War Martin Luther Wegbereiter des Kapitalismus?

Lordlomon  25.08.2021, 21:24

Wie Lautet der ganze Name von E.Fromm ?

7 Antworten

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Luther hat aber (weswegen man ihn in der DDR skurriler Weise teilweise auf nen Sockel gehoben hat, da gibt es ne monumentale DEFA-Produktion zu), auf der anderen Seite seinerzeit auch verbal ganz schön gegen die aufkommenden Monopolisten und in Teilen gegen die Großkaufleute (Fugger u.a.) ausgeteilt.

Einen Wegbereiter des Kapitalismus würde ich ihn nicht nennen.

Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten, wo man den Beginn des Kapitalismus sehen will.

Wenn man es am Kaufmannskapitalismus des ausgehenden Mittelalters und der frühen Neuzeit festmachen will, der war vor Luther da. Davon konnte Luther seinerzeit schon massiv profitieren, nicht zuletzt auch durch seine eigene Herkunft und den Aufschwung des Montanwesens in Mitteldeutschland.

Wenn man, wie es später die Marxisten taten, mit dem aufkommen der kapitalistischen Produktionsweise begründen will, auch das hat mit Luther nichts zu tun, da ist er fast 300 Jahre oder in England jeedenfalls 250 Jahre davon weg.

Die Tatsache, dass Luther die ständische Gesellschaft an und für sich nicht infrage stellte, gibt da auch sonst wenig Raum, denn die stand der Entwicklung des freien Gewerbes und den Anfängen des Kapitalismus durch ihre Einschränkungen , den zunftzwang etc. eher entgegen.

Die Lutherische Ethik, die protestantische insgesamt, mag vielleicht langfristig, was die Anforderungen angeht, die Protestanten fitter für den Kapitalismus gemacht haben, als die Katholiken, wie Max Weber das seiner Zeit mal behauptet hat ("Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus"), dass mag sein, aber wegweisende Dinge, die ausgerechnet eine kapitalistische Entwicklung protegierten, sehe ich bei Luther eigentlich nicht.

Eher schon bei Calvin, weswegen der sich gegenüber Luther wahrscheinlich auch in den wirtschaftlich extrem entwickelten Gebieten Europas in den Niederlanden und teilen Frankreichs durchsetzen konnte, weil dass schon eher darauf zugeschnitten war.

Luther hat sich mit seinen Thesen ja eher in Gebieten durchgesetzt, die industriell eher Nachzügler waren, in Norddeutschland, im heutigen Polen (Sprich in Pommern, den beiden Preußen und Niederschlesien), im Baltikum und in Skandinavien.

Von diesen Gebieten war keines wirklich früh mit der Industrialisierung drann oder wäre mit besonders intensiv ausgebautem Manufakturwesen aufgefallen. In den Gebieten Westeuropas, die in dieser Hinsicht die Vorreiterrollen spielten, ist Luther nie angekommen oder jedenfalls nie populär und mehrheitsfähig gewesen.

MarkusAurelius 
Fragesteller
 25.08.2021, 21:53

Vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort! Das sind sehr interessante und gut nachvollziehbare Argumente! :)

Erich Fromm hatte meine Frage meiner Kenntnis nach nie direkt bejaht oder verneint. Möglicherweise bezieht sich das Zitat, wie so oft bei ihm, auf latente Zustände wie die geistige Verfassung und der Gesellschaft und beabsichtigt keine Anwendung auf den Kapitalismus als solchen.

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Otaku19995  25.08.2021, 22:06
@MarkusAurelius

Ich muss zugeben, dass ich Fromm nie gelesen habe. Aber der Versuch einer Verknüpfung zwischen kapitalistischem Fortschritt und protestantischer Konfession, sprich die Kerbe in die da auch Weber seiner Zeit geschlagen hatte (und die teilweise recht gut wiederlegt ist), wäre für die protestantisch dominierte Geschichtsschreibung und aufkommenden Sozialwissenschaft des ausgehenden 19. und ein Stück weit auch der ersten Hälfte des 20. jahrhunderts nicht ganz untypisch.

Da schwang zu der Zeit noch ein bisschen das Erbe der Bismarck'schen Kulturkampfzeit und das damit verbundene Abgrenzungsbedürfnis von Portestanten und Katholiken gegeneinander mit.

Wie gesagt, ich hab mich mir Fromms Werk nie auseinandergesetzt, aber es mag gut sein, dass er mit seinen Thesen noch in dieser Tradition zu verorten ist, wenn dem so wäre, wäre das mit Vorsicht zu genießen.

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Nein.

Da wäre eher Calvin zu nennen.

Wobei ich Fromms Argumente nicht mehr im Kopf habe. Aber ich vermute, ganz so platt kam es bei ihm nicht rüber.

Gruß, earnest

Luther war ein Mann, der das Herz auf dem Rechten Fleck hatte, aber auch ein Mann seiner Zeit.

Er hatte mit vielem zu kämpfen und wollte doch nicht alles trennen.

Er stand in einem grossen inneren Konflikt und dass er da auch viele Fehlentscheidungen getroffen hat, ist ihm wohl Kaum anzukreiden.

Das entscheidende ist, dass er die Menschen aus der Knechtschaft der Katholischen Kirche gebracht hat und dem Menschen zutraute selbst lesen und Prüfen zu können ob das was ihm vermittelt wird richtig oder falsch ist.

Er hat den Menschen die Bibel übersetzt, damit sie selbst erkennen konnten, dass sie dich die Kirche belogen wurden.

Wer sich über Luter beschwert, der sollte erst bei sich selbst anfangen.

Denn jeder kann jetzt selbst prüfen und so einfach wie heute war es damals noch nicht.

Luther konnte keine Stichworte in die Bibel eingeben und schon kamen alle Schriftstellen zum Thema, er musste mühsam suchen und finden.

Er war was heute verachtet wird.

Ein Querdenker.

einer seiner Aussagen war:" ich ersäufe meinen Ego täglich doch der Kerl kann schwimmen"

Wenn wir heute sehen????

Ich gebe meinem Ego Schwimmflügel, damit er ja nicht untergeht.

Was ist wohl besser?

Es ist leicht über andere zu Urteilen und sie für Fehler zu verurteilen.

Aber zeige erst mal, dass du es nur annähernd ähnlich machst.

Besser wird gar nicht erwartet.

Luther als Begründer des Kapitalismus ist schon weit hergeholt. Es waren andere Reformatoren innerhalb der evangelischen Kirche, denen dieses Werk angekreidet werden kann, in erster Linie Calvin, der lehrte, der Segen Gottes liege im finanziellen Wohlstand. Fromm zitiert hier lediglich den Soziologen Max Weber, der in seinem Werk https://de.wikipedia.org/wiki/Die_protestantische_Ethik_und_der_Geist_des_Kapitalismus

den Kapitalismus vom Protestantismus ableitet.

Woher ich das weiß:Recherche

Nein.

Arbeit ist in allen Gesellschaften eine wesentliche existenzielle Grundlage.

Wem die Produktionsmittel gehören und wem der Mehrwert der Arbeit zur Verfügung steht, hat gar nichts mit Liebe und Anerkennung zu tun.