Looping Achterbahn?
Welche Kräfte wirken am Anfang eines Loopings? Wir haben die Gewichtskraft und die Normalkraft, die Vektoriell addiert die Zentripetalkraft ergibt? Aber wo sind die Maximalpunkte? Ist die Zentripetalkraft am obersten Punkt am größten und warum ?
2 Antworten
Ich bin zwar kein Physiker, aber ich wage zu behaupten, mich mit Achterbahnen und deren Kräfte sehr gut auszukennen, da ich unter anderem hobbymäßig realistische Achterbahnen designe. Die Frage hört sich ein wenig an, als stammt sie aus einem Physik-Schulbuch. Falls dem so ist, kann es natürlich gut sein, dass das Buch von der vereinfachten Theorie ausgeht. In der Realität ist es aber deutlich komplexer.
Grundsätzlich kann man schonmal sagen, dass Looping nicht gleich Looping ist, und sowohl die Einfahrtsgeschwindigkeit, die Höhe, der Durchmesser, und die genaue Form sich darauf auswirken, wie die Kräfte sich verteilen.
Man kann Loopings grob in 3 Kategorien einteilen: Positive Kräfte am Scheitelpunkt, Schwerelosigkeit am Scheitelpunkt, und negative Kräfte am Scheitelpunkt ("Hangtime").
In der Regel hat man die höchsten Gesamtkraft an der Einfahrt und der Ausfahrt, da einerseits hier die Zentrifugalkraft (annähernd) parallel zur Schwerkraft ist, und man die höchste Geschwindigkeit hat, die ja wiederum in Kombination mit dem Radius die Zentrifugalkraft bestimmt.
Wie du aber eventuell schon festgestellt hast, sind Loopings aber nicht kreisförmig, sondern haben eine umgedrehte Tropfenform. Diese Form basiert auf einer gespiegelten Klothoide, eine geometrische Kurve, deren Radius sich konstant verändert. Der Looping beginnt also an der Ein- und Ausfahrt mit einem großen Radius, der Richtung Scheitelpunkt gleichmäßig kleiner wird. Sinn der Sache ist, dass bei der Ein- und Ausfahrt keine unerträglichen Kräfte entstehen, aber der Schwung des Zuges trotzdem reicht, den Looping zu passieren. Bevor die Klothoidenform durch den Ingenieur Werner Stengel für Achterbahnen entdeckt wurde, hat man es immer nur mit Kreisen versucht. Aber die waren entweder so klein, dass die entstehenden Kräfte einem fast das Genick brachen, oder zu groß, als dass der Zug es komplett durch den Looping schaffen wurde. Durch den fließenden Übergang von großem zu kleinem Radius konnte man beide Probleme eliminieren.
Wir haben also die Situation, dass der Zug mit einer bestimmten Geschwindigkeit in den Looping einfährt, mit steigender höhe an Geschwindigkeit verliert, am Scheitelpunkt ein Minimum an Geschwindigkeit erreicht, und bei der Ausfahrt wieder beschleunigt, alles durch die Schwerkraft natürlich.
Da der Radius zusammen mit der Geschwindigkeit die Zentripetalkraft bestimmt, aber der Radius eben nicht fix, sondern flexibel ist, kann man als Achterbahn-Designer mehr oder weniger frei entscheiden, welche Kräfte man im Looping genau haben möchte. Man kann die Radien beispielsweise so wählen, dass der Minimalradius am Scheitelpunkt sowohl den Geschwindigkeitsverlust als auch die Schwerkraft durch eine entsprechend höhere Zentrifugalkraft ausgleicht. Gerade ältere Achterbahnen haben meist solche Loopings, in denen man dann durchgehend positive Kräfte hat, sodass man konstant in den Sitz gedrückt wird.
Alternativ kann man den Minimalradius so wählen, dass man am Scheitelpunkt eine Zentrifugalkraft von genau 1g erreicht. Das gleicht dann genau die Schwerkraft, die an diesem Punkt einen Kraftvektor von 1g in die Gegenrichtung hat, genau aus, sodass man in der Summe 0g hat - und damit Schwerelosigkeit erreicht. Viele moderne Loopings sind so konstruiert.
Die dritte Option wäre, am Scheitelpunkt weniger als 1g an Zentrifugalkraft zu erzeugen. Das wird oft durch eine oben abgeflachtere Loopingform, die schon wieder eher Richtung Kreisbahn geht, erreicht. Mit weniger als 1g Zentrifugalkraft am Scheitelpunkt hat man dann natürlich in der Summe eine negative Kraft, z.B. -0.5g. Das würde bedeuten, dass die Fahrgäste für einen kurzen Moment aus dem Sitz baumeln, und das Gefühl haben, herabzuhängen. Auch das gibt es in einigen, moderneren Achterbahnen.
Mit moderner Achterbahn-Design-Software ist es sogar möglich, die Kräfte in Form eines Zeit-Kraft-Diagramms einzugeben, und die Software berechnet die entsprechende Schienenform. Damit kann man natürlich auch einen Looping generieren, der genau die gewünschten Kräfte bewirkt.
Was das Thema Zentrifugalkraft vs. Zentripetalkraft angeht: Ich bin wie gesagt kein Physikexperte, aber meines Verständnisses nach ist die Zentripetalkraft die Kraft, die einen Körper (wie den Zug) auf die Kreisbahn zwingt. Der Kraftvektor zeigt zum Kreismittelpunkt. Es ist im Falle einer Achterbahn also die Schiene und ihre Stützen, die diese Kraft aufbringen, um den Zug und seine Fahrgäste auf die Kreisbahn (oder Klothoide) zu "drücken". Auch wenn die Zentrifugalkraft eine "Scheinkraft" ist, und von Schlaumeiern gerne mal behauptet wird, die gäbe es gar nicht, so existiert sie rechnerisch durchaus und ist die Grundlage zur Berechnung der Kräfte, die Fahrgäste während der Fahrt erleben. Sie ergibt sich aus der Trägheit, während Zug von der Schiene auf die Kreisbahn gedrückt wird, weigert sich der Körper der Fahrgäste aufgrund der Trägheit dagegen, was dazu führt, dass einerseits der Zug gehen die Fahrgäste gedrückt, aber auch die Fahrgäste gegen den Zug gedrückt werden. Daher hat man hier eben rechnerisch sehr wohl einen Kraftvektor, der nach außen und der Zentripetalkraft entgegen zeigt. Auch wenn die Zentrifugalkraft von "niemandem" gewirkt wird, sondern nur die Zentripetalkraft durch die Schiene aufgebracht wird, spürt man spätestens bei der Achterbahnfahrt auch die Zentrifugalkraft deutlich.
Ein Looping ist keine streng kreisförmige Bahn - das wäre gesundheitlich sehr schlecht, weil von einem Moment auf den nächsten die volle Zentrifugalkraft wirken würde.
Es ist so berechnet, dass sich die Bahn allmählich biegt und somit die Kraft allmählich steigt. (Ich denke, clothoide heißt die Form) Aus Symmetriegründen würde ich vermuten, dass die Kraft in der Mitte (oberer Punkt) am stärksten ist. Genau wissen tue ich es aber nicht.