Liebe Deutsche & Österreicher! Eine Frage über eure Mentalität?
Ich komme aus Russland und lebe seit 17 Jahren familienbedingt in Deutschland.
Mein Eindruck: Menschen im "Osten" sind "echt", herzlich, sie mögen einen und geben ihm alles, oder sie mögen einen eben nicht und das merkt man dann. Russische Freundinnen kochen füreinander, machen Geschenke...
Deutsche wirken auf mich wie sprechende Fassaden: nichts persönliches, keine Emotionen erlaubt (außer aufgesetzte Emotionen wie künstliche Happyness). Menschen können Wohlhabend sein und trotzdem fallen Sätze wie "ich schulde dir noch 2,10 für Kakao" oder "liebe Melanie, darf ich ein stück Pizza mitnehmen? ich gebe dir morgen 2,90 dafür". Partner leben jahrelang zusammen, haben mehrere Kinder und rechnen Centgenau aus, wer was wem schuldet.
Sogar wenn ich mit dem Hund spazieren gehe und mein Hund und ein anderer Hund sich schwanzwedelnd freundlich begegnen wollen, ziehen Deutsche ihre Hunde sooft wie immer gewaltsam weg und wollen auf Abstand vorbei.
Ich spreche perfekt Deutsch, habe aber noch nie eine Deutsche als Freundin gehabt.
Ich bin selbst introvertiert, aber ich habe einige Freunde, für die ich alles tun würde und sie für mich auch, das sind aber ausschließlich Russen und Ukrainer.
Seid ihr wirklich so? Was befindet sich hinter euren Fassaden?
Oder gibt es spezielle Codes, die man verwenden soll, um euch zu "öffnen"?
14 Antworten
Mein Mann ist aus dem Osten, und ich habe bis heute ein Problem damit, dass er nie bezahlt, wenn er weiß, dass ich Geld dabei habe. Im Nachgang wirft er mir dann Pisseligkeit vor, wenn ich abrechnen will.
Ich verstecke jetzt mein Geld immer bevor wir weggehen, dann bezahlt er nämlich. Und jammert dann herum, dass alles so teuer ist.
Finde ich ein ausgesprochen bescheuertes Arrangement, wenn man mal normal eine Liste machen könnte und aufteilen, wer was bezahlt, fände ich das deutlich erwachsener und entspannter. Da hat er aber Totalblockade.
Man muss so einen aber schon sehr lieb haben, um diese seltsame Art im Kopf auszuhalten.
Ich koche auch gerne mit meinen Freundinnen, und finde überhaupt nichts dabei, den Einkaufszettel mitzunehmen, und darauf zu achten, dass die Kosten einigermaßen gerecht aufgeteilt werden.
Langfristige Beziehungen beruhen auf Verlässlichkeit, Fairness, Gerechtigkeit und, ja, Korrektheit. Wer das nicht signalisiert, taut uns nicht auf.
Mit ein bisschen Emotionalität baut man kein Leben auf, mit Zuverlässigkeit sehr wohl. Das ist er glücklicherweise, zuverlässig, aber sein Verhältnis zum Geld kann mich in den Wahnsinn treiben.
Anfangs macht man halt Fehler, mit verliebtem Kopf.
Dieses allgemeine Gejammere, dass korrekt sein beim Kostenaufteilen etwas mit emotionaler Kälte zu tun hat, das erbost mich schon sehr. Das ist schon so eine allgemeine Tendenz. Ich will weder meinen Mann manipulieren mit vorgespielten Gefühlen, noch will ich von ihm hören, dass ihn eine Kostenaufstellung überfordert.
Der hat doch glatt mal gesagt, dass ich anstelle eines Herzens einen Taschenrechner eingebaut habe. Auf so einen Scheiß kann ich sowas von verzichten.
Aber wie du ganz richtig andeutest, das Ostweibchen lackiert sich ein bisschen bunt, verbreitet die Illusion von guter Laune und Herzlichkeit, und die Dummbeutel fühlen sich so wohl dabei, dass sie gar nicht mitbekommen, wie sie abgezogen werden.
Inzwischen hat er das im Bekanntenkreis ein paar mal beobachtet, und ist jetzt recht froh einen herzlosen deutschen Kartoffelsack abbekommen zu haben.
Die Würdigung kam spät, aber immerhin, sie kam noch zur rechten Zeit.
Als Deutscher kann ich dir sagen, dass nicht alle gleich sind. Es gibt aber natürlich eine deutsche Mentalität. Das heißt es gibt Verhaltensweisen, die sehr oft bei den Deutschen vorkommen. So ist jedenfalls meine Erfahrung als Deutscher.
Ich verstehe genau was du meinst, obwohl ich nicht erst in dieses Land eingewandert bin und es ist wirklich schwer zu beschreiben, aber ich will es versuchen:
Es gibt meiner Meinung nach verschiedene Gründe für diese Phänomene, die du genannt hast:
-In Deutschland geht der Trend immer weiter in die Richtung, dass jeder sich selbst der Nächste ist. In diesem Land steht der Einzelne immer mehr im Vordergrund, nicht die Gemeinschaft. Das hat viele Vorteile, aber eben auch Nachteile. Die Leute denken immer mehr an sich und verhalten sich immer seltener Partnerschaftlich.
-Ein weiterer Punkt ist die distanzierte Art vieler Deutschen. Auch das hat vor- und Nachteile. Im Beruf ist es hilfreich, wenn man Distanz wahrt und souverän bleiben kann. Wenn es aber um Menschlichkeit geht, kannst du die Deutschen oft vergessen. Lieber bestehen sie auf ihrem Recht und werten dich ab.
-Dann ist Deutschland meiner Meinung nach ein Land voller Jammerlappen. Egal worum es geht, es wird erst einmal gejammert und sich beschwert. Daran erkennst du einen Deutschen im Ausland. Da sind die Österreicher wesentlich lockerer.
Wenn ich in Osteuropa unterwegs bin fühle ich mich nach fünf Minuten glücklicher als ich es in Deutschland jemals war. Sobald ich die Möglichkeit bekomme, bin ich hier weg, denn hier hält mich wirklich nichts.
Danke für deine interessante Antwort. Einige dinge machen mich noch in Deutschland fertig, die indirekt den Beruf betreffen. Es ist so: auch in Russland ist man im Berufsleben distanziert und das ist auch OK so. Aber in DE reicht es nicht, einfach nur distanziert zu sein: man muss dazu noch unbedingt eine Maske der überzogenen Freundlichkeit aufsetzen und schleimig dinge sagen wie "wir müssen unbedingt mal auf einen Kaffee gehen" (dabei wissen beide, dass sie natürlich nie auf einen Kaffee gehen werden). Wenn man das nicht tut, gilt man gleich als unfreundlich .
Das mit "jeder für sich sein Nächster" ist einerseits eine gute Sache, aber andererseits macht das die Gesellschaft sehr unglücklich . Meine Erfahrung: mein deutscher Freund bekam einen heftigen Magen Darm Infekt an einem Freitag. Ich hatte am Montag eine wichtige Prüfung, habe aber diese Tage bei meinem Freund verbracht: ihm die Suppe gekocht, seine Kotze aufgeräumt, ihm Medikamente und salzige Stäbchen gebrach und nebenbei für die Prüfung gelernt. Natürlich bin ich dann auch krank geworden und hab denselben Infekt bekommen. Wie habe ich die Tage mit dieser heftigen Krankheit verbracht? Richtig, alleine. Mein Freund sagte: "ich habe in 2 Wochen eine wichtige Klausur, ich kann mir derzeit nicht leisten, krank zu werden". Jeder für sich......
schleimig dinge sagen wie "wir müssen unbedingt mal auf einen Kaffee gehen"
Haha :D also ich mag dich ja nicht vollschleimen (als Österreicher) aber ich finde du drückst das mega treffend aus, sehr erfrischend. 🙃
Ja das macht auch manchen Deutschen fertig, glaub mir das. Wenn du die Medien verfolgst dann kannst du das auch merken: Diese Doppelmoral oder generell die Tatsache, dass alles moralisiert wird.
Es gibt nur gut und böse und meistens sind die anderen die Bösen.
Eine Mischung aus Moralisierung und Abwertung, das ist es, was den Alltag in Deutschland ausmacht.
Jeder denkt nur an sich. Die Leute haben keine Persönlichkeit. Deshalb werten sie andere ab. Das merkst du doch bestimmt auch. Zuerst wird der Fehler bei dir gesucht, statt bei sich selbst. Das sind alles nur Abwehrreaktionen. Teamwork gibt es nur selten. Die Leute sind misstrauisch und neidisch.
Und ich habe das Gefühl, dass viele drei Gesichter haben.
Da kann ich dir nur zustimmen lieber Österreicher, außerdem lebst du wenigstens in einem halbwegs souveränen Land. Ich bin neidisch ;)
Österreich mag ich schon, aber nicht die Gegend wo ich zu Hause bin. Ich überlege schon seit 20 Jahren in ein ganz anders Land zu gehen, weil mich hier viele Dinge mega nerven. U.a. diese Raunzerei, Heruntermachen, Mitläuferei, Phlegmatismus und ja, auch genau diese Schleimerei, Korruption, soziale Ungerechtigkeiten und diese Hybris ganz besonders in der Politik, welche sich nur selbst feiert und das Geld von den einfachen "Deppen" für deren Zwecke verprasst und sich einen ... für echte Probleme in diesem Land interessiert. Vieles wird sich hier sehr bald ändern müssen. Das ganze Fake-System wird gefühlt immer instabiler.
Ja das kann ich mir vorstellen. Österreich könnte auch wesentlich selbstbewusster sein so wie die Schweiz
Österreicher scheinen sehr stolz auf ihren ständigen Grant und auf die Raunzerei zu sein und betrachten das als ihren Nationalgut. Sie sind Meister darin, den Grant und die Schleimigkeit zu kombinieren/zu vereinen. Phlegmatismus bezeichnen sie als "Gemütlichkeit". Das ist ein wunderschönes Land, aber manche Umstände sicher unerträglich. Dazu noch die Impfpflicht....
Haha "Nationalgut" trifft es köstlich, sehr erfrischend. 🙃🙂
Das mit dem Hund ist normal. Viele (nicht nur die Deutschen) haben einfach ihr Hund nicht unter Kontrolle. Sie denken: ,Mein Hund würde niemals etwas machen.‘. Tja, falsch gedacht jeder Hund hat einen Instinkt. Denn kann kein Mensch genau einschätzen. Hab das schon selber mitbekommen.
Von daher beschützt ich meinen Hund (hochheben und nicht schnüffeln lassen) , weil andere Hundebesitzer einfach ihren Hund überall frei lassen und er eventuell ein Trauma hat (zum Beispiel ehemaliger Straßenhund.) hat. Mein Hund macht eine falsche Bewegung, der Hund erinnert sich an eine schlimme Erfahrung und zack mein Hund ist todgebissen. Mein Hund kommt mit keinem anderen Hund einfach so in Kontakt wo ich nicht vorher mit den Besitzern gesprochen habe. Man kann den Hunden einfach nicht vertrauen und meistens auch nicht den Besitzern:)
Was können sich schon 2 Zwergpudel tun, die beide mit schwänzen wedeln? Wenn man immer so denkt , dann soll man überhaupt allen Hunden aus dem Weg gehen, eigenen Hund immer an der kurzen leine halten und einfach nicht glücklich sein lassen..
Wo in Deutschland bist du?
Ich komme aus dem Bergischen, das zwischen dem Rheinland und Westfalen liegt. Da kann ich gut beobachten, wie groß die Unterschiede sein können, wenn man 50 km weiter nach Osten oder Westen fährt.
Was du erzählst, hört sich nach Westfalen an, im Rheinland sähe es dann viel mehr so aus, wie du es aus deiner Heimat beschreibt. Die offenere Mentalität kann sich allerdings nicht nur als offen ausgelebte Herzlichkeit auswirken, sondern auch als ebenso offen ausgelebte Feindseligkeit.
Das heißt nicht, dass die Menschen auf der einen Seite des Rheins herzlicher oder/und freundlicher (oder eben die Gegenteile) sind als auf der anderen, sondern dass die Ausdrucksformen andere sind. Sich in die andere Mentalität einzufinden ist so etwas wie eine Fremdsprache zu lernen.
Es gibt kein "Codewort", sondern eine ganze "Codesprache", in die man sich einleben muss.
Bist du in deiner Heimat Ausländern begegnet?
Wenn ja, überleg dir, was du von ihnen erwartet hättest, damit du sie als integriert betrachtet hättest.
Wenn nein, wird es sehr, sehr schwierig, fürchte ich.
Bayern.
Ich glaube nicht, dass ich nicht integriert bin. in der Arbeit hat eine zeitlang niemand gewusst, dass ich überhaupt eine Ausländerin bin. ich passe mich an, wo es nötig ist, aber ganz glücklich bin ich mit manchen Bräuchen nicht.
In Bayern würde ich mich auch nicht integriert fühlen, weder mit meinem westfälischen noch mit meinem rheinländischen Anteil. Ebenso würden die Bayern mich als Fremdkörper empfinden. Und Bayern ist auch nicht homogen - da gibt es Bayern (im "ethnischen" Sinne), Franken (Großraum Nürnberg) und auch ein paar Schwaben (in Richtung Allgäu), und vermutlich noch ein paar andere nichtvernachlässigbare Gruppen. Muss also nicht einmal am Pass liegen.
Bin aus Österreich, da gibt es auch Regionen, wo es ähnlich ist, aber ebenso genug, wo die Menschen ganz offen und zugänglich sind. Ich würde nicht alle über einen Kamm scheren. War schon gut unterwegs auf der Welt und fand es immer dort am offensten, herzlichsten und ehrlichsten wo der materielle Wohlstand geringer und die äußeren Bedingungen rauer waren, wo man noch mehr auf andere angewiesen ist.
Bei deiner Frage fällt mir auch sowas wie Ballermann ein. Das ganze Jahr brav und verklemmt dienen und dann springt einmal im Jahr der Deckel vom Druckkochtopf.
Ich war noch nie dort, aber was man hört brechen dort die Fassaden zusammen und ganz irre Dinge kommen zum Vorschein...
Österreich ist meiner Ansicht nach noch ärger als Deutschland. Deutsche sind wenigstens direkt und in Österreich muss man unbedingt immer schleimig sein...
Das tut mir leid. Du solltest ihm Grenzen setzen. Er denkt vielleicht , dass er sich eine Unabhängige Deutsche bekommen hat, die selbstständig ist und hart arbeitet (ja ganz ganz anders als klischeehafte Frauen aus dem Osten) und er sich nun entspannen kann.