Stunde sind für Inklusion sprechen?

Inkognito-Nutzer   10.04.2024, 13:51
Und findest du das die finanzielle Vergütung die teilweise nur ein paar Cent die Stunde sind für Inklusion sprechen?

Meinst Du wirklich, dass man alles nur mit Geld aufwiegen kann?

Geht es hierbei nicht auch, wie in meiner Frage bereits angesprochen, auch um Tagestruktur und Sozialkontakte?

Ich kenne die Werkstätte hier vor Ort und weiß auch um die Menschen, die dort tagtäglich mit Freude ihren Tag verbringen und wie viel Herzblut auch bei denen dahinter steckt, die für diese Menschen da sind.

Vielleicht sollte man auch im Hinterkopf behalten, dass es ja jeden von uns treffen kann. Sei es durch einen Unfall oder Krankheit selber - oder aber auch durch Angehörige.

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Dürfen und sollen gern bestehen bleiben, aber es sollte auch hier einen brauchbaren Mindestlohn geben.

Inkognito-Nutzer   10.04.2024, 14:03

Meinst Du wirklich, dass man alles nur mit Geld aufwiegen kann?

Geht es hierbei nicht auch, wie in meiner Frage bereits angesprochen, auch um Tagestruktur und Sozialkontakte?

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Inkognito-Nutzer   10.04.2024, 14:28
@Morfi655

Für Dich wäre es also sozial vollkommen in Ordnung, dass Menschen, die aktuell dort auch betreut werden, von heute auf morgen allein zuhause sitzen?

Das Finanzielle steht doch auf einem anderen Blatt.

Hierbei geht es doch aber noch um viel mehr. Stell Dir vor, wenn Du ab morgen gesundheitlich derart eingeschränkt bist und nur noch zu Hause im stillen Kämmerlein Dein Leben fristen müsstest. Stell Dir vor, Du hast einen Angehörigen, der in diesem stillen Kämmerlein nicht den ganzen Tag alleine verbringen kann - müssen dann die Angehörigen ihren Job aufgeben, um eine Betreuung zu gewährleisten?

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Morfi655  10.04.2024, 14:59
@Inkognito-Fragesteller

Lies doch bitte nochmal meine Antwort und überlege ob du hier nicht deine Zeit verschwendest mich von etwas überzeugen zu wollen wo ich gar nicht gegen gesagt habe. Ich finde es nur falsch dass diese Werkstätten auch dafür genutzt werden dass Menschen die ggf. nur geringfügig benachteiligt sind und z.B. problemlos 20 h/W Hilfsarbeiten machen könnten mit wenigen Euro oder sogar nicht Centbeträgen pro Stunde abgespeist werden dürfen. Nicht das ob stelle ich in Frage, sondern die Konditionen!

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Inkognito-Nutzer   10.04.2024, 15:37
@Morfi655

So viel gibt es in Deiner Antwort leider nicht zu lesen und für mich gehört zu einer Tagesstruktur und eben auch Sozialkontakten, für eh schon benachteilige Menschen, eben nicht nur Geld.

Und warum sollte ich die Absicht haben Dich von irgendwas zu überzeugen?

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Morfi655  10.04.2024, 15:50
@Inkognito-Fragesteller

Weil du hier argumentierst, ohne damit auf etwas das ich gesagt habe einzugehen. Das Problem ist dass die Zielgruppe sehr heterogen ist, von Menschen die ohne ständige Betreuung kaum klar kommen und für die das eher eine Tagesstruktur bieten soll. Aber es gibt genauso auch Menschen die vielleicht nicht mit gesunden mithalten können aber weitgehend eigenständig und auf ihre Art belastbar sind, wenn aber Behörden einmal entschieden haben dass die ohnehin nicht für den 1. Arbeitsmarkt taugen, dann wird nicht mal mehr versucht sie da zu vermitteln. Mit dem erwünschten Nebeneffekt dass sie auch nicht in der Arbeitslosenstatistik auftauchen. Da findet also für nicht wenige Menschen auch eine strukturelle Diskriminierung statt.

Ähnlich wie du sagtest, stell dir vor du hattest einen Unfall und ein Amt attestiert die Vollinvalidität und danach hast du keine Chance mehr am 1. Arbeitsmarkt vermittelt zu werden, du fällst in eine Grundsicherung und kannst dann mit ein paar 100 € pro Monat aufstocken, wenn du gern Vogelhäuschen baust oder sowas...

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Inkognito-Nutzer   10.04.2024, 16:07
@Morfi655

Deine Argumente kommen doch nun erst bröckchenweise in den Kommentaren.

Was sagst Du aber dazu, dass man erst mal alles abschaffen will, ohne vorher Alternativen zu schaffen, wo die Menschen dann weiter beschäftigt werden (können)? Und was passiert mit denen, die eben nicht auf dem 1. Arbeitsmarkt eingesetzt werden können?

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