Ist schweizerdeutsch eine Sprache oder ein deutscher dialekt?

6 Antworten

Es gibt mehrere Kriterien, um zu entscheiden, wann eine Sprache eine Sprache ist.

Zwei davon sind der Ausbau einer Sprache und der linguisitische Abstand einer Sprache zu einer anderen Sprache.

Der Ausbau einer Sprache beschreibt ihren äußeren Status wie die Verbreitung, die offizielle Anerkennung, die Domänen ihres Gebrauchs, formulierte Normen, das Schrifttum. Der Abstand beschreibt die linguistische Distanz zweier Sprachen zueinander.

Sprachen weisen Abstand und Ausbau auf. Abstandsprachen haben Abstand, aber keinen (aktuellen) Ausbau. Kulturdialekte sind ausgebaute Sprachen ohne Abstand. Dialekte sind weder ausgebaut, noch haben sie Abstand.

Ein Dialekt ist das Schweizerdeutsche deshalb in meinen Augen mit Sicherheit nicht, sondern mindestens eine Abstandsprache. Ob es sich um eine Sprache handelt, lässt sich diskutieren. Dabei ist die fehlende Normierung wohl der wichtigste Aspekt, der dagegen spricht. Dafür sprechen aber auf jeden Fall seine Verbreitung und die Domänen seines Gebrauchs.

Es sind verschiedene Dialekte.

http://www.swissworld.org/de/bevoelkerung/sprachen/schweizerdeutsch/

Die Schriftsprache in der deutschen Schweiz ist Hochdeutsch - eigentlich die erste Fremdsprache, welche die Kinder in der Schule lernen. Zeitungen, Zeitschriften und die meisten Bücher sind Hochdeutsch geschrieben; es gibt relativ wenig Schweizer Literatur, die in einem der Schweizer Dialekte geschrieben ist. Es gibt keine eigenständige deutschschweizerische Schriftsprache - vermutlich ist dies auch eine Folge der verschiedenen Dialekte. Wer 'nur' Hochdeutsch versteht und versucht, auch Schweizerdeutsch zu verstehen, wird am Anfang Mühe haben: nicht nur die Aussprache ist anders, auch Grammatik und Wortschatz unterscheiden sich vom Hochdeutschen.

LolleFee  30.12.2014, 17:13

Mit Deinem letzten Satz widersprichst Du der Aussage, das Schweizerdeutsche sei ein Dialekt - mit Variationen auf phonetisch-phonologischer, semantisch-lexikalischer sowie morphologisch-syntaktischer Ebene, die zu Verständnisschwierigkeiten führen, ist es für mein Verständnis mindestens eine Abstandsprache!

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Kurze Antwort - Dialekt

Lange Antwort - Eine eigenständige Sprache wäre es dann, wenn sie eine eigene Rechtschreibung hätte. Das wären zum Beispiel Luxemburgisch oder Niederländisch. Diese sind zwar sehr ähnlich zu Deutsch, aber eigene Sprachen, weil sie eine eigene Rechtschreibung haben. Schweizerdeutsch hört sich zwar sehr anders als Hochdeutsch an, aber es ist immer noch Deutsch. Wenn du in der Schweiz herumläufst, dann siehst du das Geschriebene in der Öffentlichkeit entweder auf Französisch, Italienisch oder - Deutsch! Ganz normales Deutsch, wie man es auch in Österreich und Deutschland lesen kann. Der Unterschied ist nur, dass Schweizerdeutsch einen höheren Stellenwert in der Schweiz hat. Dort hörst du die Moderatoren im Radio oder auch im Fernsehen auf Schweizerdeutsch sprechen. In Österreich ist das z.B. nicht so, da spricht man im Fernsehen und im Radio Hochdeutsch.

Was eine Sprache ist und was nicht, ist eine ziemlich willkürliche Bestimmung. Das kannst Du so oder anders sehen.

Zu der Zeit, als im Norden Deutschlands noch Niederdeutsch gesprochen wurde, haben dort die Menschen bspw. das Niederländische gar nicht als fremde Sprache empfunden, sondern eher das Hochdeutsche. Die niederländische Sprache war ihren eigenen Dialekten viel ähnlicher als das Hochdeutsche.

Offiziell war Niederländisch aber kein Dialekt mehr, sondern eine eigene Sprache, weil die Niederlande im 17. Jahrhundert beschlossen hatten, aus dem Verbund des Heiligen Römischen Reiches auszusteigen und ein Nationalbewusstsein entwickelten. Eine Nation, so dachte man sich, braucht auch eine eigene typische Nationalsprache. Für den Dialekt, der Nationalsprache werden sollte, wurden dann nach und nach Regeln festgelegt (heute "Algemeen Beschaafd").

Es war also eine politische Entscheidung, dass ein Dialekt Sprache werden sollte.

Zur Zeit ist Schweizerdeutsch jedenfalls offiziell keine eigene Sprache. Meines Wissens - man mag mich korrigieren - wird in den Schulen nicht damit gearbeitet, jedenfalls nicht schriftlich, und es gibt keine normierte Rechtschreibung und sonstiges Regelwerk, sondern Schweizer nehmen an der Duden-Kommission teil, deren Beschlüsse von den Bildungsbehörden aller deutschsprachigen Staaten als verbindlich anerkannt werden.

Wenn die Schweiz sich entscheiden sollte, wird derlei entwickelt werden (müssen). Dann steht auch zur Entscheidung an, welcher der vielen lokalen Dialekte das angeblich einheitliche "Schweizerisch" werden soll.

Wortschatz und grammatische Besonderheiten der anderen lokalen Mundarten werden dann auf der Strecke bleiben.

Würde auf Dialekt tippen, da die Wurzeln im deutschen sind.