Regelmäßiges MRT theoretisch sinnvoll?

5 Antworten

Moin,

auf gar keinen Fall. Das hat mehrere Gründe: Zum einen sind die Kosten immens. Der Betrieb des Gerätes kostet eine Menge, zudem müssen die Anwender ebenfalls bezahlt werden. Die Menge an Untersuchungen wäre gewaltig und so würden auch die Wartezeiten (für medizinisch tatsächlich indizierte Untersuchungen) gewaltige Ausmaße annehmen.

Ökonomie ist aber nicht der einzige Grund, denn auch für den Einzelnen ergeben sich Nachteile. Der Wichtigste ist das Overdetection Bias. Man würde immer etwas finden, bei jedem Menschen, das ist völlig normal. Das bedeutet aber nicht, dass der Befund, wenn auch krankhaft, behandlungsbedürftig ist. Das Wissen darum könnte allerdings den Einzelnen unter Umständen stark belasten und von sich aus zu krankhaften Zuständen wie Angstzuständen führen.

Es gibt noch mehr Gründe, die dagegensprechen, aber das hier sind die wesentlichen, ausschlaggebenden.

Lieben Gruß

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Nadelbaum486 
Fragesteller
 29.11.2021, 20:25

Super, vielen Dank für die ausführliche Antwort! D.h. die betroffenen Radiologen o.ä. würden nicht selbstständig "filtern" und mir nur wirklich wesentliche Dinge erzählen, sondern alles offenlegen und damit ggf. diese psychischen Belastungen hervorrufen?

Das ist sehr interessant, dann frage ich mich natürlich warum viele Firmen konkret diese Untersuchungen für 1.000-2.000€ anbieten. Wahrscheinlich hat es dann auch sehr viel mit Marketing zu tun ohne all zu großen Mehrwert (zumindest bei wirklich rein "zufälligen" Vorsorgeuntersuchungen).

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garfield262  29.11.2021, 21:26
@Nadelbaum486

Ich kann nicht sagen, was in den verschiedenen (gewinnorientierten!!) Angeboten stattfinden wird, aber vielleicht beantwortet das Folgende einige deiner Fragen:

Wenn eine radiologische Untersuchung angeordnet wird, bspw. durch einen Chirurgen, der seinen Patienten in der Notaufnahme behandelt, dann gehört zu der Leistungsanmeldung auch immer eine Fragestellung. Diese könnte zum Beispiel "Fraktur" oder "freie Luft" lauten. In Kombination mit der angemeldeten, zu untersuchenden Körperregion weiß der Radiologe, worauf er achten soll.

Relevante Zufallsbefunde werden selbstverständlich mitdiagnostiziert und dokumentiert. Wenn bspw. in der Fragestellung "freie Luft im Bauch" nebenbefundlich eine wesentliche, verdächtige Raumforderung der Leber entdeckt wird, dann wird das natürlich an den behandelnden Arzt weitergegeben. Nun kann es aber auch sein, dass in der Bildgebung des Bauches auch degenerative Veränderungen der Wirbelkörper festgestellt werden. Irrelevante Nebenbefunde wie diese gibt es in jeder Untersuchung zuhauf und wenn sich der Radiologe bei jedem Patienten die Mühe machen müsste, jede Kleinigkeit zu dokumentieren (inkl. bei Unsicherheit den Oberarzt zu Rate zu ziehen), würde eine Befundung Stunden beanspruchen. Und das für irrelevante Informationen, die keinen interessieren und auch keine Konsequenz haben.

Wenn man also jemanden "von der Locke bis zur Socke" durch ein MRT schickt und jeden, wirklich jeden Kleinkram, der in irgendeiner Form auffällig sein könnte, dann wäre das eine Neverending Story. Fragestellung, die sich aus dem klinischen Kontext ergibt, sind das A und O der Bildgebung, sei es MRT, Röntgen, CT oder was auch immer.

Das zeigt sich auch in dem Portfolio dieses Dienstleisters, der unten verlinkt ist. Es wird bspw. gezielt nach "neuralgischen Punkten" sozusagen geschaut: Halsschlagadern, Bauchschlagader, relevante Organe. Ob diese Untersuchung nun relevant ist (sprich: statistischen Untersuchungen, die deren Wirksamkeit in der Früherkennung nachweisen standhält), sei mal dahingestellt. Es bleibt aber festzustellen, dass auch in diesem Fall eine Fragestellung vorliegt und nicht einfach mal alles angesehen wird.

Sind deine Fragen damit beantwortet oder möchtest du noch etwas bestimmtes wissen?

Gruß

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garfield262  29.11.2021, 21:44
@garfield262

Ich bin in dem Zusammenhang nochmal dem u.a. Link gefolgt und habe mir angesehen, welche Untersuchungen mit welcher Fragestellung durchgeführt werden. Ins Auge gesprungen ist mir z.B. die MRT/CT des Thorax, exemplarisch mit den Fragestellungen: COPD, Lungenentzündung.

Ebenfalls nenne ich mal exemplarisch "4 zielgerichtete MRT", mit denen z.B. ein (abgelaufener) Schlaganfall diagnostiziert wird.

COPD ist eine obstruktive Atemwegserkrankung, die anhand der Anamnese (z.B. Rauchen in der Vergangenheit) und Lungenfunktionstest routinemäßig sehr sicher diagnostiziert bzw. ausgeschlossen wird. Bildgebund ist da i.d.R. nicht erfoderlich.

Lungenentzündung ist eine Infektionserkrankung, die schwere Symptome wie Fieber und Husten mit Auswurf hervorruft. Abgesehen von der klinischen Untersuchung mit einfachsten Mitteln (z.B. Abhören der Lunge mittels Stethoskop) steht die Diagnose mit einer Blutentnahme. Ein MRT ist bei fehlenden Symptomen in dieser Hinsicht absolut nicht erforderlich.

Zu den "zielgerichteten MRT":

Zu wissen, dass ein Schlaganfall mal abgelaufen ist, mag ja vielleicht interessant zu wissen sein, hat aber in der Therapie dieses Schlaganfalls keine Konsequenzen, weil das therapeutische zeitliche Fenster wohl längst überschritten ist. Allenfalls könnte eine prophylaktische Gabe von Blutgerinnungshemmern diskutiert werden, um das Risiko für spätere erneute Schlaganfälle zu senken. Ob dieser Schritt gegangen wird, wird allerdings an klinischen Scores wie dem CHADS-VASc-Score festgemacht und eine MRT ist dabei nicht zwingend erforderlich.

Gruß

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Eine regelmäßige MRT Untersuchung erfolgt nur wenn du eine Krankheit hast die auf dauer kontrolliert werden muss.

Außerdem verlangen einige Fachärzte eine Überweisung, daher kann es schon daran scheitern

Ohne Verdacht wird kein MRT gemacht, schon gar kein Ganzkörper MRT. Außer natürlich Du zahlst das selber, dann muss sich kein Arzt vor der GKV verantworten.

Wenn man den finaziellen Aspekt ausser Acht lässt, dann kannst du dir ja ein MRT und einen Radiologen kaufen und dich jeden Tag zuhause scannen lassen.

Nadelbaum486 
Fragesteller
 29.11.2021, 19:48

Okay, und eine realistische Maßnahme wie 1 Ganzkörper MRT und "komplett Check-up" für etwa 1.000-2.500 Euro und das einmal pro Jahr?

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Dein Arzt schreibt auf der Überweisung was untersucht werden soll