Warum sehen viele Schüler den Lehrer nicht mehr als Autoritätsperson an?

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Hallo!

Mein Bruder erzählt oft stolz, wenn sie wieder mal einen Referendariaten "verjagt" hätten.

Solche Spezis gab's bei uns (Jahrgang 1990/91, Mittlere Reife 2007) auch, einer war da richtig groß drin ... der hat sich auch diebisch gefreut und ich denke, es ist ein pubertäres Kräftemessen. Und ein junger Lehrer, der keinerlei Erfahrung hat und irgendwie auch unsicher wirkt, ist eine geringere Hemmschwelle als ein Beamter, der seit 40 Jahren dabei ist und seine Pappenheimer kennt, einfach sein Ding macht und es locker sieht. Erst recht, wenn "der Neue" oder "die Neue" klein und dünn ist, nicht sehr autoritär wirkt und eine leise Stimme hat ... mei, die Kiddies testen halt ihre Grenzen aus in der Pubertät. Das ist ja so nix Neues.

Die Lehrerin unserer Nachbarklasse bekam ein Burnout durch ihre Schüler.

Das gab's früher auch schon, es hieß nur nicht so bzw. es gab keinerlei Krankheitsbilder und meist auch keine richtige Therapie.

Das waren so ein paar Wortführer aus unserer Klasse, die wollten die Lehrerin nicht mehr haben

Das haben bei uns im Schuljahr 2003/04 (siebte Klasse) auch mal ein paar Schlauberger probiert, letztlich erfolglos; in der Achten hatten wir diese Lehrerin (die ich sehr gemocht habe & mit der heute noch Kontakt besteht) prompt wieder. Die versuchen's halt immer und immer wieder und gehen aufs Ganze - ich sage mal so: Das sind Kiddies, die zu selbstbewusst sind und immer ihren eigenen Willen durchbringen wollen.. bei mir in der Klasse waren da zwei ALphatierchen federführend; einmal ein "Nesthäkchen", das alles daheim durfte und einmal eine üble "männliche Zicke", die sowieso einen Knall hatte und, wie ich letztes Jahr bei einem beruflichen Termin, wo der Typ als Vertreter seines Arbeitgebers und ich als Vertreter meiner Firma anwesend war, merkte den Knall immer noch hat.

Ein anderes Mal ging es darum, dass ein Wandertag ausfallen musste, weil er von der Schulleitung nicht genehmigt wurde. Unsere Klassensprecherin hat da aber mit dem Temperament einer böhmischen Zigeunerin den Lehrer zur Maus gemacht, das könnt ihr euch nicht vorstellen.

Doch, das kann ich ... weil ich so etwas auch schon miterlebt habe - nicht vom Klassensprecher, aber vom besagten "Nesthäkchen", das sich immer als eine Art "coolen Star" und "attraktive reife Frau" und Sprachrohr der Klasse zu definieren versuchte - nur hatte sie halt keinen Stich & wurde gelegentlich sogar des Zimmers verwiesen -----> die meinte immer, alles müsse nach ihrer Pfeife tanzen. Es kommt hier stark auf den Lehrer an: Wer alles mit sich machen lässt, der gibt solchen Larrys halt die Bestätigung, aber wer auch mal "nee" sagt und standhafte Ruhe ausstrahlt oder niveauvoll Kontra gibt, bewirkt damit Respekt und dass er als Autorität wahrgenommen wird.

Ansonsten liegt das Ganze nicht nur an "verzogenen Kindern" ohne Respekt, Achtung und Benimm ... klar spielt das Thema da auch mit rein aber man macht es sich m.E. zu leicht, wenn man die Schuld fast gewohnheitsmäßig bei der "Jugend von heute" sucht. Das ist ihnen ggü. unfair und eine aus meiner Sicht zu simple Didaktik - klar haben die Kids ihre Problemchen und nicht immer sind sie gut erzogen, aber wie so oft gehören da zwei Parteien dazu.

Es liegt nämlich auch an Lehrern, die keine Distanz/Autorität haben und ihren Schülern das Gefühl geben, ihr Kumpel zu sein, meist mit dem Wunsch beliebt zu werden. Wenn jemand aber nicht klar als Lehrer erkennbar ist, der auch mal durchgreift und Zunder gibt, dann nehmen ihn die Kiddies nciht für voll ------> die sind ja auch nicht von gestern. Ich hatte z.B. in der Oberstufe einen Fachlehrer, der sehr nett zu allen war, aber andererseits sagte: Ein Lehrer kann nie der Kumpel des Schülers sein oder viel mehr ... er kann es erst dann sein, wenn kein Schüler-Lehrer-Verhältnis mehr besteht und man sich privat auf Augenhöhe begegnet! Ich habe auch Freundschaften mit einigen ehemaligen Lehrern (mit dem o.g. auch) und Lehrerinnen - aber eben erst seit sie keine Lehrer mehr von mir sind.

Wenn der Lehrer so aussieht, als sei er selber noch ein Jugendlicher und genauso redet und sich anbiedert, dann bringt das nix -----> der wird nicht cool und nicht beliebt, sondern eine Witzfigur. Andersrum bringt's aber auch nix: In meinem Bekanntenkreis ist jemand Realschullehrerin 5./6./7. Klasse (Unterstufe) geworden; die ist wie ich jetzt 29 und ich weiß, dass sie vor Kindern und auch den Eltern in der Regel so streng, unnahbar und harsch auftritt - privat ist die echt eine ganz Liebe und ich denk', dass se den falschen Beruf gewählt hat! - dass die Kiddies Angst vor ihr haben, gar nicht gern zu ihr in die Schule gehen und die ganzen Eltern schon Radau machen, wenn sie wissen, die Kinder kriegen diese schreiende Frau XYZ in dem und dem Fach oder gar als Klassenlehrerin. Muss das denn wirklich sein bzw. muss man im Job so gefürchtet sein, dass man unnahbar ist? Beziehungsweise ist das der Preis, den man zahlen muss um "in Ruhe gelassen" zu werden? Ich seh' das anders. Gut, wobei man mit den Jahren gediegener wird.. ich war mit Anfang 20 auch viel schlimmer.

Der Mittelweg ist besser und sorgt dafür, dass man im Beruf - nicht nur als Lehrer - ernstgenommen wird: Der offene Mensch, der zu anderen freundlich ist und doch etwas distanziert ("Empathie mit Abstand"), wird beruflich und privat viel mehr geachtet und bewundert als jemand, der sich seine Achtung über unnötige Strenge und Aggressivität "erkauft". Diese Erfahrung habe ich in meinem Berufsleben gemacht: Ich bin zwar der nette Onkel, der aufpassen muss, nicht veralbert zu werden, aber die meisten wollen gerade deswegen nur von mir bedient werden weil sie wissen -----> der ist ehrlich, freundlich und erzählt keinen Mist.

Es bringt absolut nix, als Lehrer wie der aggressive "Leopold" von den Simpsons - der Sidekick von Oberschulrat Chalmers, da spricht der Fan^^ - aufzutreten. Man muss auch nicht grad der harmlose Trottel vom Dienst werden und kein sich in zerfetzten Jeans anbiedernder Hanswurst sein, sondern den richtigen Mix finden und "echt" sein.

Ein Lehrer, der "echt" ist, nimmt den Kindern viel Hektik und Stress und Angst - gerade im prägenden Grundschulbereich, in dem die meisten Schulängste entstehen, ist das wichtig, aber auch später: Kinder und Jugendliche brauchen starke Vorbilder, um selbst stark zu werden & wenn schon Eltern und ggf. ältere Geschwister nix taugen, dann muss zur Not der Lehrer herhalten und Solidität vermitteln.

Das kann man vielleicht nicht grad ad hoc als ganz junger Lehrer, der frisch von der Uni kommt und man muss sich mit Jahren und Erfahrungen seinen eigenen Stil erarbeiten, das musste ich in meinem Beruf auch -----> aber besonders ein Lehrer muss authentisch sein um ernstgenommen zu werden. Muss er sich ernsthaft an fast philosophische Strukturen und Ratgeber halten oder sein wahres Gesicht hinter einer barschen, aggressiven Fassade verstecken, hat er eventuell, ohne jemandem zu nah treten zu wollen den falschen Beruf gewählt.

Ich beschließe mit einem Zitat von Astrid Lindgren, das ich mal gehört habe und toll finde, gerade für Lehrer: "Man kann aus einem Kind viel herausstreicheln, aber nichts hineinprügeln."

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Die meisten Kinder haben vor keinem Erwachsenen mehr Respekt. Das wird in der heutigen Erziehung nicht mehr berücksichtigt.

Heute heißt es, du musst dich wehren, du brauchst dir von den Lehrern nicht alles gefallen lassen, du kannst deine Meinung vertreten, es herrscht Meinungsfreiheit....

Aber das WIE, das haben sie nicht gelernt.

In meinen Augen sind Lehrer Autoritätspersonen aber das wird dann von einigen missbraucht wodurch man irgendwie diese Lehrer verabscheut.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Wir hatten auch unsere speziellen Lehrer, die wir geärgert haben. Das ist wohl der ewige Kampf zwischen Schülern und Lehrer.

Damals haben wir aber zu Hause nichts erzählt, weil unsere Eltern immer für die Lehrer Partei ergriffen (es sei denn, es ging seitens der Lehrer gar zu ungerecht zu - dann beschwerten sie sich direkt, ohne uns etwas zu sagen). Heute dagegen habe ich den Eindruck, dass manche Eltern alles besser wissen wollen und ihre Kinder gegen die Lehrer aufstacheln.

Dass eine Schülerin die Lehrer zur Schnecke macht, das ist ein Unding. Hier sollten klare Worte fallen, von Seiten des Lehrers als auch der Direktorin. Das hätte in meiner Schulzeit zumindest mit einem Eintrag (wir hatten noch Verhaltensnoten) bis hin zum Schulverweis führen können. Aber heute traut sich wahrscheinlich keiner mehr, Regeln aufzustellen und ihre Einhaltung zu beachten.

Beim Eintritt ins Arbeitsleben wird eurer Klassensprecherin dieses Verhalten wohl auf die Füße fallen (es sei denn, sie geht in die Politik, da reicht offenbar oft eine große Klappe).

Liegt wohl an einer anderen Erziehung und dem Umfeld. Einige Fernsehserien, Deutschrapper usw. predigen geradezu schlechtes Verhalten.

Außerdem habe ich das Gefühl, dass Bildung früher besonderer war. Ein Abi hat noch was bedeutet und dementsprechend musste man sich auch auf dem Weg dorthin entsprechend verhalten. Wenn ich z.B. zurückblicke was für Gestalten in meinem Abijahrgang (2018) anwesend waren, bleibt mir manchmal der Atem weg. Frech, fachlich dumm und führen sich trotzdem als Elite auf.

Vermutlich liegt es auch zu einem gewissen Teil an den Lehrern selbst. Einige Lehrer behaupten selber, dass Abschlussprüfungen leichter werden und gute Noten zu freigiebig vergeben werden.