Ist Konditor wirklich so ein "blöder" Beruf?

10 Antworten

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Mal ganz direkt gesagt:

  • Nahrungsmittel und Drogen (dazu gehören u.a. die Pharma-, Nikotin-, Alkohol-, Koffein-, und eben auch die Zuckerindustrie) sind hinter fossilen Ressourcen die profitablste Industrie der Welt.
  • Gebäck/Desserts haben den Luxus, die hochpreisigste und gleichzeitig am meisten gesellschaftlich akzeptierte Branche der Drogen zu sein. (Und ich meine „Drogen“ nicht wertend.)
  • Die Leute werden immer essen. Die Chancen daß die Branche plötzlich kein Geld mehr abwirft, ist praktisch null. Grad für die, die etwas schaffen, was heraussteht und besonders ist und andere nicht haben. Was in der Branche besonders leicht ist, wegen der folgenden beiden Gründe:
  • Konditor ist ein Kreativberuf. Damit wird er immer mehr Spaß machen und interessanter und abwechslungsreicher sein als die meisten anderen Berufe. Du machst Kunst, mit der sich im Gegensatz zu gewöhnlicher Kunst auch noch toll den Lebenunterhalt bestreiten läßt, weil sie ja immer wieder gegessen werden will.
  • Konditoreien sind meist eher regional. Und Leute mögen das. Denn es geht ja dabei grad nicht um globalen Einheitsbrei. Dein Konkurrenzkreis ist also natürlich begrenzt. Was der Grund für die haltbaren hohen Preise ist. Grad wenn man was hat was die anderen nicht haben, und in seiner Gemeinschaft dank der persönlichen Kontaktmöglichkeiten und des Feedbacks einen Ruf weg hat. Großindustrie wird das niemals haben können. „Bestenfalls“ werden sie es versuchen auf diese gruselige Psychopathen-Art zu imitieren, die etwa so rüberkommt: https://imgur.com/gallery/VAeA885
  • Wenn du genug freie Hand hast, wird der Beruf dir immer Spaß machen. Was wesentlich wichtiger ist, als zusätzlich Geld zu machen das man eh nicht braucht, um sich Dinge zu kaufen, die einen davon ablenken daß man dafür kein Leben mehr hat. Denn dann ist der Beruf Leben! :) Und man kann Abends stolz nach Hause gehen, im Wissen, selber schönes geschaffen zu haben, und die Welt schöner gemacht zu haben.

Jetzt erzähl mir bitte, warum das nicht einer der besten Berufe der Welt sei? :D

Ja, buckeln in irgendeiner Großkonditorei oder Fabrik ist nicht was ich meine. Mach das nur, wenn du am Verhungern bist, grad absolut keine Geschäftsidee hast, und dir absolut bewußt bist, daß du dann erst Recht keine Zeit und Energie haben wirst, wieder rauszukommen. (Nein, wirst du nicht!)

Wichtig ist halt, daß du den Profit einstreichst, und nicht nur ’ne Arbeitsdrohne bist. Denn Geld macht man damit gut. Aber halt nicht als Arbeitsrobotersklave. Sei dein eigener Chef, sobald du irgendwie kannst. Mach alles davor nur zu diesem Zweck! (Alles Wissen mitnehmen was du kannst, und geübt werden.)

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(Oh, und ich empfehle dir mal, “The Art Of Game Design” von Jesse Schell zu lesen. Mit „Game“ ist hier die Übermenge von Bildung, Kunst, Unterhaltung, Sport und generell tollen Erlebnissen gemeint. Bietet erstaunliche psychologische Schätze, wenn man das für deinen zukünftigen Beruf appliziert. Von “Wie kann man die Sinne des Verzehrers lenken und ein schönes Erlebnis daraus machen.” zu “Wie sollte die Reihenfolge der Schichten des Gebäcks und der Pralinen sein, um die Tollheit des Erlebnisses zu maximieren?“ zu “Wie verkauf ich meine Ideen am besten?“. Genau das was einen aus der Masse herausstellt also.)

suuusu  13.02.2018, 22:06

Darf ich fragen ob du selber Konditor bist oder in der Branche gearbeitet hast? Das ganze klingt nämlich traumhaft - und leider meilenweit entfernt von der Realität.

LG, eine Konditorin

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Evi1M4chine  08.03.2018, 13:13
@suuusu

@suusu: Ja, sowas gibt es in der Praxis sehr selten. Aber bedenke: Die CHEFS der Läden machen ja sehr wohl Kohle. Und das ist es, was ich meinte: Man muß halt CHEF sein. So bald wie irgend möglich! … Cheffe hat’s ja auch geschafft. Cheffe ist auch nur ein Mensch. Chefs prahlen immer gerne damit, wie sie so erfolgreich wurden. Frag sie, und machs genau so. Statt automatisch davon auszugehen daß das nicht geht, und es „wie alle“ zu machen. Die Laufbahn und die Art Dinge anzugehen ist für die Art von Herangehensweise nämlich ganz anders als „Standard“. (Z.B. muß man generell die Denke haben, zu delegieren, und andere für einen arbeiten zu lassen.) → Arbeitnehmerdenke VS Arbeitgeberdenke.

Der einzige Haken ist, wie meist, die Finanzierung. … Da kann man sich anschauen, wie die ersten Bonzen der Industrialisierung überhaupt zu Bonzen wurden: Das waren nämlich fast alles Adelige. Die haben das gesamte Geld ihrer Familie genommen, und sind damit zu allen wohlhabenden Freunden und Bekannten (und heute auch generell Investoren, wobei man da vorsichtig sein muß, da man, fast per Definition, gelinkt werden kann), und haben ihnen ihren Traum (Egal ob echt oder vom Pferd) erzählt, und Teilhaberschaft versprochen, wenn sie investieren. Dann sind sie mit der gesamten Kohle zur Bank, und haben da das selbe gemacht. Und mit dem Geldberg haben sie dann die ersten Fabriken gebaut. … Gearbeitet haben darin nur die anderen. Wenns was zu tun gab, wurde dafür einfach ein Experte eingestellt. Inklusive Manager. Die einzige Leistung der neuen Geschäftsführer war, drauf zu schauen daß das Ganze sich rentiert. Dann waren die Gläubiger irgendwann abbezahlt, und selbst von Teilhaberschaften konnte man sich durch Abspaltungen befreien. … TADAA! Bonze!

Man beachte, wie das so garnichts mit der Expertise in dem eigentlichen Feld zu tun hat, und wie es präzise darum geht, nicht zu arbeiten, sondern auf dem Rücken anderer zu schmarotzen. Weswegen es immer so dreist ist, wenn sie Sozialleistungs-Empfängern Schmarotzertum vorwerfen.

Aber man braucht (und sollte) ja nicht zu schmarotzen, um sich die Methode zu nutze zu machen. Vor allem weil man seine Passion ja nicht aufgeben will. … So manch einer endet nämlich darin, das Management dann doch zu machen, weil er es nicht über sich bringt, diesen letzten Schlüsselteil auch wegzudelegieren. (Das machen dann meist aber die Erben, zumindest teilweise.)

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adianthum  04.03.2019, 11:29
@suuusu

Allerdings!

Um selbstständig arbeiten zu können, brauchst du deinen eigenen Betrieb- heißt also, erstmal den Meister machen.

Und eine eigene Betriebsaustattung kostet- je nachdem was man machen will- leicht einen 6stelligen Betrag. Und mit einem Schuldenberg anzufangen, hat schon so manchen "Dickhäuter" nervlich ruiniert.

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Also ich habe damals auf meine Eltern gehört und habe einen Krisensicheren Beruf ergriffen. Ich bin Krankenschwester geworden. Heute völlig überlastet und nur noch genervt von diesem Beruf. Tatsächlich mache ich gerade die Konditorin in Ausnahmebewilligung bei der Handwerkskammer. Das ist teuer und Aufwendig. Mein Tip! Tu das was du für richtig hältst und wo deine Talente liegen. Eltern meinen es immer gut, aber sie wissen es nicht immer am besten.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Hi, ich habe gerade meine Ausbildung als Konditorin beendet, hab also ein bisschen Erfahrung ;)

Großes Thema ist da immer das Gehalt, wie du selbst schon festgestellt hat. Ich kann hier nur was zu Schleswig-Holstein sagen, aber ich vermute, dass es in Mecklenburg Vorpommern nicht viel anders aussieht.

Hier kriegen Azubis aktuell 410€ (1. Lehrjahr), 520€ (2.) und 630€ (3.) brutto pro Monat. Davon gehen ca. 20% an die Sozialversicherungen, Steuern muss man nicht zahlen. Wenn im Betrieb auch Bäcker ausgebildet werden, bekommen die Konditorazubis häufig Bäckerlohn, also ein bisschen mehr. Versuche also am besten die Ausbildung in einem Betrieb in deiner Nähe zu machen, damit du bei deinen Eltern wohnen kannst. Für eine eigene Wohnung reicht das Geld nämlich eher nicht.

Im ersten Gesellenjahr bekommt man mind. 9,00€/h brutto, also ca. 1500€ brutto im Monat. Das steigert sich bis zum 5. Gesellenjahr. Wenn du das alles genauer wissen willst, ruf einfach mal bei der Gewerkschaft NGG an, die haben die ganzen Tarifverträge vorliegen und können dir sagen was man wo bekommt.

Üblicherweise hat man mit dem Verkauf nichts zu tun, da gibt es Konditoreifachverkäufer/innen.

Was für mich persönlich sehr schwierig war, waren die Arbeitszeiten: Ich musste um 5 Uhr morgens anfangen und habe nicht selten weniger als 6 Stunden geschlafen, weil ich einfach jemand bin, der abends erst aktiv wird und dann nicht einschlafen kann. Aber da kommt es halt sehr auf dich (bist du ein Morgenmensch?) und den Betrieb an: in meiner Berufsschulklasse war alles von 23:00 bis 7:30 als Arbeitsbeginn vertreten. Hardcore war in meinem Ausbildungsbetrieb Silvester: Beginn um 0:00 und dann 14 Stunden ohne richtige Pause Berliner backen (dass das gesetzeswidrig ist interessiert da keinen, auch als mein Vater versucht hat sich bei der Innung zu beschweren).

Ich fange übrigens demnächst in der Patisserie (Dessertposten) eines Restaurants an, das passt wesentlich besser zu meinem Tagesrhytmus ;)

Wenn du über diese beiden Mankos hinwegsehen kannst, ist es meistens ein toller Beruf. Achte darauf, dass du nicht in einem Großbetrieb, sondern in einer kleinen Konditorei landest. Auch da gibt es Convenience Produkte, aber immerhin nicht so krass wie in der Massenproduktion. Außerdem ist bei kleinen Betrieben die Wahrscheinlichkeit größer, dass man nicht nur an einem langweiligen Posten versauert, sondern nach einer Weile auch mal an Bestellungen (z.B. Hochzeitstorten) und filigranere Sachen (z.B. Pralinen oder Petit Fours) gelassen wird, wenn man sich nicht all zu blöd anstellt und engagiert ist.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Konditorin
cismuffin 
Fragesteller
 13.02.2018, 23:37

Ich schlafe - wenn ich keine Ferien habe, meist 20:30-21:00 Uhr ein und stehe um 6 auf ^-^

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suuusu  17.02.2018, 01:41
@cismuffin

War bei mir auch so in der Schulzeit, aber es ist doch noch was anderes, wenn man um 3:30 aufstehen muss...

Versteh mich bitte nicht falsch, ich will dich nicht davon abbringen Konditorin zu werden! Aber du solltest dir lieber jetzt schon der Mankos bewusst sein, als dann in der Ausbildung irgendwann festzustellen, dass die Realität ganz anders ist als du dir das vorgestellt hast ;)

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Der Beruf ist "so bläd" wie alle Berufe "blöd" sein können. Ich finde, aus eigener Erfahrung, dass es kein schlechter Beruf ist. Du kannst im Prinzip genau so "die Welt kennen lernen" wie ein Koch. Je nachdem, wo Du arbeitest, auch Hotels haben Konditoren, oder Kreuzfahrtschiffe, der Beruf ist vielfältig.

cismuffin 
Fragesteller
 10.01.2018, 11:05

Verdient man denn wirklich soo wenig?

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cismuffin 
Fragesteller
 10.01.2018, 11:05

Oder ist das nur in der ersten Zeit?

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Ich kenne mich bei diesem Beruf zwar überhaupt nicht aus. Du kannst ja aber nach der Ausbildung und ein paar Jahren Erfahrung selbstständig werden und eine eigene Konditorei gründen. So wird das Gehalt sicher größer sein, wenn du dich mit diesem Thema auch befasst.

keviniamhs  10.01.2018, 06:52

oder es wird mit einem derbe verlust und verschwendeter investition enden weil der Laden nicht läuft

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Dukar  10.01.2018, 14:18

Deswegen habe ich auch geschrieben „wenn du dich mit dem Thema auch wirklich befasst“. Denn wenn sie sich auskennt und auch Talent in dem Beruf hat, ist es zwar möglich aber unwahrscheinlich. Ein Risiko besteht immer, wenn sie ganz normal in einer Konditorei arbeitet kann sie auch gefreut werden.

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adianthum  11.01.2018, 12:36
@Dukar

Konditor ist ein meisterpflichtiger Beruf. Da musst du erstmal deinen Meister machen was so um die 20.000 kostet- und da sind die Investitionen für einen eigenen Betrieb noch außen vor.

In der Zeit der "Geiz ist geil" Mentalität ein schier aussichtsloses Unterfangen, zumal die Gewinnspannen mittlerweile marginal sind.

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Dukar  11.01.2018, 13:37

Ok, so genau kannte ich mich nicht aus in diesem Beruf.

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suuusu  13.02.2018, 22:14

"nach der Ausbildung und ein paar Jahren Erfahrung selbstständig werden" stimmt nicht so ganz. Ja, man kann sich als Geselle selbstständig machen, aber wenn man keinen Meister einstellt (teuer!), darf man nicht außer Haus verkaufen. Sprich: Nur Café, nix zum mitnehmen und keine Bestellungen - und entsprechend dann in der Regel auch kein großes Gehalt. Also lieber selber die Meisterprüfung machen, aber auch die kostet Zeit, Geld und Nerven (vor allem wenn man das neben einem Vollzeitjob macht).

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