Treiben Tiere Inzest?

Das Ergebnis basiert auf 14 Abstimmungen

Ja 93%
Nein 7%

6 Antworten

Für gewöhnlich nicht. Die meisten Tierarten haben Mechanismen entwickelt, um Inzucht (Inzest nennt man es nur bei Menschen) zu vermeiden. Einer davon ist das Dispersal. Damit ist das Abwandern der Individuen aus ihrer Geburtsgruppe bzw. von ihrem Geburtsort mit Erreichen der Geschlechtsreife gemeint. Das Verbleiben in der Geburtsgruppe wird als Philopatrie bezeichnet. Von männlicher Philopatrie spricht man, wenn die Männchen in ihrer Geburtsgruppe verbleiben und die Weibchen abwandern. Arten mit männlicher Philopatrie sind z. B. Bonobos, Schimpansen und ursprünglich auch der Mensch. Von weiblicher Philopatrie spricht man, wenn die Männchen abwandern und die Weibchen zeitlebens in ihrer Geburtsgruppe bleiben. Zu Arten mit weiblicher Philopatrie zählen z. B. Elefanten, Löwen und Hyänen und Gorillas. Bei anderen Tierarten wandern beide Geschlechter ab, z. B. bei See-Elefanten, Murmeltieren, Steppenzebras und Orang-Utans.

Bei vielen Tieren gibt es eine Inzuchthemmung, d. h. sie paaren sich nicht mit verwandten Artgenossen. Eine solche Inzuchthemmung ist bei zahlreichen Arten nachgewiesen. Bei Bergwühlmäusen wurde z. B. nachgewiesen, dass die Anwesenheit von Männchen die Ausreifung der Gebärmutter von fremden Weibchen stimulierte, von Töchtern jedoch nicht. Bei afrikanischen Grasmäusen wurde beobachtet, dassWeibchen sich häufiger mit ihnen unbekannten Männchen paaren, ähnlich ist es bei Hyänen. Bei Pavianen wurde beobachtet, dass Halbgeschwister väterlicherseits sich seltener miteinander paaren, insbesondere dann, wenn sie ein ähnliches Alter haben, also miteinander aufgewuchsen.

Wie Tiere Verwandte erkennen, ist weitgehend unbekannt. Eine Möglichkeit ist Vertrautheit. Individuen erkennen dann quasi als Verwandte, wenn sie (wie die Paviangeschwister) miteinander groß wurden. Das Prinzip der Vertrautheit greift oft auch dann, wenn die Individuen genetisch gesehen gar nicht miteinander verwandt sind. Bei Menschen besteht eine Inzesthemmung beispielsweise oft auch zwischen Stiefgeschwistern, wenn sie schon früh miteinander aufwuchsen oder Adoptivgeschwistern und sogar zwischen "Sandkastenfreunden".

Eine andere Möglichkeit der Verwandtenerkennung besteht im phänotypischen Abgleichen von familieneigenen Mustern (phenotype matching). Mit anderen Worten: man sucht nach Merkmalen, die man selbst hat oder die andere Verwandte haben. Wenn z. B. ein Individuum ein Muttermal an derselben Stelle hat wie man selbst, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen Verwandten handelt, recht groß. Bei Rhesusaffen hat eine Studie gezeigt, dass die Tiere Verwandte an ihrem Gesicht erkennen können.

Tiere achten sehr wahrscheinlich aber nicht nur auf das äußere Erscheinungsbild, sondern auch auf andere Signale, die auf Verwandtschaft schließen lassen. Beim Belding-Ziesel ist beispielsweise nachgewiesen, dass Individuen Verwandte anhand ihres Körpergeruchs erkennen können und dabei sogar sehr genau den Verwandtschaftsgrad erschnüffelnbkönnen. Sie können also nicht nur erschnüffeln, ob es sich um einen Verwandten oder einen Nichtverwandten handelt, sondern auch, ob es eine Mutter, Großmutter oder ein Geschwister bzw. Halbgeschwister ist. Bei Rhesusaffen ist experimentell nachgewiesen worden, dass sie Verwandte anhand akustischer Signale erkennen können. In Playbackexperimenten reagierten Weibchen häufiger auf Aufnahmen von Weibchen, mit denen sie väterlicherseits verwandt waren, während sie abgespielte Rufe nicht verwandter Weibchen weitgehend ignorierten. Gleichzeitig zeigten Kontrolluntersuchungen, dass Vertrautheit auf die Reaktion keinen Einfluss hatte.

Auf der anderen Seite bleibt insbesondere kleinen Populationen gar nichts anderes übrig als die Risiken der Inzucht in Kauf zu nehmen. Bei Amurleoparden ist Inzucht inzwischen die Regel und nicht die Ausnahme. Durch Wilderei war die Population zeitweilig auf nicht viel mehr als 25 bis 30 Tiere gefallen, zudem werden durch die fortschreitende Zerstörung und Fragmentierung ihrer Lebensräume die Tiere am Wandern und damit am genetischen Austausch gehindert. So wie dem Amurleoparden geht es vielen anderen Populationen, z. B. dem Florida-Puma, dem Großen Hammerhai oder dem Schwarzfußiltis.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig
Ja

Ich denke nicht, dass Tiere ein Bewusstsein für Inzest haben. Da kommt einfach der natürliche Trieb ins Spiel.

Die Nachkommen können eine Behinderung haben, muss aber nicht zwangsläufig vorkommen.

Gerade in der Zucht wird Inzest zu einem gewissen Grad benutzt, um ein Merkmal zu erhalten.

Mein eines Kaninchen hat Geschwister als Eltern, und sie ist definitiv nicht beeinträchtigt.

Lou121  23.01.2023, 11:22

Dazu auch: Inzest heißt nicht Dass die nachkommen definitiv in irgendeiner weise beeinträchtigt sind, vielmehr wird halt wahrscheinlicher dass rezessiv vererbte Krankheiten dann ausgeprägt sind

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Ja

ZB Geparden: weil es davin zu irgendeinen Zeitpunkt Nicht mehr allzu viele gab sind viele der groß Katzen irgendwie verwandt also zu einem Zeitpunkt war Inzest da dann wahrscheinlich keine Seltenheit

Tiere haben keine Vorstellung von "Verwandschaft". Das ist eine zu menschliche Sicht.

Ja

Also erstmal ich bin mir nicht sicher. Aber nehmen wir zum Beispiel mal Katzen. Die bekommen 3-6 Babys pro Wurf. Und die werden ja dann erstmal aufgezogen und dann von der Mutter verbissen. Dann sind die wohl Einzelgänger. Und es könnte doch sein, dass die sich dann zufällig später nochmal treffen. Nicht mehr wissen, dass sie vom gleichen Wurf sind und dann GV haben.

Also unbewusst.