Warum geht in letzter Zeit die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter außereinander?

6 Antworten

Die Zunahme der Ungleichheit ist im Kapitalismus unvermeidlich, denn der Großteil der Bevölkerung arbeitet hier für die Vermehrung des Reichtums einer ohnehin schon reichen kleinen Minderheit. Immenser Reichtum hat also nichts mit besserer Leistungsfähigkeit zu tun, sondern mit der Ausbeutung von fremder Arbeitskraft.

Jemand, der kein oder nur wenig Kapital zur Verfügung hat und von der Hand zum Mund leben muss, hat real so gut wie keine Aufstiegschancen. Mit dem Wachstum der großen Konzerne und Monopole wird es auch für kleine Unternehmen zunehmend schwieriger mitzuhalten, und Kleinbürger und Selbständige rutschen in die Lohnabhängigkeit ab.

Die Zunahme der Ungleichheit wurde in den Nachkriegsjahrzehnten lange durch sozialstaatliche Regelungen verlangsamt, in den letzten gut 30 Jahren des Neoliberalismus wurden die sozialen Sicherungsnetze und Regulierungen aber weitgehend abgebaut.

In Deutschland beispielsweise wurde ein riesiger Niedriglohnsektor geschaffen, der im europäischen Vergleich einmalig ist. Das führt dazu, dass Deutschland, das die stärkste europäische Wirtschaft darstellt und die europaweit geringste Arbeitslosenquote hat, trotzdem eine höhere Armutsquote vorweist als ausnahmslos alle Nachbarländer.

Der Neoliberalismus, durch den sich die Zunahme der Ungleichheit so beschleunigt, hat sich aus mehreren Gründen durchgesetzt. Der eine ist die fehlende Opposition. Seit dem Zerfall der realsozialistischen Staaten präsentiert sich der Kapitalismus als alternativlos und das Ende der Geschichte. Die Gewerkschaften sind in Deutschland durch die Sozialpartnerschaft zu Komplizen der Unternehmer geworden und speisen die Belegschaften regelmäßig mit Nullrunden und Reallohnverlusten ab, und die politischen Parteien sind allesamt verbürgerlicht und staatstragend.

Zweitens ist ein starker Sozialstaat nur mit einem wirtschaftlichen Aufschwung wie nach dem Weltkrieg möglich (und kommt auch dann nicht automatisch, sondern nur wenn er erkämpft wird). Aktuell gerät der Kapitalismus weltweit aber in immer größere Krisen und das Wirtschaftswachstum stockt. Es geht jetzt also nicht mehr um die Verteilung eines wachsenden Kuchens, sondern um einen schrumpfenden, und deshalb verteidigen die Unternehmer ihren Anteil umso bissiger.

Es gibt sehr wohl noch eine Mittelschicht, 2019 waren es in Deutschland noch 63%. Sie schrumpft aber durchaus.

Ich komme zwar aus der Schweiz, aber wir haben ähnliche Probleme.

Die Mittelschicht schrumpft durch sozialen Auf- und Abstieg. Leute wie ich die hart arbeiten und Glück! haben steigen immer weiter auf. Andere die Pech haben steigen ab, zum Beispiel durch die Corona-Massnahmen oder weil sie auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr gefragt sind (z.Bsp. Alter oder Digitalisierung).

Was sehr komplex ist, ist die Kaufkraft. Da spielen sehr sehr viele Elemente mit, ich zähle die wichtigsten 2 Anspruchsgruppen auf die dich interessieren werden:

Arbeitgeber:

  • Rohstoffe werden teurer
  • China erhöht den Lebens-Standard, Sicherheit, Umweltschutz, das bedeutet teurere Produkte für den Westen (auch befeuert durch unsere Ansprüche wie soziale Arbeitsbedingungen)
  • Arbeitnehmer wollen mehr Gehalt und mehr Work-Life Balance, heisst mehr Manpower (sorry das ist noch immer der Begriff der gelehrt wird) muss beschafft werden
  • Transport- und Energiekosten sind förmlich explodiert
  • Kunden kaufen bewusster ein weil die Lage nicht sehr sicher scheint
  • Währungen und Aktien sind ein grosses Problem

Fazit: um Rentabel zu bleiben werden Preise erhöht, Arbeiter wenn möglich nicht mehr ersetzt (in der Schweiz wohl ein grösseres Problem)

Arbeitnehmer :

  • Wollen mehr Lohn um die Kaufkraft nicht zu verlieren (was sie zu einem Teil mitbefeuern)
  • Wollen mehr Work-Life Balance
  • Wollen Nachhaltigkeit, sind aber nur selten bereit diese Produkte auch zu kaufen (ich bin im Handel, wir merken diese Heuchlerei sehr)
  • Geben ihre verringerte Kaufkraft vorsichtiger aus (was Probleme bei Arbeitgebern verursacht)

Dazu kommen unter anderem die Anspruchsgruppen Bank, Gemeinde, Staat, Shareholder die ihre eigenen Probleme und Massnahmen haben die zur aktuellen Situation beitragen. Da ich nicht aus Deutschland komme kann ich nicht direkt darauf eingehen.

Schon als Schulkind habe ich nicht verstanden, weshalb wir prozentual die Gehälter steigern und uns die Weitung der Schere wundern...

Hauptgrund: die Inflation wird nicht nach dem Warenkorb berechnet, den die Wenigverdiener kaufen. da wär diese fast doppelt so hoch (siehe Österreich, Mikrowarenkorb) - abgegolten wird aber die Inflation aber nach einem Warenkorb, der eine weit niedrigere Rate ergibt.

Ungleichheit ist kein Problem,Chancenungleichheit schon!D. die Schere auseinander geht bedeutet nicht d. es den Armen schlechter geht sondern vlt. d. eine Gesellschaft zB. freier geworden ist.Wenn jeder selbstbestimmter leben kann sind die Ergebnisse am Ende logischerweise unterschiedlich weil Menschen nicht künstlich gleichgeschaltet werden!In absoluten Zahlen(und darauf kommt es an!) geht es auch Ärmeren gerade in wirtschaftlich freieren aber weniger gleichgeschalteten Ländern besser!!Siehe auch index wirtschaftliche freiheit/heritage foundation!