Warum diese Regeln (Zehn Sitten-Regeln)?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Mönche dürfen nach Mittag nichts mehr essen.

Weil es gesund ist. Je seltener (nicht je weniger!) man am Tag ist, umso besser ist das für die Vitalität des Körpers. Der Grund ist, dass man den Körper auf Zeit entlastet. Denn in der Zeit wo der Magen nichts verdauen muss, kann er sich beruhigen. Auch ist es sehr gesund, wenn der Blutzuckergehalt über mehrere Stunden am Tag auf einem neutralen Level ist. Genauso hat man weniger Probleme mit den Zähnen, wenn man seltener am Tag ist. Heute nennt man das Intervalfasten bzw. intermittent fasting. Viele Leute haben es geschafft dadurch auf ein gesundes Maß abzunehmen. Andere berichten, wie sie sich dadurch viel vitaler fühlen. Leute die über Jahre hinweg Intervallfasten praktizieren, haben auch ein viel geringeres Risiko auf Diabetes Mellitus Typ-2. Ich selber mache es zeitweise so, dass ich 8 Stunden am Tag esse & 16 Stunden nicht mehr wie 35 Kalorien zu mir nehme.

Mönche sollen sich fernhalten von Gesang, Tanz, Musik und Schauspiel.
Mönche sollen Blumenschmuck vermeiden.
Mönche dürfen nicht auf bequemen Betten schlafen.
Mönche dürfen kein Gold, Silber oder Geld annehmen.

Wie bereits der User Satian gut erklärt hat, hat das etwas mit dem nicht anhaften zu tun. Wer bescheiden lebt, hat kaum die Chance gierig zu werden. Und Gier (Pali: lobha) ist neben der Verblendung (Pali: moha) & dem Hass (Pali: dosa) im Buddhismus das schlimmstes geistige Phänomen, weshalb man auch von einem Geistesgifte (Pali: mula) spricht. Wer sich aber dem "Luxus" hingibt, hat viel woran er haften kann. Oft findet das nur auf gedanklicher Ebene statt. Aber schon das ist problematisch, denn zum meditieren braucht man bekanntlich einen freien Geist.

Woher ich das weiß:Hobby – aktiv praktizierender Buddhist & belesen
Weltfriede 
Fragesteller
 05.07.2021, 21:01

Vielen Dank

Aber wie kann man von Gesang, Musik, Tanz und Schauspiel gierig werden? o.O

Also natürlich kann sich daraus eine Musiksucht entwickeln, aber das ist doch wohl eher sehr selten der Fall

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Bodhgaya  05.07.2021, 22:37
@Weltfriede
Aber wie kann man von Gesang, Musik, Tanz und Schauspiel gierig werden? o.O

All diese Dinge verursachen störende Gedanken. Wer sich einer Musik hingibt, der ist in einer freudigen Ekstase. Aber gerade ekstatische Zustände sind sehr hinderlich, wenn es um das Erreichen von Nirwana geht. Denn sie hindern den Geist an seiner bewussten Kontrolliertheit.

Anders ist es natürlich bei Musik zu religiösen Zwecken. Diese ist den (meisten?) Buddhisten erlaubt, da sie sogar meditativ förderlich sein kann.

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Das Ziel der Mönche und Nonnen war - jedenfalls damals - noch in diesem aktuellen Leben das Erwachen zu verwirklichen.

Voraussetzung dazu ist das Loslassen jeglicher Anhaftung an sinnlichen Dingen, deshalb ist nur das unbedingt Lebensnotwendige erlaubt.

Orden und Laienanhänger sollten in gegenseitiger Abhängigkeit bestehen, weswegen auch keine "Selbstversorgung" (z. B. landwirtschaftliche Art etc.) erlaubt war.

Im Vinaya finden sich noch mehr als zweihundert weitere Regeln. Dies ergab sich, weil durch das zahlenmäßige Wachsen des Ordens immer mehr Verhaltensweisen auftraten, die als nicht zielführend galten und folglich untersagt wurden. Es erfolgte auch wegen der Außenwirkung auf die Laienanhänger und um in Inneren Streitigkeiten zu vermeiden, d. h. um den Fortbestand des Ordens bestmöglich zu sichern.

Hätte man diese Vorgehensweise nicht nach Buddhas Parinibbana eingefroren, würde der Vinaya heute vermutlich die deutsche Steuerliteratur an Umfang weit übertreffen.😉

Bodhgaya  05.07.2021, 20:20
Orden und Laienanhänger sollten in gegenseitiger Abhängigkeit bestehen, weswegen auch keine "Selbstversorgung" (z. B. landwirtschaftliche Art etc.) erlaubt war.

Ich verstehe diesen Satz nicht ganz. Kannst du ihn erklären?

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Weltfriede 
Fragesteller
 05.07.2021, 23:10
@Bodhgaya

Orden und Laienanhänger sollten aufeinander eingewiesen sein, also nicht ohneeinander auskommen, daher auch keine „Selbstversorgung“ (z.B. landwirtschaftlicher Art, indem man sich Essen anbaut.) erlaubt war.

So ist das nochmal etwas unkomplizierter erklärt.

Orden und Laienanhänger sollten also nicht alles alleine machen, sondern zusammen. Deswegen durften sie sich auch nicht selbst versorgen.

Kann aber sein, dass ich es falsch verstanden habe. Weißt du jetzt aber ein bisschen besser, was damit gemeint ist?

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satian  06.07.2021, 09:07
@Bodhgaya

Ja Bodhgaya, du hast Recht mit deiner Nachfrage, denn der Zusammenhang ist hier recht weitläufig und von mir sprachlich leider nicht exakt genug unterschieden.

Selbstversorgung war für Laienanhänger selbstverständlich nicht untersagt - das wäre ja auf kollektives Verhungern hinausgelaufen.

Und "in gegenseitiger Abhängigkeit" bedeutet nicht, daß sie zusammenarbeiteten - etwa in der Art, daß Mönche bei der Feldarbeit helfen - sondern daß die Laien für den Lebensunterhalt der Mönche/Nonnen sorgten. Bei den Empfängern sollte das zu Demut führen, Bescheidenheit bei der Lebensführung, Ansporn in ihren Bemühungen - im Gegenzug dafür belehrten sie die Laien in Hinblick auf den Heilsweg. Kurz: Ohne Laien gibt es keinen Orden, ohne Orden geraten Buddhas Erkenntnisse in Vergessenheit.

Ich gebe aber gerne zu, daß - meines Erachtens - in heutiger Zeit "Zwischendinge" durchaus sinnvoll sind.

Ordensangehörige hatten streng genommen ja nur noch ein einziges Ziel in ihrem Leben, und dem wurde eben alles andere untergeordnet. Ernähren sollten sie sich z. B. nur von erbettelter Nahrung. Man muß bedenken, daß selbst geringste Abweichungen einen "Rattenschwanz" von Folgen nach sich ziehen können. Es wird ein Beispiel von einem Mönch gebracht, der eine Katze als "Haustier" hatte. Nun, für diese brauchte er Milch zur Ernährung. Um Milch zu bekommen schaffte er sich eine Kuh an, für diese brauchte er eine Wiese, dann einen Stall - und zum Schluß war er Besitzer eines Gutshofs. Rein weltlich könnte man diesen "Statuswechsel" als "großen Erfolg" betrachten - aber das eigentliche Ziel war in weite Ferne gerückt.

Anmerkung: Ich kann mich an die genaue Stelle im Kanon nicht mehr erinnern, deshalb erfolgte die Schilderung nur schematisch. Selbst wenn es nur eine "fiktive" Geschichte war oder in der Realität nicht derart weit getrieben worden wäre, so wird doch deutlich, wie schnell man beim beabsichtigten Heilsweg aufgehalten/gehindert werden kann.

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Weltfriede 
Fragesteller
 05.07.2021, 23:32

Allerdings können sich durchaus mehrere Personengruppen selbst versorgen.

Selbstversorgung heißt ja, dass man sich das Essen selber anbaut und nicht in einem Markt oder so kauft.

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satian  06.07.2021, 09:20
@Weltfriede

Hi McFlorian, zu diesem Thema habe ich eine separate Antwort an Bodhgaya gegeben, die etwas näher darauf eingeht.

Es war speziell auf die damalige Zeit bezogen. Dein Kommentar ist zwar völlig richtig, aber ich meinte bei meinen Ausführungen nicht die aktuelle Bedeutung.

Selbstversorgung war zu sehen im Hinblick auf eigene Bemühungen zum Lebensunterhalt. Ordensangehörige sollten total abhängig sein von Hausleuten, also nichts selbst anbauen, keine Arbeit/Aufträge annehmen um mit dem Erlös Nahrung zu kaufen, ja nichteinmal das Pflücken einer Frucht war erlaubt - das wäre ja "nehmen von Nichtgegebenem", somit Verstoß gegen Sila Nr. 2.

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Viele religiöse Regeln basieren auf zwangsneurotischer Grundlage oder waren früher wichtig, um nicht krank zu werden, also medizinische Gründe. Milch und Fleisch trennte man in der Küche, weil Fleisch sehr schnell schlecht wird, wenn es mit Milch in Kontakt kommt. Gleiches gilt bei der Beschneidung von Männern, die in wasserarmen Gebieten leben. Ebenso konnte Schweinefleisch weniger gut haltbar gemacht werden als z. B. Ziegenfleisch.

1. Askese, um den Geist zu stärken

2. Meditation, um den Geist zu stärken

3. Keine Bequemlichkeit, um den Körper zu stärken und den Geist an Unbequeme Situationen zu gewöhnen

4. Armut hilft, nicht bequem zu werden, da man sich seine Bedürfnisse durch teils harte Arbeit befriedigen muss. Beispielsweise auch Gartenarbeit.

Das ist alles Grundlage für eine gelingende Meditations-Praxis.