Warum sind Kerne mit zu vielen Neutronen instabil?

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der grund liegt darin, dass neutronen und protonen beide zur gruppe der fermionen gehören, und damit dem pauli-prinzip unterliegen. dies besagt, dass zwei identische fermionen nicht den selben zustand einnehmen können. daher können im zustand niedrigster energie (das sind die am stärksten gebundenen teilchen) nur 2 neutronen (eines für jede spin ausrichtung) und 2 protonen sein. die nächsten teilchen müssen dann schon auf ein höheres energieniveau.

wenn du jetzt zum auffüllen der energieniveaus nur neutronen verwendest, dann bist du ziemlich schnell bei sehr hohen energien (wodurch der kern instabil wird), weil du ja nur 2 teilchen in jedes energieniveau setzen kannst. wenn du protonen auch verwendest dann kannst du mehr teilchen in jedes energieniveau setzen (da protonen ja von neutronen verschieden sind und sie sich daher nicht beim pauli-prinzip überschneiden).

allerdings haben protonen wieder den "nachteil", dass sie elektrisch geladen sind und sich daher abstoßen. für stabile kerne gilt es daher die richtige balance zwischen neutronen und protonen zu finden. für kerne mit vielen teilchen verschiebt sich diese nach und nach ein bisschen mehr zu mehr neutronen als protonen, aber zu viele neutronen dürferns eben auch nicht sein.

zusammengefasst ist das in der Bethe-Weizsäcker-Formel

http://de.wikipedia.org/wiki/Bethe-Weizs%C3%A4cker-Formel

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Physiker (Teilchenphysik)

In einem Atomkern wirken hauptsächlich zwei Kräfte. Zum einen die starke Kernkraft und zum anderen die Coulomb-Kraft.

Die starke Kernkraft sorgt dafür, daß der Kern trotz positiver Ladung zusammenhält. Diese Kraft hat allerdings nur einen sehr kleinen Wirkungsradius. Sie wirkt im Grunde nur auf mehr oder weniger benachbarte Protonen.

Die Coulomb-Kraft (vereinfacht gesagt die elektrischen Abstoßung) wirkt auch auf größere Entfernung (im atomaren Maßstab gesehen).

Je mehr Neutronen im Kern sind, desto größer wird der Abstand zwischen zwei Protonen. Die starke Kernkraft kann weniger stark wirken, während die Coulomb-Kraft in Relation zur starken Kernkraft weniger Wirkung verliert.

Irgendwann wird die Anziehung geringer als die Abstoßung und dann zerfällt das Atom.


PeterKremsner  15.04.2022, 13:36

Wobei man aber auch dazu sagen muss, dass auch das freie Neutron selbst bereits einen Zerfall zeigt. Das könnte in dem Fall in den Kernen auch eine Rolle spielen, wenn quasi die stabilisierende Wirkung der Protonen hinzu kommt.

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Reggid  15.04.2022, 13:44
Sie wirkt im Grunde nur auf mehr oder weniger benachbarte Protonen

und neutronen. und deshalb wäre das

Je mehr Neutronen im Kern sind, desto größer wird der Abstand zwischen zwei Protonen.

dann eigentlich ein grund warum der kern bei vielen neutronen stabiler würde, nicht instabiler.

der wahre grund ist im asymmetrie teil der Bethe-Weizsäcker formel, der aus dem Fermi-prinzip resultiert (keine zwei identischen fermionen im gleichen energie-niveau, was aufgrund der zwei möglichen spin-orientierungen dann nur zwei protonen und zwei neutronen pro energie-niveau zulässt)

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Reggid  15.04.2022, 13:48
@Reggid

*Fermi-prinzip sollte natürlich Pauli-prinzip heißen

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Hans3234433 
Fragesteller
 15.04.2022, 13:45

Danke für die Antwort (Panazee). Aber die starke Wechselwirkung wirkt doch zwischen allen Nukleonen. Also zwischen Neutron und Neutron, Proton und Proton und zwischen Proton und Neutron.

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Panazee  15.04.2022, 14:02
@Hans3234433

Gute Frage. Irgendwie habe ich die Lösung im Hinterkopf, aber ich kann nicht darauf zugreifen.

Mein Studium ist halt auch schon 25 Jahre her.

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Die Mischung macht's. Hat man ungefähr die gleiche Anzahl an Protonen und Neutronen, stabilisiert das den Kern. Quantitativ wird das durch den Symmetrieanteil in der Bethe-Weizsäcker-Formel ausgedrückt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Abschluss als Diplom-Physiker

Kerne mit zu vielen Neutronen sind instabil, weil sie im Verhältnis zur Anzahl der Protonen einen Überschuss an Neutronen haben, was ein Ungleichgewicht im Kern verursacht und zur Emission von Strahlung führt. Detaillierte Erklärung: Neutronen und Protonen sind beide positiv geladene Teilchen, die den Kern eines Atoms bilden. Die Anzahl der Neutronen in einem Kern ist typischerweise gleich der Anzahl der Protonen, wodurch ein Gleichgewicht im Kern entsteht. Wenn im Kern jedoch ein Überschuss an Neutronen vorhanden ist, ist der Kern instabil und sendet Strahlung aus, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Dieser Vorgang wird radioaktiver Zerfall genannt. Bei der emittierten Strahlung kann es sich je nach Art des auftretenden Zerfalls um Alpha-Teilchen, Beta-Teilchen oder Gammastrahlen handeln. Alphateilchen bestehen aus zwei Protonen und zwei Neutronen, Betateilchen sind hochenergetische Elektronen und Gammastrahlen sind hochenergetische Photonen. Diese Strahlung kann für lebende Organismen gefährlich sein, daher ist es wichtig, die Prinzipien des radioaktiven Zerfalls zu verstehen.

Es ist energetisch ungünstig, in diesem Zustand zu bleiben.