Kirche: Wieso sind Domorgeln so teuer?

6 Antworten

Hallo Peter,

Wieso sind Domorgeln so teuer?

Ein Teil der Antwort befindet sich bereits in der Frage: Eine Domorgel ist nicht so teuer, weder als Neubau noch in der Restaurierung. In St. Stephan befinden sich jedoch fünf Orgeln, alle mehr oder weniger große eigenständige Orgeln, auch wenn sie von einem zentralen Spieltisch aus gespielt werden können. (Die Orgeln in der Andreas-Kapelle und in der Lamberg-Kapelle nicht berücksichtigt.)

außer natürlich Material und Arbeitszeit.
Oder ist es genau DAS, was die Orgel so teuer macht? o_O

Genau das ist es, danach kommt lange nichts.
'Orgelmetall' ist eine Legierung aus zumeist 70% Zinn und 30% Blei. Zinn ist ziemlich teuer. Holz muss hinreichend lange gelagert werden, bevor es im Orgelbau verwendet werden kann.

Wie der von Dir genannte Preis sich im Einzelnen begründet, kann ich natürlich nicht sagen. Aber es gibt - neben der nur noch schwer fassbaren Größe des Werkes - einige Faktoren, die den Rahmen einer normalen Renovierung/Restaurierung sprengen:

  • Es gibt gravierende statische Probleme bei der Hauptorgel. Ein Teilwerk kippt nach hinten, ein Teilwerk kippt nach vorn. Die müssen nachhaltig behoben werden.
  • Die Orgeln haben einen Wartungs-/Renovierungsstau von 40 Jahren. Es wird also kein einziges Teil geben, das nicht angefasst und bearbeitet werden muss, und sei es nur die fachmännische Reinigung.
  • Die Orgeln werden - wieder einmal - vergrößert. Als Außenstehender darf man da wohl schon ein wenig den Kopf schütteln. Da möchte wohl das Alleinstellungsmerkmal der Orgelanlage auch für die Zukunft gesichert werden. Musikalische oder liturgische Erfordernisse sind - bei jetzt schon über 230 Registern - kaum vorstellbar.
  • Die Orgelkommission ist der Ansicht, die Orgeln würden den Raum nicht füllen. Das bedeutet, das Pfeifenwerk der Hauptorgel wird nicht nur gereinigt, gerichtet, repariert, nachintoniert und wieder gestimmt, sondern es wird eine vollständige Neuintonation geben. Das ist enorm zeitaufwendig. (Eine kleine historische Dorforgel in unserer Region wurde in diesem Sommer restauriert. Für die abschließende Intonation und Stimmung haben sich die Orgelbauer für jedes Register einen ganzen Arbeitstag Zeit genommen.)
  • Dann wird die Orgel etwas ganz Exquisites aus Kanada bekommen, neu, dafür muss ein Anbau geschaffen werden.
  • Es wird ein zweiter Generalspieltisch gebaut, der an der Südseite im Chor stehen soll. Musikalisch eine ganz schwierige Angelegenheit, denn der Klang der Hauptorgel erreicht diesen Spieltisch erst nach etwa 1/3 Sekunde.

usw. usw... Wie gesagt, als Außenstehender bekommt man nicht jede Datailinformation.

Bei uns im Dom wurde jetzt die alte Orgel renoviert, bzw. saniert.

Sind die Arbeiten nicht auf fünf Jahre ausgelegt, beginnend Ende 2020?

(Wie Du gemerkt hast, weiß ich nun, wo Dein Auto steht... 😉)

LG
Arlecchino

Dem ist nichts hinzuzufügen!

Ist total an mir vorbei gegangen, dass die Orgeln im Stephansdom renoviert werden 🤔 Schande über mich! 🙈

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@taskmanager4

Es geht nicht um Wien, das hast Du doch verstanden? Und die Arbeiten sind ja noch lange nicht abgeschlossen.
Schade, wenn solche Antworten vom Fragesteller gar nicht gelesen werden. Die habe ich nicht mal eben in fünf Minuten geschrieben... 😕

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@Arlecchino

Ja, dass es sich um den Stephansdom in Passau handelt, hab ich gleich mitbekommen, als er von der größten Domorgel der Welt geschrieben hat.

Vielleicht liest er sie ja noch - klar, solche ausführlichen Antworten schreibt man ja nicht zum Zeitvertreib.

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Hast du schon mal so eine grosse Orgel gesehen wie die aufgebaut ist?

Also nicht nur die sichtbare Front, sondern das meiste versteckt sich ja hinter der Fassade.

Der Aufwand für so eine Orgel ist gigantisch, die erstreckt sich über mehrere Stockwerke.

Das ist auch kein Teil von der Stange, sondern da wird alles kundenspezifisch gebaut und ist mit sehr viel Handarbeit von Spezialisten verbunden, insebsondere bei der Restauration einer alten Orgel.

Es gibt nur sehr wenig Spezialisten die sowas machen können, die lassen sich natürlich auch entsprechend bezahlen.

Was genau ist an so einer Orgel so teuer, dass alleine eine Restaurierung 6,5 Millionen Euro kostet

Genau das dürfte auch ein Faktor sein: es wird restauriert. D.h. der Originalzustand soll möglichst erhalten bleiben - was vermutlich wieder extra viel Handarbeit bedeutet. Ich könnte mir gut vorstellen, dass eine neue Orgel im Vergleich vielleicht sogar günstiger sein könnte (weil mit moderneren Methoden herstellbar und keine Rücksicht auf exitierende, alte Komponenten genommen werden muss).

Zur betreffenden Domorgel wurde ja bereits geantwortet.

Zu einer "normalen" Kirchenorgel (sagen wir mal 15-20 Register) sei gesagt, das die Bauzeit schnell 5-8 Monate beträgt.

Eine Orgel ist eine ziemlich umfangreiche Sache, das meiste daran bleibt dem Laien meist verborgen. Oft finden mehrere tausend handgefertigte Pfeifen aus Holz und Metall darin Platz und jede einzelne Pfeife wird mechanisch, pneumatisch oder elektrisch angesteuert. Bei einer mechanischen Orgel laufen feine Holzleisten (1x5mm) von der Taste am Spieltisch bis zur Pfeife, über viele Meter, möglichst ohne Wiederstand, möglichst ohne Geräusche. genauso werden die Register mechanisch bedient, ebenfalls über mehrere Meter vom Spieltisch bis zur Lade. Auch ein Schwellwerk verlangt nach ausgetüftelter Mechanik, die vom Spieltisch bis hin zu dem Werk in mehreren Metern Höhe perfekt laufen muss. Und so zieht sich das durchs ganze Instrument. Tausende bewegliche Teile, die alle aufs µ funktionieren und passen müssen.

Alleine das Stimmen und intonieren dauert mehrere Wochen.

Desweiteren werden sehr hochwertige Hölzer, Holzverbindungen, Filze und Leder verwendet und eine Vielzahl an anderen Materialien wie Glas, Metalle etc. Alles ist feinste Handarbeit. Es gibt keine Vorlagen, weil jedes instrument ein Einzelstück darstellt.

Auch die Empore muss häufig ertüchtigt werden, wenn ein neues Instrument eingebaut werden soll.

Zudem kommt noch die Fassung der Orgel durch einen Kirchenmaler. Auch keine Kleinigkeit.

Alles in allem sind da Sachverständige, Gutachter, Orgelbauer und andere Handwerker monatelang beschäftig bis eine neue Orgel erklingt. Da kann man sich schon vorstellen, dass das mit 50.000€ nicht getan ist, sondern eher 500.000€ realistisch sind, wenn eine mittelgroße Gemeinde neu baut.

Zudem kommt noch die Fassung der Orgel durch einen Kirchenmaler. Auch keine Kleinigkeit

Wobei das nicht bei jeder Orgel gemacht wird bzw. erforderlich ist (Beispiel Rieger-Orgel in St. Jakob, Rothenburg o. d. Tauber; Rieger-Orgel in der Moritzkirche Augsburg, diverse Orgeln in Neuapostolischen Kirchen, Mühleisen-Orgel in der Stiftskirche Stuttgart etc.)

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Ich habe vor Jahrzehnten mal mit dem Gedanken gespielt, Orgelbauer zu werden. Damals habe ich mich ein wenig mit diesem Beruf beschäftigt.

JEDE einzelne Metallpfeife wird als flaches Blech gegossen, dann gerollt, geformt, gestimmt. Das kann bei einer großen Pfeife viele Tage dauern und dann liegt der Aufwand dafür schon mal bei einer fünfstelligen Summe. Eine Orgel kann mehrere tausend Pfeifen haben. Bei einer Renovierung müssen oft einige ersetzt werden. Vor allem hölzerne Pfeifen. Jedes Teil ist Einzelanfertigung, oft gibt es keine Pläne. Das alles dauert und Zeit kostet Geld.

Aber sicher gibt es noch Menschen, die dazu viel mehr sagen können.

Schau mal hier: https://www.ardmediathek.de/video/mensch-leute/der-orgelbauer-oberlingers-kampf-ums-traditionsgeschaeft/swr-rheinland-pfalz/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE1NTIwMzc/