Ursprung der Höllenlehre?

10 Antworten

>In dem apokryphen Buch Die Apokalypse Petri aus dem 2. Jahrhundert u. Z. wird über die Bösen gesagt: „Für sie wird ein Feuer angezündet, das nicht verlöscht.“ Dort heißt es auch: „Der Engel des Zorns, Esrael, bringt Männer und Frauen herbei, die bis zur Hälfte ihres Körpers brennen. Der Engel wirft sie an einen finsteren Ort, in die Hölle. Ein Engel des Zorns peinigt sie.“ Um die gleiche Zeit zitierte der Kirchenschriftsteller Theophilus von Antiochia die griechische Prophetin Sibylle. Sie sagte über die Bösen: „Deshalb wird euch die Glut des verzehrenden Feuers erfassen, und in lodernder Lohe in Ewigkeit werdet ihr brennen täglich.“ Diese Worte reihte Theophilus unter die Dinge ein, „die wahr, nützlich, gerecht und für alle Menschen gut gemeint sind“.<

(Quelle: „Wachtturm“ 08, 1.11., S. 8)

Richard30 
Fragesteller
 24.09.2021, 22:50

Aber interessant wäre es da, ob es aus dem babylonischem kommt.

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OhNobody  24.09.2021, 23:04

>In Babylon glaubte man auch, dass nach dem Tod ein Teil des Menschen weiterlebt und möglicherweise in der Hölle leidet.< (bhs, Kap. 15, S. 155)

>In Verbindung mit Astrologie, Dämonenfurcht und der Dreieinigkeitslehre hat diese Lehre von der Unsterblichkeit, die von Babylon ausging und sich über alle Völker der Erde ausbreitete, zu unbiblischen Lehren von einem Höllenfeuer, einem Fegefeuer, einer Wiederverkörperung der Seele, der Seelenwanderung usw. und zu Spiritismus geführt. Mit diesen Lehren sind alle Völker infiziert worden, …< („Wachtturm“ 64, 15.8., S. 508)

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Hallo Richard,

das Wort „Gehenna“ wurde von Jesus mehrfach gebraucht und ist in den Evangelien zu finden (siehe z.B. Matthäus 5:27-30, wo er zweimal vorkommt). Zu der damaligen Zeit wurde der Müllabladeplatz vor den Mauern Jerusalems, wie Du richtigerweise sagst „Gehenna“ oder „Tal Hinnoms“ genannt. Mit diesem Begriff konnte also jeder seiner Zuhörer etwas anfangen.

Doch Jesus sprach nicht einfach von dem allseits bekannten Müllplatz, sondern von einem sinnbildlichen Ort, an den Menschen gelangen, die für eine spätere Auferstehung nicht infrage kommen. Mit anderen Worten: Wer in die Gehenna kommt, erleidet den ewigen Tod.

Interessant in diesem Zusammenhang ist das, was der jüdische Kommentator David Kimchi hierzu sagte: „In der Umgebung von Jerusalem existiert ein widerlicher Ort, in den man unreine Dinge und Leichname hinabwarf. Ebenso war dort ein ständiges Feuer, um die unreinen Dinge und die Knochen [der Leichname] zu verbrennen. Daher wird das Gericht der Bösen sinnbildlich Gehinnom [od. Gehenna] genannt.“

Daraus ist also zu schließen, dass Jesus mit „Gehenna“ nicht die Hölle, sondern, wie gerade gesagt, einen sinnbildlichen Ort meinte, an dem sich diejenigen befinden, die ein ewiges Gericht von Gott erhalten. So krass es sich anhören mag: Die Bibel stützt nicht die Lehre einer Hölle! Wie gerade am Beispiel des Wortes "Gehenna" gezeigt, werden Wörter aus den Originalsprachen der Bibel in etlichen Bibeln fälschlicherweise mit "Hölle" wiedergegeben. Dadurch entsehen allerdings Widersprüche zu anderen Aussagen in der Heiligen Schrift.

Und nun noch zum Unsprung der Höllenlehre. Dazu möchte ich aus zwei Quellen zitieren, die Aussagen dazu treffen:

„Unter den klassischen griechischen Philosophen ist Platon derjenige, der den traditionellen Gedanken von der Hölle am meisten geprägt hat“ (Die Hölle: zur Geschichte einer Fiktion von Georges Minois, Seite 63).

„Ab Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. verspürten Christen mit einer gewissen Vorbildung in griechischer Philosophie den Drang, ihrem Glauben in entsprechenden Begriffen Ausdruck zu verleihen . . . Die Philosophie, die ihnen am geeignetsten erschien, war der Platonismus“ (The New Encyclopædia Britannica, 1988, Band 25, Seite 890).

Die Höllenlehre ist somit keine biblische, sondern eine Lehre, die durch die Philosophie in die kirchliche Lehre Eingang fand. Die Frage ist also: Was ist glaubwürdiger - die Aussagen der Bibel oder die philosophischer Lehrer früherer Zeit? Das muss sich jeder selbst beantworten.

LG Philipp

Aber wo ist dann die Höllenlehre hergekommen?

Die heutige Vorstellung der Hölle lässt sich bis in die ältesten Texte der Schrift "1.Henoch" zurückverfolgen, die im 3.Jhdt vChr entstanden sind und christliche Jenseitsvorstellungen entscheidend mitgeprägt haben. Dort findet sich die Vorstellung eines Tals in dem ein Feuersee brennt, wo Engel (die aus Gen 6,4) zur Strafe hin kamen. Die "Ortsbeschreibung" passt sehr gut auf das Ge-Hinnom-Tal bei Jerusalem, aus dem sich der gräzisierte Begriff "Gehenna" im NT ableitet, der dort für die Hölle verwendet wird.

Richard30 
Fragesteller
 24.09.2021, 17:37

Ah okay, aber wo das dann hergekommen ist weiss man noch nicht so wirklich.

Aber ich glaube im römischen hab es das auch? Und die urchristen wurden dann quasi mit den römichen Lehren fusioniert, das hatte dann sicherlich auch nochmal seinen Teil dazu beigetragen.

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BillyShears  24.09.2021, 18:00
@Richard30
Ah okay, aber wo das dann hergekommen ist weiss man noch nicht so wirklich.

Doch, man kann die Vorgeschichte einigermaßen rekonstruieren. Es begann mit der Erkenntnis, dass es keinen Tun-Ergehen-Zusammenhang gibt, woraus dann die Idee des jüngsten Gerichts erfolgte - welche dann eine Strafe erforderlich machte.

Aber ich glaube im römischen hab es das auch?

Die Römer kamen erst im 1.Jhdt vChr in Palästina an, da gab es die Gehenna bereits etwa 150 Jahre. Wenn, dann dürfte eher die griechische Vorstellung einen gewissen Einfluss gehabt haben (ab Alexander d.Gr.). Allerdings sehe ich da nur geringe Parallelen. Die jüdisch-apokalyptische Vorstellung der Gehenna halte ich durchaus für mehrheitlich genuin bzw für eine "Eigenkreation".

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So unbiblisch ist diese Lehre gar nicht.

Wenn andere Religionen sie lehren, dann weil sie schlecht im kopieren sind.

Die Juden des 1. Jahrhunderts glaubten an eine schreckliche Hölle, wo Gott sich an seinen Feinden mit einem feurigen Gericht rächen würde. Diese Vorstellungen wurden zum Teil durch das Alte Testament (Daniel 12,2; Hesekiel 32,17-32) oder außerbiblische rabbinische Literatur (z.B. in Judith 16,17; 1.Henoch 100,9 ; 1.Henoch 108,3-4; 4. Makkabäer 12,1) geprägt.

Jesus hat sich bei anderen Themen nie gescheut, Lehren, die im damaligen Judentum vorherrschten, zu korrigieren. Aber was durchaus ernüchternd ist: Jesus bestätigte die im Judentum im 1. Jahrhundert vorherrschenden Vorstellungen der Hölle!

Falls er anders über Hölle gedacht hätte, hätte er sich sehr klar gegen diese Lehre aussprechen müssen. Stattdessen warnt Jesus immer wieder mit Nachdruck vor der Hölle. Er benutzt das damals übliche Wort „Gehenna“, was für Gottes feuriges Gericht stand. Er beschreibt die Hölle als…

einen Ort wo geheult und vor Schmerz mit den Zähnen geknirscht wird (z.B. Matthäus 8,12; Lukas 13,28), einen Ort der Dunkelheit (Matthäus 22,13), einen brennenden Ofen (Matthäus 13,42), dessen Flammen nie ausgehen, ewiges Feuer, welches für Satan und seine Engel vorbereitet ist (Matthäus 25, 41), einen Ort ewiger Bestrafung (genauso ewig wie das ewige Leben, siehe Matthäus 25,45-46). Die Schmerzen in der Hölle werden niemals aufhören, wie ein „unsterblicher Wurm“ und wie „unauslöschliches Feuer“ (Markus 9,43-48).

Obwohl Paulus nie das Wort „Hölle“ benutzte, schrieb er sehr viel über „ewigen Tod“, über Gottes „Zorn und Grimm, Drangsal und Angst“ welche über alle kommen wird, die der Wahrheit nicht gehorchen (Römer 6,23 und Römer 2,8). Solche Wörter und ähnliche (wie „Verlorengehen, Zerstörung, Bestrafung“) kommen oft in seinen Briefen vor. Mit über 80 Versen über die Hölle in den 13 Paulusbriefen, redet Paulus mehr über Hölle als über Gottes Gnade, Barmherzigkeit und den Himmel zusammen!

Als Paulus Chancen hatte, das Evangelium vor anderen zu predigen, schämte er sich nicht, das Gericht Gottes als zentrales Thema zu verkünden (siehe Apostelgeschichte 17,22-31; Apostelgeschichte 24,24-25).

Auch der zweite Petrusbrief (Kapitel 2 und 3) und der Judasbrief sind voll von Feuer und Hölle. Beide nehmen kein Blatt vor den Mund: Wen Gott zum Feind hat, erwartet Schreckliches. So hart es auch klingt: Wenn unser Evangelium nur aus „Gott liebt dich!“ besteht, dann verstehen wir weder Paulus noch die übrigen Apostel.

Insofern findet man genug Stoff in der Bibel.