Kunststofffahrräder?
Die Frage geht an die Fahrradenthusiasten und auch Maschinenbauer unter euch. Ich habe beruflich etwas mit der Firma Igus zu tun. Diese hat vor einiger Zeit ein Fahrrad entwickelt, das komplett aus Kunststoff besteht. Rahmen, Lenker, Wälzlager, fast alles. Momentan aus teilweisem Recyclat, aber in Zukunft sind auch Räder aus voll recyceltem Material denkbar. Wer hat schon mal davon gehört und was haltet ihr davon? Guter Ansatz? Müll? Unnötig? Ich könnte es mir zum B. als Werksfahrräder, kommunale Leihfahrräder, etc. vorstellen.
Welche Vorteile soll es zu den alten Drahteseln haben? Gepäck kann nicht mitgenommen werden?
Es ist unter anderem angedacht worden, die Fahrräder weltweit zu produzieren und dafür Kunststoffe von Deponien und aus dem Meer zu verwenden. Gezeigtes Modell hat keinen Gepäcktr.
2 Antworten
Da Fahrräder jetzt bereits größtenteils aus dem noch am besten recycelbaren Material bestehen, ist gerade hier der Ansatz unlogisch.
Ein solch nicht gespeichtes, nicht unter Vorspannung stehendes Laufrad, ist entweder bruchgefährdet, oder extrem massiv und damit schwer dimensioniert.
Und, es gab schon 1970 rum solch einen Versuch eines reinen Plastikrades, der damit endete, das man feststellte (nach der Serienfertigung!) dass die Rahmen bei heißem Wetter zu weich wurden. Und bei Frost wahrscheinlich zu spröde.
Und je nach Material, ist es auch nicht UV-beständig und wird ebenso spröde und rissig.
Ich frage mich, wer sich so was ausdenkt, gern rad fahren tut er schon mal nicht.
Und von wegen Nachhaltigkeit, wenn da von "Hochleistungskunststoff" geschrieben wird, der z.B. für die Lager benötigt wird, so ist das eben kein Recyclingmaterial sondern etwas in die Richtung Teflon.
Die 100% Recyclingvariante ist auch nur optional erhältlich, was heißt, das die "normal" Variante der gleichen Firma noch mehr, eigentlich zu vermeidendes Plastik neu produziert, als ein herkömmliches Rad. Denn auch so "recycelte" Plaste ist ja damit nicht plötzlich verschwunden.
Ich hab hier ein Raleighrahmen "M-Trax" in Nutzung, ne Stahl-Titan Kombi, wobei Steuer- Ober- und Unterrohr in Titan sind (34, 28,6 und 31,8mm) und die Hauptrohre gemufft. (Man scheint Titan auch löten zu können, wenn es nicht gar geklebt ist.) Wurde mal in Kombi mit der 8-fach LX verkauft, also nicht mal als High-End Produkt. Gewicht auch nicht extrem leicht, mit knapp über 2000g. Sehr subtile Federwirkung, in manchen Situationen leicht schaukelstuhlartig, aber mir gefällts.
Es gab mal von Hercules einen Rahmen, der geklebt war. Nannte sich "Titanal". In der Legierung waren nur soviel ich weiss, unter 1% Titan! 🤣
Titanal ist so weit ich weiß, eine harte Alulegierung die aber Versprödungsrissprobleme hatte und nur in Rohrform, weil nicht schweißbar, anwendbar. Später gabs Scandiumlegierungen, was der bessere, weil schweißbare und weniger rissempfindliche, Nachfolger war. Auch die "Magnesiumtauchrohre" von Federgabeln, waren sicher nie aus Magnesium, sondern aus Alulegierungen mit besonders hohem Magnesiumanteil.
Und heute dächte ich, nimmt man für Hydroforming, wieder weichere Legierungen und konifiziert halt dafür viel stärker.
Noch mal kurz zu dem von dir genannten Plasterad:
Ich halte dieses Konzept vor allem für ein Wirtschaftliches. Man macht sich halt mit dieser recht einfachen Konstruktion unabhängig von einigen anderen Radteileherstellern, vereinheitlicht etliche Teile im Material und in der Herstellung, und hat die Produktion der Plastikteile unter eigener Kontrolle. Außerdem ist das Konzept so neu, dass es für den Konsument erschwert ist, einen Preisvergleich (mit bisherigen Rädern) durchzuführen. Das bietet die Möglichkeit, in diesem konkurrenzstarken Markt, überhaupt noch überdurchschnittlich Geld zu verdienen. Ebenso werden die Montagekosten stark verringert.
Aber im Endeffekt halt für ein Produkt, welches zwar sehr einfach und billig (weil versprochen wartungsarm) anwendbar ist, aber mehr Nutz-Eigenschaften hat, die schlechter sind, als bei jedem herkömmlichen Rad. Zumal sich diese "Wartungsarmut" vor allem bezogen auch die Lagerung, auch mit entsprechend gut gedichteten Lagern herstellen lässt, die nur meist erst bei Rädern >1000€ benutzt werden.
Ich habe die Fa. Igus im Zuge einer Bestellung kontaktiert, frech wie ich bin. Die haben mir ein Leihfahrrad für 14 Tage angeboten. 😄 Wenn unser Abteilungsleiter mitspielt, kann das Ding mal kommen.
Ob der Zeitpunkt jetzt günstig ist, bezweifle ich.
Zurzeit ist Mikroplastik als große Gefahr für unsere Umwelt in aller Munde.
Die Frage ist auch, wieviel des weltweiten Plastikmülls man in solche Räder umsetzen kann. Es wäre dann wenigstens für Jahre, bis Jahrzehnte in Gebrauch und würde sich nicht zu Mikroplastik, oder Treibgut im Meer verwandeln. Aber die vielen Millionen Tonnen, die davon in der Umwelt sind, können glaube ich, nicht so beseitigt werden.
Es wäre dann wenigstens für Jahre, bis Jahrzehnte in Gebrauch
Das will ich gar nicht polemisieren, aber leben wir nicht, gerade auch auf dem Bikesektor, in einer Wegwerfgesellschaft?
Das Marketing tut alles (mit Erfolg), dass viele das Neueste morgen haben wollen.
Gestern "Di2" und morgen ...?
Es gibt heute nicht mehr viele, die ihre Räder (wie ich) jahrzehntelang fahren.
Jo, so isset.
Und ich habe schon vor geraumer Zeit prophezeit, nach 26", 27,5" und 29" Laufrädern kommt eine weitere Größe.
Ich hatte es kaum ausgeschrieben, da las ich von den "Mullet- Bikes"...^^, ich wäre fast vom Hocker gefallen.
Vor allem vor dem Hintergrund, weil ich zuvor schon immer sagte, 26" Laufräder sind die bergfreudigsten.
ich bin ein Fan von Stahlfahrrädern. Wenn ich persönlich so etwas konstruieren müsste, würde ich auf "altbewährtes" Kunststoffmaterial zurückgreifen für die Rahmenteile und Gabel, wie Carbon. Ist zwar nach Ablauf der Lebensdauer Sondermüll, kann aber wenigstens verbrannt werden. Ich bin auch schon Bambusfahrräder gefahren und fand das Naturmaterial genial. Die Rahmen waren komfortabel und trotzdem sehr stabil. Was ich aber genial finde, sind die Kugellager von Igus. Wir haben im Betrieb Verwendung dafür und durch sie habe ich erst den Artikel über das Kunststofffahrrad gefunden.