Mutter will fliegen, Angst um sie?


23.07.2021, 13:18

Liste der Opfer: https://youtu.be/JOCjw5zzKvA

Unwahrscheinlich, aber falls sich hier jemand findet der einen Angehörigen beim gleichen Unglück verloren hat, würde ich mich freuen wenn ihr mich privat anschreibt.

aalbtraum, UserMod Light   23.07.2021, 13:06

Hast du schon eine Therapie in Betracht gezogen?

AngstSchmerz 
Fragesteller
 23.07.2021, 13:10

Ich war in einer Therapie, habe aber nach kurzer Zeit abgebrochen und bin in Selbstmitleid versunken. Danach wurde mir gesagt, ich könne erst nach 2 Jahren eine neue beginnen.

15 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo AngstSchmerz,

wie du ja auch meinst, richten sich unsere menschlichen Seelen nicht unbedingt nach statistischen Daten. Ich halte drum deine Angst vorm Fliegen für wohlbegründet und nicht für pathologisch.

Nun lädt deine Mutter dich zu einer Flugreise ein.

Da stellt sich natürlich die Frage, welche Absicht sie damit verbindet. Ich vermute, dass es ihr nicht ausschließlich um ihr Ferienvergnügen geht. Möchte sie nicht dir Gelegenheit geben, verhaltenstherapeutisch“ deine Flugangst abzumildern?

Wenn das nun nicht dein Weg ist - dann ist das so!

Und ich hoffe, dass deine Mutter deine Absage auch akzeptiert.

Du hast aber möglicherweise die Aufgabe, es durchzustehen, dass deine Mutter trotzdem in ein Flugzeug steigt.

Und da sie ja höchstwahrscheinlich die Flüge gesund übersteht, könnte dann deine Angst auch ein wenig abgemildert werden.

Dazu wünsche ich dir und deiner Mutter ausführliche, einfühlsame Gespräche!

Aber nun noch dies:

Angst ist nicht das einzige Motiv, das uns davon abhalten kann, einen Flieger zu besteigen.

Mich etwa ängstigt der Flugtourismus nicht – er ärgert mich!

Denn:

Fliegen ist mit Abstand die klimaschädlichste Art der Fortbewegung.

/www.tourism-watch.de/de/dossier/klimagerechtigkeit-im-tourismus

Wer sich beispielweise weigert, übers Wochenende nach Malle zu düsen, oder gar ganz auf Flugreisen verzichtet, ist nicht unbedingt therapiebedürftig – viel eher umweltbewusst!

AngstSchmerz 
Fragesteller
 23.07.2021, 21:14

Ich wittere die hilfreichste Antwort.

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Pescatori  27.07.2021, 21:43
@AngstSchmerz

Habe gerade noch einmal die Bilder der Opfer angeschaut. Damit wird das Grauen und das Leid von dir und deiner Familie ein Stück weit vorstellbar.

Und jeder, der die Bilder sieh,t wird doch deinen Entschluss verstehen können, am Boden zu bleiben.

Einfühlsame Gespräche mit deiner Mutter wünsche ich dir.

Und ich danke dir fürs Sternchen ;-)

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Pescatori  27.07.2021, 21:48
@Pescatori

Vielleicht kannst du ja mal schreiben, wie es dir nach dem Sommerurlaub deiner Mutter geht.

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AngstSchmerz 
Fragesteller
 22.10.2021, 23:27
@Pescatori

Besser. Aber für mich ist das ein mehr als heikles Thema.

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Bitte erkundige dich, welche Therapie-Optionen dir offen stehen. Wenn du das möchtest und ein Facharzt dem zustimmt, wird es hier Möglichkeiten geben.

Alles Gute!

Woher ich das weiß:Hobby – Interessierter Laie ✅ Kein Fachmann, kein Arzt ❌

Ich kann Deine Angst verstehen. Besonders mit Deinem Hintergrund.

Rede mit Deiner Mutter, sag ihr welche Ängste du hast....mache das aber persönlich, damit sie dir auch in die Augen sehen kann.

Möchte sie trotzdem fliegen, musst du es allerdings akzeptieren. Da es ihre eigene Entscheidung ist.

Steig nicht in ein Flugzeug wenn du es nicht möchtest.

Ich würde Dir gerne einen hilfreichen Tipp geben, aber dafür gibt es nicht wirklich einen.

Oh je... tut mir leid, was du durchmachen musstest. Ansonsten hätte ich dir jetzt was davon erzählt, wie sicher Flugzeuge sind und dass diese Angst irrational ist, doch wenn du wirklich sowas durchmachen musstest, dann ist es klar, dass du Angst um deine Mutter hast. Das kann ich sehr gut nachvollziehen und ich glaube an deiner Stelle würde ich auch keine Flugzeuge mehr betreten wollen.

Dennoch: Die Chancen, dass deiner Mutter etwas passiert sind unglaublich, unglaublich gering. Ja, Abstürze kommen vor. Aber sie kommen nicht häufig vor und sind deswegen und wegen der doch dann auch höheren Opferzahl und ggf. der Aufwändigen Suche etc. dann eher in den Medien, als z.B. Autounfälle, die wesentlich häufiger passieren.

Und ja, Unglücke passieren. Und man hat eventuell wirklich PECH und hängt dann in so einem Unglück mit drin, auch wenn man sich immer gesagt hat 'das passiert so selten'. Ich meine... die Chancen im Lotto zu gewinnen stehen 1: 180 Millionen oder so und TROTZDEM gewinnt doch relatigv häufig jemand. Kurzum: Auch wenn eine Wahrscheinlichkeit sehr gering ist... sie kommt vor und dieses winzig kleine Restrisiko lässt sich nicht eliminieren.

Dennoch dürftest du mit diesem Denken auch niemals wieder auf die Straße gehen, denn die Chancen dort überfahren zu werden, sind vermutlich deutlich höher, als die dass ein Flugzeug abstürzt. Und dennoch gehst du jeden Tag raus und denkst gar nicht darüber nach...

Ich denke deiner Mutter geht es ähnlich. Sie verlässt sich nun auch darauf, dass dieses Risiko minimal ist und nimmt dafür halt diese winzig kleine Unsicherheit in Kauf, weil der Nutzen das Risiko für sie aufwiegt.

Dementsprechend kann ich sie gut verstehen und so schwer es dir fällt... es ist ihre Entscheidung.

Dir würde ich raten ruhiger zu werden. Ggf. eine Therapie in Anspruch zu nehmen und wenn du wirklich niemals mehr ein Flugzeug betreten möchtest, dann wird dich vermutlich auch niemand dazu zwingen-

Alles Liebe für dich.

AngstSchmerz 
Fragesteller
 23.07.2021, 13:14

So sieht es aus, danke, ich habe meinen Frieden am Boden gefunden und will ihn nie wieder missen!

Ich habe so viele Albträume vom Fliegen gehabt, und Albträume waren es leider auch dann, wenn nichts passiert ist. Es ist für mich ein gefühlter Selbstmordversuch.

Aber meine Mutter einfach machen lassen möchte ich auch nicht, überlegt mal, es passiert etwas und ich habe sie machen lassen… obwohl ich es nach '15 hätte besser wissen müssen.

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Pescatori  23.07.2021, 15:34
@AngstSchmerz
Ich habe meinen Frieden am Boden gefunden und will ihn nie wieder missen!

Finde ich wunderbar, wie du das ausgedrückt hast!

Verständlich finde ich es auch, dass du deine Mutter " nicht einfach machen lassen möchtest".

Aber wenn sie nach euren Gesprächen sich entschließt, die Flugreise zu machen - dann fände ich es richtig, wenn du sie machen ließest und auf den Augenblick hoffst, da sie nach dem Rückflug wieder wohlbehalten Boden unter den Füssen hat.

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Deine Angst kann man nachvollziehen ABER nicht unterstützen.

Du kannst genau so gut morgen auf ner Weintraube ausrutschen und dir das Genick brechen - da steckt man nicht drin. Möchtest du dein Leben durch Angst kaputt machen lassen? Stell dir vor, du hast irgendwann einen Autounfall. Dann wirst du nie wieder in ein Auto steigen. Stell dir vor, danach hast du auch einen Bahnunfall, einen Fahrradunfall und einen Fußgängerunfall - würdest du dann bis du alt und klapperig bist, zu Hause hocken und dich einsperren, weil ja etwas passieren KÖNNTE?

Was deinem Bruder und deinem Vater passiert ist, ist schlimm. Aber es war ein Unfall und ich glaube kaum, dass die wollen würden, dass du dein Leben wegwirfst, weil was passieren könnte. Das kann es immer und überall, also genieß dein Leben, bevor die Zeit es dir nimmt.

AngstSchmerz 
Fragesteller
 23.07.2021, 13:11

Danke für die netten Worte, wenn es so einfach wäre würde ich es mit Sicherheit tun.

Das ist wie, wenn man jemandem mit extremem Spinnenphobie sagt, er solle eine Spinne essen. So stelle ich es mir vor.

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LonelySoul87  23.07.2021, 13:21
@AngstSchmerz

Also ich bin zufällig jemand, der sich in Angst hinein gesteigert hat und ich war kurz davor, nicht mehr vor die Tür zu gehen. Letztlich habe ich dann aber ein ernstes Gespräch mit mir geführt und mich gefragt, was ich eigentlich vom Leben erwarte, wenn ich jetzt gar nix mehr mache, weil ich vor allem Angst habe.
Ich bin nicht mehr auf belebte Straßen gegangen, weil ich Angst vor Menschen hatte. Ich war nicht mehr in der Natur, weil ich Angst vor Tieren hatte. Ich war nicht mehr schwimmen, weil ich Angst zu ertrinken hatte. Vor lauter Angst um mich habe ich Angst vorm Leben bekommen und festgestellt, dass man NIRGENDS sicher ist. Schau dir die armen Leute in NRW an, denen die Flut das Haus weggerissen hat. Wären die jetzt im Urlaub gewesen, wären sie vielleicht noch am Leben.

Wenn ich nach meiner Oma komme, werde ich 100 Jahre alt. Ich habe sehr viel von ihr geerbt, also gehe ich davon aus, dass ich auch so alt werde. Das hieße, dass ich über 60 Jahre täglich Angst um mich haben müsste, bis ich dann sowieso sterbe. WOZU?

Ich hab also beschlossen, mich den Ängsten zu stellen. Es fing an mit einer Ameise... dann mit nem Käfer, dann mit ner halbtoten Biene und irgendwann hatte ich sogar eine durstige Hummelkönigin auf der Hand. Ich spring noch immer an die Decke, wenn mich eine Schnake anfliegt, aber ich sterbe da nicht mehr bei.

Vor Spinnen hatte ich auch Angst wie Sau. Aber ich fing mit kleinen Spinnen an, die sich an meinem Autospiegel abseilten. Dann Weberknechte und Zitterspinnen, zuletzt Krabbenspinnen und kleine Kreuzspinnen.

Asseljäger und Dornfinger lasse ich in Ruhe, genau so wie große Hauswinkelspinnen und alles was noch größer ist.

Menschenmengen mag ich nach wie vor nicht, aber ich ertrage es wieder.

Und weißt du was? Trotz der Angst gehts mir jetzt besser. Wenn ich sterben muss, dann muss ich es halt, aber mich in Watte packen, BIS ich dann sterbe, ist mir zu langweilig. Vorher will ich mein Leben nutzen.

Meine Mutter ist schon tot, aber wenn ich wieder nen Schritt geschafft habe, "normal" zu werden, erzähle ich ihr davon. Ich bin sicher, sie würde sich freuen, dass ich nicht vor Angst gar nichts mehr mache.

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Pescatori  23.07.2021, 15:59
@LonelySoul87

Toll, wie du mit deinen Ängsten umgehst!

Ist es aber nicht so, dass du eine sich ausweitende Angst entwickelt hast, die tatsächlich dein Alltagsleben betraf und betrifft?

AngstSchmerz hat eine, durch den Tod ihres Vaters und Bruders verursachte Flugangst. Ihr Entschluss, auf dem Boden zu bleiben, beeinträchtigt ihr Alltagsleben nicht und kann es durch die Wahl alternativer Verkehrsmittel und Reiseziele sogar berreichern.

AngstSchmerz stellt sich ja auch ihrer Angst:

Indem sie aufs Fliegen verzichtet und andere Verkehrsmittel wählt!

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LonelySoul87  23.07.2021, 16:16
@Pescatori

Sie wählt so lange alternative Verkehrsmittel, bis da auch was passiert, gehe ich von aus. Deswegen sage ich ja: "Willst du dich dann zu Hause einschließen, wenn du mit der Bahn, dem Auto, dem Rad und zu Fuß auch einen Unfall erlebst?"

Meine Angst war ganz banal anfangs. Ich wollt nicht mehr raus, weil ich mich ekelte vor Stechviechern. Ich KÖNNTE ja mit dem Arsch in einem Ameisennest parken, wenn ich mich ins Gras setze. Dann las ich was über Zecken und wie gefährlich die doch sind. Schwupp, war das noch etwas krasser, allein schon über ne Wiese zu gehen. Ich KÖNNTE Ja Borreliose kriegen. Passenderweise kennt man wen der wen kennt, der das hat und wie mies es ihm geht.

Früher war ich mal der totale Wirbelwind. Wenn da ein Weg war und daneben eine Mauer, dann glaub nicht, dass ich auf dem Weg lief. Wurde die Mauer unterbrochen, versuchte ich bis zum nächsten Stück zu springen. Egal wie weit das war. Das tat ich auch nicht mehr. Ich KÖNNTE ja stolpern und mir beim Fallen die Zähne ausschlagen.

Erst ganz banale Sachen wie gesagt, bis ich mich dann so reingesteigert hatte, dass eine kleine verzweifelte Biene, die an einem Fenster summt und den Ausgang suchte, zur Panikattacke führte oder ein Hundertfüßler am Hosenbein ebenfalls.

Daraufhin hab ich mich Stück für Stück weiter in Watte gepackt, bis ich kurz davor war, nicht mehr raus zu gehen.

Ich kann ihre Ängste gut verstehen, denn sie hat ja nicht nur rein hypothetisch Angst, sondern einen Grund, weil ja ihr Dad und Bruder gestorben sind. Das ist ne viel fundiertere Angst als meine und das will ich ihr auch nicht klein reden. Ich möchte ihr nur sagen: "Wenn du dich immer weiter reinsteigerst, dann wird es immer schlimmer und irgendwann hast du gar keinen Grund mehr zu leben".

Irgendwer hier schrieb, dass Flugzeuge noch immer die sichersten Verkehrsmittel sind, deshalb wollte ich das jetzt nicht auch noch wiederholen, sondern hab mich eher damit beschäftigt, dass sie überall sterben kann, egal was sie tut.

Ich bewundere ihre Mutter, die fliegen möchte. Der wird sicher auch sehr unwohl sein, aber sie hat begriffen, dass entweder sie ihre Ängste beherrscht, oder ihre Ängste sie.

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Pescatori  23.07.2021, 17:16
@LonelySoul87

Danke dir für deine ausführliche Entgegnung!

Und da ich in meinem Leben von solchen Ängsten glücklicherweise verschont geblieben bin, muss ich ja zugeben, dass du dich sicher besser in derartige Ängste einfühlen kannst.

Aber vorsichtig möchte ich dir doch zu bedenken geben, ob die extrem unterschiedlichen Entstehungsbedingungen der Ängste nicht auch zu ganz unterschiedlichen Entwicklungen führen können.

Du schreibst:

Ich wollt nicht mehr raus, weil ich mich ekelte vor Stechviechern. Ich KÖNNTE ja mit dem Arsch in einem Ameisennest parken, wenn ich mich ins Gras setze.

AngstSchmerz schreibt:

beim Germanwings Unglück habe ich damals meinen Vater und meinen Bruder verloren. Ich habe mir danach geschworen, niemals mehr in ein Flugzeug zu steigen. Meine Mutter hat es mir versprochen.

Es ist sicher nicht ausgeschlossen, dass die Angstgefühle von AngstSchmerz unter bestimmten Bedingungen auch in anderen Situationen auftreten. Aber es ist auch nicht ausgeschlossen, dass der Tod des Vaters und des Bruders bei dem fürchterlichen Unglück dazu führte, dass die Angst ans Fluggeschehen gebunden bleibt.

Was nun zutreffend ist, wird AngstSchmerz wohl in absehbarer Zeit beurteilen können.

Ich wünsche ihr natürlich viel Freude am Boden - und vielleicht auch auf dem Wasser ;-)

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LonelySoul87  23.07.2021, 17:22
@Pescatori

Ich wünsche ihr einfach, dass sie auch irgendwann wieder fliegen kann. Um sich nicht von der Angst beherrschen zu lassen. Ich hab nirgends vorgeschlagen, dass SIE sich denen einfach stellen sollte, wie ich mich meinen, denn ich verstehe, dass ihre Ängste viel rationaler sind als meine. Und ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass sie sich dann retraumatisiert, oder nen Herzkasper im Flieger bekommt. Ich möchte ihr nur als Teil-Angsthase sagen, dass es schrecklich ist, wenn man sich immer tiefer reinsteigert, weil man dann evtl nicht mehr raus kommt, oder nur ganz schwer.

Ich würde mir für sie wünschen, dass sie diese Angst verarbeitet und ihr bewusst wird, dass das Leben zu kurz ist, um alles zu meiden.

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Pescatori  23.07.2021, 17:26
@LonelySoul87

Okay, du kannst ihre seelische Lage möglicherweise besser verstehen als ich. Nur halsstarrig halte ich doch an dem Gedanken fest, dass sie vielleicht ja sehr weit davon entfernt ist, "alles zu meiden". -

Lieben Gruß

Pescatori

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LonelySoul87  23.07.2021, 17:31
@Pescatori

Natürlich, das wäre auch gut so... Ich wollte ihr halt nur nen Einblick davon geben, wie es ist, wenn man nichts mehr kann. Damit sie frühzeitig reagieren kann und es nicht zulässt, denn wie gesagt sind das ganz banale Dinge gewesen und der Prozess war schleichend. Sie soll einfach drauf achten, dass es so weit nie kommen wird.

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