Ist Sozialismus Planwirtschaft?

7 Antworten

Ist Sozialismus Planwirtschaft?

Planwirtschaft ist das ökonomische Ideal hinter einem Sozialismus, der noch aus einigem mehr besteht.

Jeder so viel wie er kann und jeder so viel wie er braucht, schafft man nur mit massiven staatlichen Interventionismus. Der einzige Weg, die Vorgabe des Sozialismus zu erreichen, sind somit planwirtschaftlichen Maßnahmen.

was ist dann Kommunismus?

Wenn das mal die Kommunisten selber wüssten... Es gibt viele Definitionen von Kommunismus, z.T. wird Kommunismus auch mit Sozialismus als Synonym verwendet.

Die wohl sinnvollste Differenzierung zwischen Kommunismus uns Sozialismus, die ich kenne, ist folgende:

Der Kommunismus ist die weltweite "Befreiung" des Proletariats und die Vernichtung des Kapitals. Die Welt ist grenzenlos und Nationalstaaten existieren nicht mehr.

Sozialismus ist die Vorform von Kommunismus in einer Welt, in der es noch Nationalstaaten und kapitalistische Strukturen gibt. Der Sozialismus versucht also in den Grenzen seiner Nationalstaaten dem kommunistischen Ideal so nahe wie möglich zu kommen, muss aber bis zur "Weltrevolution" noch mit Einschränkungen und anderen Spielregeln leben. So haben sozialistische Staaten z.B. immer noch ein Militär.

Die Wirtschaftsform des Kommunismus ist hochgradig widersprüchlich. Auf der einen Seite strebt man eine anarchistische Welt an, will dann aber ohne Herrschaftsstrukturen eine Verteilung und Herstellung von Produkten nach Bedürftigkeit sicherstellen. Das widerspricht sich so lange selbst, wie man den freien Markt ablehnt. Dieser wäre das einzige Instrument, welches dezentral Produktion und Verteilung ohne Herrschaft regeln könnte. Das einzige Problem mit dem freien Markt ist, dass dieser nicht Produkte an Bedürftige ohne Kaufkraft verteilt und zwingend Privateigentum an Produktionsmitteln erfordert. Beides sind große No-Nos für Kommunisten.

Sozialismus und Planwirtschaft sind eng miteinander verbunden, aber sie sind nicht dasselbe. Planwirtschaft ist lediglich eine Wirtschaftsordnung und kann, aber muss nicht Teil des Sozialismus sein. Meiner persönlichen Ansicht ist sowohl der Sozialismus als auch die Planwirtschaft zum Scheitern verurteilt und sollte deshalb äußerst kritisch betrachtet werden.

Bei deiner 2ten Frage meinst du wohl die Soziale Marktwirtschaft (in DE und anderen europ. Ländern) bzw. die regulierte Marktwirtschaft.

Es ist üblich und legitim, wenn man die ökonomische Seite des Sozialismus (nach klassischer Definition) mit Planwirtschaft gleichsetzt.

Die klassische marxistische (ökonomische) Definition des Sozialismus sagt aus, dass Produktionsmittel vergesellschaftet werden - also entweder staatliches Eigentum oder genossenschaftliches Eigentum sind. In der Praxis wurde dies fast immer durch staatliche Kontrolle umgesetzt, was zu einer zentralisierten Planwirtschaft oder Kommandowirtschaft führte (z.B. Sowjetunion, DDR usw.).

Konkret bedeutet das, dass kein Mensch und auch kein Unternehmen uneingeschränkte Verfügungsrechte über Produktionsfaktoren haben darf. Dazu gehören u.a. Personal, Betriebsmittel, Grund/Boden, Rohstoffe und nach heutiger Auffassung auch Informationen oder andere immaterielle Güter.

Ergo dürfen Firmen ihre Investitionsgüter (Maschinen) im Sozialismus nicht in eigener Entscheidung beschaffen oder verkaufen. Dies wird im real-umgesetzten Sozialismus von einer zentralen Stelle (Staat) gesteuert.

Wichtig: Eigentum (=vollständige Verfügungsrechte, Einkauf, Verkauf) bezieht sich jedoch nicht zwangsläufig auf alle Entscheidungsprozesse. Wie genau die Produktionsfaktoren eingesetzt werden, könnte ggf. noch vom Unternehmen entschieden werden. Also z.B. welche Maschine produziert welche Güter zu welchen Zeiten. Diese Mittelallokation ist aber praktisch ebenso in großen Teilen kommandowirtschaftlich geregelt, da in sozialistischen Systemen oft sehr detaillierte Investitions- und Konsumplanungen aufgestellt werden, an die sich die Betriebe halten müssen. Praktisch gesehen ist die wirtschaftliche Organisation des klassischen Sozialismus (siehe Definition oben) immer auch zu großen Teilen eine Planwirtschaft.

Es gibt zwar auch so etwas wie Märkte und einen freien Handel - jedoch nur auf der Verbraucherseite (B2C) - also z.B. Läden oder Consumer-Dienstleistungen. Sozialistische und kommunistische Führer maßen sich oft an, zu wissen, was die Menschen brauchen. Insofern sind auf sozialistischen B2C-Märkten auch deutlich weniger Güter, in geringerer Qualität und zu höheren Preisen erhältlich. Aber es existiert zumindest noch eine geringe Konsumfreiheit für das Volk.

Nichtsdestotrotz: Die dahinterliegenden Stufen der Lieferkette sind i.d.R. vollständig planwirtschaftlich organisiert, was eine rationale Investitionsrechnung aufgrund fehlender Preissignale praktisch verunmöglicht. Die sog. Lange-Lerner-Gleichungen postulieren zwar das Gegenteil, sind aber realistisch betrachtet nichts weiter als ein mathematisches, nicht-anwendbares Glasperlenspiel.

Insgesamt ist der Planungsaufwand viel zu aufwändig defacto nicht effizient zu bewerkstelligen - auch nicht mit modernen Algorithmen. Moderne Volkswirtschaften sind hochkomplexe Systeme mit vielen Dynamiken, die sich besser in Form dezentraler Regelkreise organisieren können.

Kurzum: 1000 Bauern wissen es besser wie sie ihre Felder bestellen und Nachfrage befriedigen, als es ein Beamter kann.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Theoretische und praktische Erfahrungen in diesem Feld.

Marktwirtschaft ist immer Kapitalismus, egal wie viele Regelungen es gibt. Denn es kann Kapitalismus mit mehr oder mit weniger staatlichen Eingriffen geben.

Kapitalismus wird nämlich gerade durch diejenigen Faktoren bestimmt, die eine Marktwirtschaft ausmachen:

  • voneinander unabhängig handelnde Produzenten
  • die ihre Produkte als Waren herstellen, d.h. sie über einen Markt verkaufen
  • wodurch Geld zum allgemeinen Mittel des Produktentauschs wird und die Produkte einen in Geld ausgedrückten Tauschwert erhalten,
  • wodurch wiederum Kapital entsteht als investierte Geldsumme, die sich vergrößert
  • wobei diese Mehrwertproduktion nur durch Anwendung von Lohnarbeit entstehen kann.

Im Sozialismus gibt es keine isolierten Produzenten, die ihre Produkte über einen Markt verteilen, sondern die Gemeinschaft produziert und konsumiert unmittelbar gesellschaftlich. Es gibt weder Kapital noch Lohnarbeit noch Ged im heutigen Sinne. D.h. alle Produktionsmittel, aber auch alle Produkte gehören unmittelbar der Gemeinschaft. Das kann man dann Planwirtschaft nennen.

In einem kapitalistischen Staat muss der Einsatz von Kapital und die Kapitalverwertung nicht unbedingt durch individuelle "kapitalisten" erfolgen. Diese Funktionen kann auch der Staat übernehmen. Der Staat ist in einem solchen Falle quasi der "Gesamt-Kapitalist". Deshalb können Staaten mit staatlich gelenkter "Planwirtschaft", in denen es aber weiterhin einen Markt gibt, Geld und Lohnarbeit, sehr wohl kapitalistisch sein (siehe z.B. das heutige China).

Kommunismus ist die Idealversion der Gesellschaft, zu welcher Sozialismus nur der Übergang sein müsste.

Im Kommunismus werden alle Betriebe von der Gesellschaft kontrolliert, ohne jegliche Regierung oder andere Organe, da das Volk eigentlich weiß, was es braucht.

Reine Marktwirtschaft ist eigentlich was Seltenes, gibt es selbst in den USA nicht, aber wir nennen unsere Wirtschaft "soziale Marktwirtschaft", weil wir trotzdem versuchen, sie zu regulieren