Verjährte Forderung durch unwidersprochenen Mahnbescheid wieder "aktivieren"?

6 Antworten

Die Forderung besteht trotz der Verjährung weiter. Der Schuldner hat mit der Verjährung nur eine "Einrede" aufgrund derer er nicht zahlen muss. Dieser Einrede muss er aber erheben, er muss also an irgendeiner Stelle sagen: Dieser Anspruch ist verjährt. Du kannst also einen Mahnbescheid beantragen oder ihn verklagen. Wenn der Gegner pennt, wird das Ding rechtskräftig und du hast wieder 30 Jahre Zeit für die Vollstreckung.

Aber: Der Mahnbescheid schlägt mit 120 € zu Buche (ich gehe mal von 10.000 € aus). Das kann man ja verkraften. Aber sobald der Gegner Widerspruch gegen den Mahnbescheid erhebt, landet die Sache beim Gericht. Um Kosten zu vermeiden (weil die Sache ja herzlich aussichtslos ist), müsstest du die Klage zurücknehmen. Da wir mit 10.000 € schon bei Landgericht sind und du dort einen Anwalt brauchst, müsstest du (nur für die Rücknahme der Klage) dem Anwalt schlanke 740 € (incl. Auslagenpauschale, zzgl. MwSt) zahlen. Hat der Gegner schon einen Anwalt genommen, musst du die gleiche Gebühr auch für den bezahlen. Die Gerichtsgebühr reduziert sich um 2/3, bleiben aber trotzdem noch 241 € übrig. Das sind überschlagen 2000 € für die Möglichkeit, dass die Gegenseite enorm pennt. Und da gehen wir mal nur davon aus, dass die Forderung dir glasklar zusteht und "nur" verjährt ist.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Examinierter Jurist
Kazimoto 
Fragesteller
 01.09.2020, 13:11

Hallo Wikifreak, vielen Dank für die ausführliche und fundierte Antwort. Die Forderung besteht glasklar (nicht erfolgte Weiterleitung der Bezahlung einer Warenlieferung i. H. v. knapp 40.000 Euro). Habe ich dich richtig verstanden und ich bin schon auf der sicheren Seite, wenn der Schuldner den Einspruch wegen Verjährung gegen den Mahnbescheid verpennt oder kann er die Einrede der Verjährung auch später noch einlegen (z. B. bei der Vollstreckung)?

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Wikifreak  01.09.2020, 16:16
@Kazimoto

Der Schuldner kann auch gegen den Vollstreckungsbescheid innerhalb von 2 Wochen Einspruch erheben (§ 700 ZPO). Auch dann landet die Sache vor Gericht und der Schuldner kann die Einrede der Verjährung erheben.

Du solltest ganz genau prüfen, ob die Forderung wirklich verjährt ist. Wenn während des Ablaufs der Verjährungsfrist (beachte, dass die Regelverjährung erst am Ende des betreffenden Jahres beginnt) eine Teilzahlung geleistet wurde, oder der Schuldner die Forderung in anderer Weise anerkannt hat, beginnt die Verjährung nach § 212 BGB neu zu laufen. Vielleicht war die Verjährung ja auch gehemmt, z.B. durch eine Stundung (§ 205 BGB) oder die Verhandlung über die Forderung (§ 203 BGB).

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Kazimoto 
Fragesteller
 04.09.2020, 17:28
@Wikifreak

Hallo Wikifreak, und nochmals vielen Dank für die Antwort. Wenn gegen den Vollstreckungsbescheid auch Einspruch eingelegt werden kann, ist das wohl kein aussichtsreicher Weg. Leider gab es in der Vergangenheit keine Teilzahlung, Stundung oder eine schriftliche Anerkennung der Schuld. Die Verhandlungen liegen schon zu lange zurück. Wenn ich mir deine Optionen so anschaue, bleibt eigentlich nur, den Schuldner (wie auch immer) zu einer minimalen Teilzahlung oder einer schriftlichen Anerkennung zu bewegen. Oder ist der Zug in beiden Fällen auch abgefahren?

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Nach Ablauf der Verjährungsfrist kann der Schuldner die Einrede der Verjährung erheben. Die Forderung besteht dann zwar nach wie vor, kann aber nicht mehr (gerichtlich) durchgesetzt werden.

Wichtig: Die Einrede der Verjährung ist eine rechtshemmende, keine rechtsvernichtende Einwendung!

Fazit: Probieren kann man es ja mal.

Du kannst es versuchen.

Wenn dem Mahnbescheid nicht widersprochen wird, ergeht ein Vollstrckungs beschluss. Das Gericht prüft dieRechtmässigkeit der Forderung nicht. Sollte dem VB auch nicht widersprochen werden ist die Forderung wieder rechtmässig da.

Du kannst auch versuchen mit dem Gläubiger eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen. Geht er darauf ein und unterzeichnet die Ratenzahlungsvereinbarung kann er keine Verjährungseinrede mehr machen.

Vergiss es oder besprich es mit einem Rechtsanwalt - von meinem Gefühl her würde ich keine Hoffnung mehr hegen - kostet mMn nur Geld ....

Wenn dem Mahnbescheid nicht widersprochen wurde und es einen Vollstreckungstitel gibt ist die Forderung weitere 30 Jahre gültig.

liegt kein Titel vor kann der Schuldner noch dagegen vorgehen.

ob das zu 100% stimmt keine Ahnung bin da Laie

Huflattich  31.08.2020, 20:18

Wieso? Es gibt doch gar keinen Anspruch mehr, da dieser ja verjährt ist ....

Ein Versuch ist vielleicht noch verständlich, aber vor Gericht würde ich dem Mahnbescheid keine Hoffnung mehr einräumen ...

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RobertLiebling  31.08.2020, 20:23
@Huflattich

Verjährung ist nicht rechtsvernichtend! Der Schuldner kann die Einrede der Verjährung erheben - dies muss er aber aktiv tun.

Von Amts wegen wird die Verjährung nicht berücksichtigt.

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nurfuerpost  31.08.2020, 20:45
@Bitterkraut

Wenn er nichts unternimmt kann auch eine eigentlich verjährte Forderung trotzdem rechtskräftig sein. Denn liegt ein Titel vor und unternimmt dagegen auch nichts ist die Forderung rechtskräftig und 30 Jahre gültig. Und da zählt der Einspruch / Einrede der Verjährung auch nicht mehr.

denn ist die Forderung rechtskräftig ist daran zu 99% nicht mehr zu rütteln.

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