War der König unterm Volk?

4 Antworten

Wir wissen es nicht

Das ist eine interessante Frage des Alltagslebens im Mittelalter, die dir nur leider niemand beantworten kann. Denn die Menschen haben damals solche Belanglosigkeiten nicht aufgeschrieben. Auch haben sie solche Dinge nicht aufgeschrieben, die eh jedermann wusste. Ob sich nun die Könige und Kaiser zwischendurch unerkannt oder inoffiziell unter das Volk gemischt hat, kann man also nicht sagen. Man kann es nur vermuten:

Die Herrscher des Mittelalters waren nicht so vom Volk entrückt, wie man sich das vielleicht vorstellt und es gab durchaus Berührungspunkte. Je weiter wir im Mittelalter zurück gehen, desto näher war der König dem Volk. Schließlich war es jahrhundertelang seine Aufgabe, Recht zu sprechen, als letzte Instanz. Auch alltägliche Rechtsabsprachen (Stadtrechtvergabe, Münzrechte, der ganze Kram) wurde ja nicht im Elfenbeinturm verhandelt, sondern ganz konkret mit den Deligierten einer Stadt beispielsweise.
Der König zeigte sich zudem in Prozessionen, bei Turnieren und allerlei Veranstaltungen. Da die Könige lange selbst ihre Truppen anführten, dürften vor allem "Soldaten" (Bitte nicht an Soldaten im heutigen Sinne denken) häufiger Kontakt zum König gehabt haben, bzw. in dessen Nähe gewesen sein.

Du möchtest wissen, ob sich ein König aber außerhalb dieser Dinge, privat aus dem Schloss geschlichen haben könnte. Aber die Frage ist, wozu er dies hätte tun sollen?

  • Eine Kneipenkultur gab es nicht, kein Nachtleben oder Clubs, Konzerte etc. Man feierte privat im engeren oder weiteren Kreis. Absolut unwahrscheinlich!
  • Um zu shoppen? Möglicherweise ist ein König auch mal an hohen Markttagen über den Markt gegangen, wenn Händer von weiter Ferne sich eingefunden haben. Vermutlich werden diese jedoch eher den Sitz des Königs aufsuchen. Eher unwahrscheinlich!
  • Um die Meinung der einfachen Leute zu belauschen, sozusagen als Agent in eigener Sache? absolut unwahrscheinlich! Denn man muss schon Glück haben, zufällig neben den Personen zu sitzen, die ausgerechnet in diesem Moment etwas über die Regierungspolitik des Königs sprechen. Ein Politisieren am Stammtisch gab es damals auch nicht, zumindst finden sich dafür keine Belege.
  • Um mal die Stadtluft zu genießen und sich die Beine zu vertreten? schon möglich! Allerdings wird er dann eher auf einen Landsitz gehen, auf die Jagd oder ausreiten gehen.
Privat gibt es nicht!

Ganz wichtig für dich zu wissen ist aber, dass es eine Unterscheidung zwischen einer Privatperson und seiner Stellung/Amt im Mittelalter nicht existiert. Ebensowenig gab es so etwas wie Freizeit. Es war eigentlich immer etwas zu tun, und wenn man wollte und konnte, tat man etwas erholsames. Der König war niemals, zu keiner Sekunde seines Lebens, privat! Das war kein Beruf in unserem Sinne, sondern der König war die Verkörperung irdischer Herrschaft von Gottes Gnaden. Das war auch auf dem Thron, im Bett und zu Tisch. Tag und Nacht bis zum letzten Atemzug. Er konnte also nicht privat zu jemanden etwas sagen, es war immer der König, der es sagte.

Aber er wird mit den Leuten gesprochen haben, nur eben immer als König.

Eine bessere Antwort kann ich dir leider nicht geben als die, dass das Bild vom König, der nachts heimlich das Schloss verlässt um mit einer Kapuze verhüllt am Tavernentisch sitzend, dem Volk zuhört oder eine Prostituierte besucht, nur Fantasyfilm ist. Das hat es ganz sicher so nicht gegeben!

Nein, der hat sich nicht unter das normale Volk gemischt. DA er meist mit großem Gefolge unterwegs war, wäre das auch aufgefallen. Außerdem machten die Könige damals auch keine Vergügungsreisen, waren also nicht privat unterwegs.

Ich kenne es nur von zwei "Königen/Königinnen, die inkognito unterwegs waren. Marie Antoinette besuchte mal einen Ball in Paris - auf dem sie Alexander von Fersen kennenlernte. Aber da war sie maskiert und das "niedrige Volk" war da sowieso nicht eingeladen. DA fiel sie also nicht auf. Und als ihre begleitenden Damen merkten, dass es eng wurde, sind sie auch schnell abgereist.

Ihr Bruder Kaiser Josef reiste schon mal inkognito, ,aber man hat sich lustig darüber gemacht, da er dafür sorgte, dass es doch rauskam, wer er wirklich war. Und dann freute er sich, wenn die Leute staunten.

Er war mit einer ganzen Gefolgschaft, dem Tross, unterwegs. Hat alles mögliche mitgeschleppt, sogar Fenster für seine zugigen Burgen. (wenn du das Mittelalter meinst) Und dann ist er natürlich nicht ohne Leibwache unters Volk gegangen. Keine Märchenfilme gesehen?

Nachtrag, weil hier einige schlauer sind als die Historiker, die bei TerraX auftreten oder Burgen nachbauen:
Fenster waren damals so wertvoll, weil es noch kein Fensterglas gab. Bevor die Butzenglasscheiben erfunden wurden, musste man sich mit Pergament aus Schafs(?)-Häuten behelfen, die durch Einölen opak gemacht wurden. Das sah dann aus wie die heutigen Milchglasscheiben, nur mit Warmton. Diesen Luxus konnte man sich aber nur für die zentralen Räume leisten, die anderen Fenster standen im Sommer offen und wurden im Winter mit Fensterläden geschlossen. Die Zimmertemperaturen waren ohnehin nicht die von heute. Da durfte man nicht zimperlich sein. Um die massiven Wände warm zu kriegen, dauerte es lang und die Kamine waren nicht effektiv. Deshalb behalf man sich mit Wandteppichen, hinter denen sich ein Luftpolster zur Isolation bildete. Die Oberfläche dagegen erwärmte sich durch die Strahlung der offenen Feuer recht schnell und strahlte die Wärme zurück. Natürlich überließ man auch die wertvollen Wandteppiche beim Auszug nicht dem Schimmel.

Und nochwas: Nur weil man laut herumtobt, hat man noch lange nicht recht. Man disqualifiziert sich vielmehr selbst und damit auch die richtigen Anteile des Kommentars.

Eisenwind  05.06.2023, 15:03

Nein, die Könige haben keine Fenster "mit herumgeschleppt" und die Burgen waren auch nicht zugig und hatten übrigens Fenster.

Aus welchem hirnverbrannten Grund sollte man die Fenster einer Burg ausbauen um diese mitzunehmen?

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Aylamanolo  05.06.2023, 16:04
@Eisenwind

die franz. Könige, allerdings nach dem Mittelalter, zogen regelmäßig um. Auch die englischen Könige, Das mussten sie auch, da das bisher bewohnte Schloss rel. schnell völlig verdreckt war und dann komplett renoviert werden musste, Man darf nicht vergessen, dass die Herren ungeniert gegen die Wände pieselten, gegen die Seidentapeten, Und die Damen ließen es laufen. Es muss unglaublich gestunken haben in Versailles.

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Eisenwind  05.06.2023, 16:51
@Aylamanolo Ach du meine Güte...

Unfassbar, was für blödsinnige Klischees über das Mittelalter immer noch verbreitet sind. Als wären die Menschen damals bessere Neandertaler gewesen, strunzdumm und zu faul auf Klo zu gehen. Kann man sich nicht ausdenken. 🤦‍♂️ Aber du kannst nichts dafür, weil man so einen Mist täglich vorgebetet bekommt.

In England und Frankreich sind die Könige nicht umhergereist, das war eher ein Merkmal der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Diese sind tatsächlich von einer Pfalz in die nächste gereist und ja, teilweise würden auch die Möbel mitgenommen.

Der Grund war aber nicht, weil diese Leute ihre Burgen verdreckt hatten und diese renoviert werden mussten! 🤣 Wer erzählt so einen Scheiß, woher hast du das nur?

Der Grund liegt darin, dass es keine festen Verwaltungsstrukturen für ein derart großes Reich zu dieser Zeit gab. Es dauerte viele Tage, bis ein Dekret endlich beim Empfänger ankam. Eine ständige Korrespondenz hätte ewig gedauert. Also reiste der Kaiser von einer Kaiserpfalz zur nächsten, um vor Ort präsent zu sein.

Die Burgen mussten natürlich nicht nach Abreise renoviert werden und man machte auch nicht einfach sein Geschäft auf den Fußboden oder die Wände!!! Auch gab es im Mittelalter keine Seidentapeten und Versailles wurde erst im 17. Jahrhundert errichtet.

Jede Burg verfügte über mehrere Aborte, die benutzt worden. Hygienischer als ein modernes Wasserklosett, weil die Bioabfälle direkt auf dem Mist darunter, auf die Felder verbracht wurden. Denn das Mittelalter war tatsächlich eine düngerarme Zeit.

Auch in Versailles haben weder die Herren an die Wände gewinkelt, noch die Damen es einfach laufen lassen! Das ist pure Legende! Der Grund für diese dümmliche Annahme ist, dass es keine separaten Toilettenräume gab. Es gab aber separate Räume und mobile Toilettenstühle, Nachttöpfe. Diese fanden sich abseits hinter Vorhängen, so dass man etwas Ruhe beim Kacken hatte.

Natürlich waren das keine WC mit Wasserspühlung und jemand musste das regelmäßig entsorgen. Aber die Böden und Wände blieben trocken!

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Aylamanolo  06.06.2023, 00:46
@Eisenwind

Hallo? Ich habe über die Kõnige Nach dem Mittelalter geschrieben. Nach dem Mittelalter. Ich habe diverse Biographien über die Tudors, über die Valois und Bourbonen gelesen. Gerade Henry Vlll zog sehr viel um, die Bourbonen zogen um, weil die Schlösser regelmäßig renoviert werden mussten.

Renoviert, weil sie verdreckt waren. Auf Legenden musste man sich nicht verlassen, da NACH dem Mittelalter alles aufgeschrieben wurde.

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Eisenwind  06.06.2023, 06:30
@Aylamanolo

Tja. Ich kenne diese Biographien nicht. Wenn Heinrich 8. viel gereist ist, mag das sein.

Das mit der Renovierung und dem Dreck ist aber falsch! Wenn das dort in den Büchern steht, dann schreiben die Blödsinn.

Nun mag es durchaus sein, dass Schlösser renoviert werden müssen oder sie werden dem neuen Geschmack der Mode umgebaut. Der König ist aber keinesfalls aus den Gründen umgezogen wie du glaubst.

Es bleibt dabei: die Leute haben sich nicht so verhalten, wie du beschrieben hast.

Das ist mal amtlich.

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Aylamanolo  12.08.2023, 13:11
@Eisenwind

nach der Revolution führte man eine sehr alte adelige DAme in dem verlassenen Schloss Versailles herum. Sie war traurig, weil sie sich in dem leeren Schloss fremd vorkam. Dann betraten sie einen Raum, wo ein Abwasserkanal geborsten und noch nicht repariert war. Es stand entsetzlich, die alte Dame aber strahlte. "Ja, rief sie begeistert, "genauso war es."

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Eisenwind  12.08.2023, 13:17
@Aylamanolo

Eine seltsame Geschichte, die ich für wenig glaubwürdig halte. Zumal du dir nun selbst widersprichst. Plötzlich hatte es also Abwasserkanäle gegeben?

Es gab sie nicht. Es gab Wasserleitungen für die riesigen Brunnenspiele. Diese funktionieren übrigens heute noch, 300 Jahre später.

Es gab, wie bereits erwähnt, mobile Toilettenstühle, Nachtöpfe und Diener, die sich darum kümmerten.

Außerdem war das Schloss niemals für längere Zeit verlassen, sondern wurde nach der Revolution umgewidmet.

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Aylamanolo  12.08.2023, 14:46
@Eisenwind

ich muss nachgucken, wo es stand, In einer Biographie von Marie Antoinette. Oder in einem Fachbuch über die Entwicklung des Schlosses und das Leben in Versailles.

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Eisenwind  13.08.2023, 10:24
@Aylamanolo

Marie Antoinette starb unter der Giutine und konnte schlecht das "verlassene" Schloss besichtigen. Die Geschichte ist, gleich wo sie stand, vermutlich nichts weitet als eine Legende ohne Realitätsbezug. Es gab keine Abwasserleitungen die hätten platzen können! Also kann sich auch eine sehr alte Dame nicht daran erinnern!

Vielleicht solltest du beginnen meine Worte nicht zu ignorieren. Ich hatte dir beschrieben, wie es wirklich war.

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nein hat er nicht