Warum schauen so viele Arbeitgeber auf das Abitur in Kreativen Berufen?
Hallo,
ich frage mich, warum in kreativen Berufen wie Mediengestalter, 3D-Artist, Illustrator usw. heutzutage darauf geachtet wird, wie gut das Abitur ausgefallen ist.
Es gibt Menschen, denen die Schule nicht so liegt und die dann mit einem Abi-Schnitt von z.B. 3,5 oder noch schlechter abschneiden. Aber es gibt auch Menschen, die bereits wertvolle Fähigkeiten besitzen, die sie sich über mehrere Jahre selbst angeeignet haben und eine echte Leidenschaft für kreative Tätigkeiten entwickelt haben. (Ich zähle mich selbst zu denen, die sich alles über mehrere Jahre selbst beigebracht haben.)
Durch das Abitur sind diese Menschen jedoch eingeschränkt. Ist das nicht irgendwie unfair?
Es gibt auch viele Menschen, die ein hervorragendes Abitur haben, aber überhaupt keine Fähigkeiten vorweisen können oder noch nicht einmal wissen, wie man beispielsweise Photoshop bedient. Und solche Menschen werden dann eher eingestellt?
Warum werden Schulnoten immer noch den eigenen Fähigkeiten vorgezogen?
Ich wäre über informative Antworten froh. :)
3 Antworten
Ich möchte mich demnächst im 3D-Bereich selbstständig machen und kann mir das wie folgt erklären:
Bei künstlerischen Tätigkeiten wie diesen ist vor allem eine Sache wichtig, Fleiss. Du musst Termine einhalten, die Arbeit frisst viel Zeit und wenn du faul bist, schadest du am Ende deinen Kunden.
Das Abitur sagt viel darüber aus, ob du ehrgeizig bist. Ich habe zum Beispiel ein Einserabitur und das spiegelt sich in meiner Arbeitsmoral wieder, wenn ich eine Aufgabe zu erfüllen habe und mein Kunde sein Vertrauen in mich setzt, dann darf ich ihn nicht enttäuschen. Dafür werde ich auch Opfer bringen, auch mal schlaflose Nächte, wenn es sein muss.
So erkläre ich mir das.
Ich verstehe deinen Punkt und du magst damit auch richtig liegen. Es gibt mit Sicherheit einige Menschen, die schulisch nicht so gut sind, aber dennoch im künstlerischen Bereich abräumen würden.
Am Ende kennt der Arbeitgeber dich aber nicht und muss anhand der vorliegenden Informationen entscheiden, ob du der Richtige bist. Das Abitur sagt meiner Meinung nach viel darüber aus, ob jemand ehrgeizig ist und langfristig Motivation an etwas hat.
Hier muss man glaube ich einfach einsehen, dass ein gutes Abitur ein guter Indikator dafür ist, ob jemand a) fleissig ist und b) auch Leistung erbringen kann, wenn etwas mal nicht so interessant ist. Ich hatte zum Beispiel eine 2 in Geschichte, obwohl mich das Fach 0 interessiert hat. Ich habe mich durchgebissen.
Und das sehen die AG anhand solcher Abschlüsse.
Danke für deine ausführliche Antwort.
Was würdest du mir den empfehlen, wenn man schulisch nicht so gut ist, aber eben im künstlerischen richtig gut ist?
Am Ende kennt der Arbeitgeber dich aber nicht und muss anhand der vorliegenden Informationen entscheiden, ob du der Richtige bist. Das Abitur sagt meiner Meinung nach viel darüber aus, ob jemand ehrgeizig ist und langfristig Motivation an etwas hat
Aber man kann ja auch ein gutes Portfolio haben, oder würde man doch eher ein gutes Abitur bevorzugen?
Ich würde dir empfehlen, dass du irgendwo einen Abschluss hast, der sich vorzeigen lässt. Muss ja kein Einserabitur sein, aber eben einen Abschluss. Ganz ohne Abschluss hat man immer einen schlechten Start.
Ja, ein gutes Portfolio ist wichtig. Daran arbeite ich momentan auch. Ich würde jemanden bevorzugen, der ein durchschnittliches bis sehr gutes Abitur UND ein Portfolio hat, das sich vorzeigen lässt. Wenn das Portfolio gut ist, finde ich die Durchschnittsnote auf dem Zeugnis eher zweitrangig. Schon die Tatsache, dass der Bewerber ein Abitur hat, finde ich gut.
Ich bin aber auch kein Arbeitgeber, ist also nur meine bescheidene Meinung.
Wenn Arbeitgeber Bewerbungen bekommen, kennen sie den Menschen dahinter in der Regel nicht. Sie wissen nicht, ob die Person besondere Talente hat, welchen Charakter sie hat, wie sie arbeitet. Alles, was sie sehen, sind die Bewerbungsunterlagen. Und anhand dieser Unterlagen müssen sie eine Vorauswahl treffen, wen sie zu einem Gespräch einladen.
Da diese Gespräche locker 1-2 Stunden pro Person dauern und ein Unternehmen ja nicht existiert, um Bewerbungsgespräche zu führen, sondern eigentlich alle dort ganz andere Aufgaben haben, muss man diese Vorauswahl anhand der Bewerbungen treffen. Sonst würde das zu viel Zeit kosten.
Wenn jemand gerade mit der Schule fertig geworden ist, hat diese Person noch keine Arbeitszeugnisse oder berufsbildende Abschlüsse vorzuweisen, woraus sich Erfahrungen und Fähigkeiten ablesen lassen. Einzig das Abschlusszeugnis der Schule liegt vor, aus dem man ein bisschen was ableiten kann. Zum Beispiel, ob die Person in der Lage ist, neue Themen gut und zeitnah zu verstehen. Gute Noten und ein höherer Abschluss legen diesen Schluss nahe, schlechte Noten und ein niedrigerer Abschluss eher nicht. Ein schlechtes Abi lässt zudem ein paar Zweifel daran aufkommen, ob die Person ein realistisches Selbstbild hat...
Deshalb ist bei der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz der Schulabschluss inklusive der Noten noch sehr wichtig. Wenn du dann erst mal die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hast, spielt das eine immer kleinere Rolle. Nach ein paar Jahren im Beruf mit entsprechenden Erfahrungen und guten Arbeitszeugnissen ist dein Abi dann komplett egal.
Aber diesen ersten Schritt - den Weg in die Ausbildung - musst du halt irgendwie schaffen. Mit einem eher schlechten Abi kann es dabei sinnvoll sein, über Praktika oder Nebenjobs bei potentiellen Ausbildungsbetrieben erste Füße in Türen zu bekommen. Denn genau dabei kannst du das oben beschriebene Problem lösen. Das wäre also ein möglicher Ansatz!
Was willst du mit einem Arbeitnehmer, der zu dumm ist, deinen Arbeitsauftrag zu verstehen?
Der wunderbar kreativ ist, aber unzuverlässig und faul?
Darüber sagt ein Zeugnis halt eine Menge aus.
(Ich zähle mich selbst zu denen, die sich alles über mehrere Jahre selbst beigebracht haben.)
Nach meiner Erfahrung überschätzen die meisten Autodidakten sich selbst.
Das ist eine mögliche Erklärung.
Es gibt aber bestimmt auch Menschen, welche ohne Abitur gerne alles geben würden um am Ende eine Qualitativ hochwertige Arbeit hinzubekommen.
Ich bin auch so einer, der gerne in richtung 3D/VFX für Filme gehen möchte. Ich mache 3D mit viel Leidenschaft und es macht mir auch ziemlich viel Spaß. Aber Schulisch bin ich echt nicht so gut.