Kann man anhand des Blutes die Verwandtschaftsgrade der Geschwister oder Verwandte im dritten Grades haargenau feststellen und wie funktioniert sowas?

Das Ergebnis basiert auf 3 Abstimmungen

Ja 100%
Nein nicht zu 100% 0%

3 Antworten

Wie das funktioniert, darfst du mich nicht fragen. Ich bin keine Biologin. Aber es funktioniert.

Es gibt doch die Geschichte der Zarentochter Anastasia, die angeblich überlebt hatte. Viele glaubten ihr, viele auch nicht. Sie blieb bis zu ihrem Tode dabei, dass sie Anastasia sei. Später, als man das mittels DNA nachweisen konnte - man verglich ihre DNA mit der von Prinz Philipp, Herzog von Edinburgh - und es stellte sich heraus, dass sie nicht Anastasia war, sondern eine polnische Landarbeiterin.

Wie kommt man auf eine polnische Landarbeiterin?

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@Patrikreiser

Ich nehme an, dass man diesen Verdacht vielleicht immer schon hatte, und dann ihre DNA mit der von polnischen Verwandten verglich. Anders ist das nicht möglich. Die DNA von Philipp reichte ja nur aus zu sagen, dass sie nicht Anastasia sein konnte. Aber nicht, um zu sagen, wer sie denn dann war.

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@Dahika

Weißt du wie komplex es ist die DNA der Verwandten festzustellen? Man hat sogar heute mit modernster Technik Schwierigkeiten und damals war es bis zu unmöglich. Gerade außerhalb des ersten Grades war damals nicht möglich?

Einfach mal ein DNA Test machen und das war’s ist zu einfach. Alle Menschen sind zu 99,9-% miteinander verwandt und da ist die Schwierigkeit oder?

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@Patrikreiser

trotzdem ist es möglich, sonst hätten sie Philipp nicht um eine Blutprobe gebeten. Und es ist ja auch möglich Vaterschaftstests machen zu lassen und es ist möglich mit Hilfe der DNA mögliche Mörder zu fassen.

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@Dahika

Ich glaube eher weniger dran, wenn man sich die historische und wissenschaftliche Zeit anschaut.

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Ja

In der Tat sind etwa 99.7 bis 99.9 % des Genoms aller Menschen völlig identisch. Das ist ziemlich viel. Bedenkt man aber, dass das Genom des Menschen sehr groß ist, rund 3,27 × 109 bp (Basenpaare), dann beträgt die Anzahl der unterschiedlichen Nukleotide immerhin noch zwischen 3 Mio. bis 10 Mio. Basenpaare, wobei die meisten dieser Unterschiede so genannte SNPs (single nucleotide polymorphisms) sind, das sind Stellen in der DNA, die sich durch den Austausch nur eines einzigen Nukleotids unterscheiden. Das ist mehr als genug, um jeden Menschen zweifelsfrei von einem anderen unterscheiden zu können. In genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) kann man gezielt nach solchen SNPs suchen.

Wenn man feststellen möchte, ob zwei Individuen miteinander verwandt sind, geht man jedoch anders vor. Wie du sicher weißt, sind große Teile des Genoms nicht Bestandteil der Gene, also codieren keine bestimmte Information wie etwa den Bauplan eines Proteins. Diese nichtcodierende DNA unterliegt, da sie keine Information codiert, nicht den strengen Selektionsprinzipien der Evolution. Kommt es in diesen Bereichen zu einer Mutation, wird diese nicht ausselektiert, da durch die Mutation kein Nachteil entsteht. Daher sammeln Mutationen sich in den Bereichen der nichtcodierenden DNA in besonders hoher Zahl an. Diese Bereiche sind es also, in denen einzelne Individuen sich am deutlichsten voneinander unterscheiden. Genau diese Bereiche schaut man sich bei der Bestimmung von Verwandtschaften daher an.

Heute verwendet man für Verwandtschaftstests häufig so genannte Mikrosatelliten, auch short tandem repeats (STRs) genannt, die genau zu dieser nichtcodierenden DNA gehören. STRs sind kurze DNA-Sequenzen von etwa 6 bis 10 bp Länge, die sich in beinahe beliebig hoher Zahl tandemartig wiederholen können. Sie werden deswegen zur repetitiven DNA gerechnet. Wie viele Wiederholungen ein solcher Mikrosatellit hat, kann unterschiedlich sein. Es können zehn Wiederholungen sein, aber auch einhundert oder mehr. Dadurch entstehen, analog zu verschiedenen Gen-Varianten, unterschiedliche Auspägungsformen eines Mikrosatelliten, die man Allele nennt. Wie gesagt spielt die Anzahl der Wiederholungen keine Rolle, da der Informationsgehalt der DNA nicht verändert wid. Deshalb werden STRs nicht ausselektiert und die Allele können vererbt werden.
Wenn nun beispielsweise ein Gericht in einer Vaterschaftsklage feststellen soll, ob von zwei Männern einer der beiden der biologische Vater eines Kindes sein könnte, kann man die Mikrosatelliten zur Klärung der Vaterschaft nutzen. Dabei macht man im Prinzip nichts anderes als die Länge des Mikrosatelliten des Kindes mit der Länge des Mikrosatelliten der beiden potentiellen Väter zu vergleichen. Da das Kind das Allel vom Vater geerbt hat, sollten die Allele von Kind und Vater deshalb die gleiche Länge aufweisen. Ist die Länge hingegen unterschiedlich, kann der Mann als Vater ausgeschlossen werden. Für einen Vaterschaftstest würde ein STR-Locus allein aber nicht ausreichen. Denn die Allele können auch rein zufällig übereinstimmen, obwohl gar keine wirkliche Verwandtschaft besteht. Deshalb müssen immer mehrere Loci verglichen werden, denn je mehr einzelne Mikrosatelliten miteinander verglichen werden, umso kleiner wird die Wahrscheinlichkeit, dass alle Loci durch Zufall übereinstimmen. Um vor Gericht Bestand zu haben, müssen mindestens 15 Loci untersucht werden, um eine Vaterschaft mit Sicherheit bestätigen oder ausschließen zu können - wenn dabei das Erbgut von Mutter, Kind und potentiellem Vater untersucht werden. Wird nur die DNA des Kindes mit der des potentiellen Vaters verglichen, sind die Vorgaben sogar noch strenger.
Wie führt man nun so einen Vaterschaftstest durch? Zunächst benötigt man eine Probe von jeder Person, die untersucht werden soll, z. B. eine Speichel-, Haar- oder Blutprobe. Aus der Probe muss nun die DNA zunächst isoliert werden. Um mit der DNA vernünftig arbeiten zu können, braucht man aber eine größere Menge als in der Probe natürlicherweise vorhanden ist. Deshalb muss die DNA aus der Probe nun zunächst vervielfältigt werden. Dazu nutzt man das Prinzip der Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR). In diesem Vefahren können von einem einzigen DNA-Molekül in mehreren sich wiederholenden Schritten viele identische Kopien der DNA angefertigt (amplifiziert) werden. Dabei amplifiziert man aber nicht die gesamte DNA, sondern man vervielfältigt gezielt nur die Mikrosatelliten, die man untersuchen möchte. Hat man diese vervielfältigt, bestimmt man die Größe der einzelnen Loci. Das erreicht man durch eine Gel-Elektrophorese. Die DNA wird dabei mit einem Farbstoff gekoppelt und dann durch ein Agarose-Gel geschickt, an das eine Spannung angelegt wird. In dem elektrischen Feld beginnt die DNA zu wandern. Sie wandert dabei umso weiter, je kleiner die DNA ist. Die DNA-Stücke wandern im Gel also je nach Größe unterschiedlich weit. Unter UV-Licht erscheinen die gewanderten DNA-Fragmente dann als abgegrenzte Banden. Das individuelle Muster dieser Banden wird als genetischer Fingerabdruck bezeichnet. Bestimmt hast du so ein Bild schon einmal gesehen, auf dem mehrere Striche über- und nebeneinander dargestellt sind. Das Ergebnis einer Gel-Elektrophorese könnte z. B. so aussehen:

Bild zum Beitrag

In diesem Beispiel sind drei STR-Loci miteinander verglichen worden. Jede Bande repräsentiert ein DNA-Fragment, also ein STR-Allel. Wenn du mitgezählt hast, dann hat jedes einzelne Individuum exakt sechs Banden. Jeder erbt ja jeweils ein Allel vom Vater und der Mutter und sofern diese sich voneinander unterscheiden (Heterozygotie), erscheinen sie als voneinander getrennte Banden. Wir können deshalb schon einmal sagen, dass in diesem Fall alle Loci heterozygot sind (es gibt auch den Fall der Homozygotie. In diesem Fall vererben Vater und Mutter das gleiche Allel. Da die Allele dann in ihrer Größe identisch sind, wäre für diesen Locus beim Kind dann nur eine Bande sichtbar. Bei drei untersuchten Loci wären also immer mindestens drei Banden (alle Loci sind homozygot) und maximal sechs Banden (alle Loci sind heterozygot, wie im Beispiel) möglich).
Farbig hervorgehoben sind die Banden, die beim Kind und einer weiteren Person auf gleicher Höhe liegen und deshalb übereinstimmen. Blau sind die Banden gekennzeichnet, die mit der Mutter übereinstimmen. Rot sind die, die mit dem biologischen Vater identisch sind. In unserem Beispiel sieht man, dass sämtliche roten Banden des Kindes mit einer entsprechenden Bande bei Person A übereinstimmen. Mit Person B gibt es keine Übereinstimmungen. Deshalb ist Person A in diesem Fall der biologische Vater.

Mit diesem Wissen kann man auch den Verwandtschaftsgrad zweier Individuen zueinander bestimmen. Als Faustregel gilt dabei: je näher zwei Individuen miteinander verwandt sind, umso mehr Loci stimmen miteinander überein. Der Grad der Verwandtschaft wird in der Biologie auch mathematisch beschrieben mit Hilfe des Verwandtschaftskoeffizienten (r). Dabei ist r ein Maß dafür, mit welcher zwei Individuen ein bestimmtes Allel aufgrund gleicher Abstammung miteinander gemeinsam haben. r ist ein Korrelationskoeffizient und gibt diese Wahrscheinlichkeit deshalb als relativer Wert an und kann deshalb Werte von 0 (keine Übereinstimmung) bis 1 (völlige Übereinstimmung) annehmen. Ein r = 0 liegt vor, wenn die Individuen überhaupt nicht miteinander verwandt sind. Ein r = 1 kann hingegen nur erreicht werden, wenn man ein Individuum mit sich selbst vergleicht (oder wenn es sich um einen genetisch identischen eineiigen Zwilling handelt). Bei diploiden (jeder Locus liegt doppelt vor) Organismen kann zwischen zwei Individuen (die nicht Zwillinge und nicht das gleiche Individuum sind) deshalb meist nur den maximalen Wert von 0.5 annehmen, so wie z. B. zwischen einem Elternteil und einem Kind (0.5 bedeutet, dass ein Elternteil und das Kind 50 % ihrer Allele miteinander teilen. Die anderen 50 % sind unterschiedlich, weil das Kind diese ja vom anderen Elternteil geerbt hat und weil ein Elternteil jeweils auch nur die Hälfte seiner Allele vererbt). Es gibt noch den Sonderfall der Haplo-Diploidie, wie er z. B. bei Bienen vorkommt. Bei Bienen sind die Männchen (Drohnen) aus unbefruchteten Eiern geschlüpft und haben deshalb nur einen einfachen (haploiden) Chromosomensatz, den sie vollständig an ihre Nachkommen vererben. Weibchen (Königinnen und Arbeiterinnen) sind hingegen diploid und erben die Hälfte ihres Chromosomensatzes vom Vater und die andere Hälfte von der Mutter. Setzt man voraus, dass eine einzige Drohne Vater aller Arbeiterinnen eines Stockes ist, stimmt somit die Hälfte der Allele aller Arbeiterinnen schon einmal überein, denn der Vater als haploides Individuum vererbt seinen gesamten Chromosomensatz an seine Töchter. Zusätzlich stimmen bei den Arbeiterinnen auf Seiten der von der Königin geerbten Allele noch einmal 50 % überein (die Königin vererbt von ihrem diploiden Chromosomensatz an jede Tochter nur den reduzierten haploiden Satz). Das heißt, dass sich für Arbeiterinnen ein r von 0.75 ergibt, zwischen der Königin und einer Arbeiterin hingegen nur ein r = 0.5. Genetisch gesehen sind die Schwestern im Bienenstaat somit näher miteinander verwandt als mit ihrer Mutter.

Mit dem Verwandtschaftskoeffizienten allein kann man jedoch nicht die tatsächlichen Verwandtschaftsverhältnisse rekonstruieren. Ein Beispiel: wie wir gesehen haben, haben Eltern und Kinder einen r von 0.5. Aber auch Vollgeschwister haben einen r = 0.5. Ist für zwei Individuen ein solcher Verwandtschaftskoeffizient ermittelt worden, kann man nicht beurteilen, ob es sich um zwei Geschwister oder ein Elter und ein Kind handelt. Man ist deshalb darauf angewiesen, die Daten mit Stammbäumen zu verknüpfen.

In der Verhaltensbiologie gewinnt diese Methode immer stärkere Bedeutung. In Schimpansengruppen etwa ist die Mutterschaft meist eindeutig, da die Mutter eines Kindes in der Regel das Weibchen ist, welches sich um das Junge kümmert und mit etwas Glück lässt sich vielleicht sogar die Geburt beobachten. Schwierig wird es aber, die Vaterschaft festzustellen, weil Schimpansenweibchen sich mit mehreren Männchen der Gruppe paaren und die Vaterschaft gezielt verschleiern wollen. Sie wollen so Infantizid (das Töten der Jungen eines Konkurrenten durch ein Männchen) vermeiden. Für einen Forscher kann dieses Wissen aber sehr wichtig sein. Relevant kann dann auch sein, ob zwei Geschwister vom gleichen Männchen abstammen (also Vollgeschwister sind) oder von zwei verschiedenen Vätern gezeugt wurden (Halbgeschwister sind). Aus diesem Grund werden in immer mehr Feldstudien zunehmend DNA-Proben gesammelt und so die Stammbäume der Schimpansengruppe Stück für Stück rekonstruiert.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig
 - (Mathematik, Medizin, Umfrage)

Interessant, auch wenn ich nicht viel verstanden habe.

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Sehr interessant, danke dir. Also sind kernige Wörter wie mein Fleisch und Blut gehaltlos? Gibt es das deutsche oder türkische Gen bzw. Blut oder DNA? Bist du Biologe und hattest Du solche Untersuchungen mit Mikroskope durchgeführt, wenn ja, war es mühsam?

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