Ist Konditor wirklich so ein "blöder" Beruf?
Hey! Seit Wochen rede ich meine Eltern damit zu, dass ich was mit Desserts, Kuchen, Torten usw. Machen will. Natürlich reden sie dagegen - Im Internet wird auch nochmal ausführlich erklärt warum. Als Konditor wird man nicht nur in den Ausbildungsjahren, sondern auch in den ersten Jahren, in denen man richtig arbeitet (es sei denn man macht den Meister) nicht gut bezahlt. Gerade mal 1400-1600 soll man verdienen (Und das ist noch gut)? Und dann reden einige gelernte Konditoren in verschiedenen Foren davon, wie "blöd" dieser Beruf sei.
Ich wohne derzeit in Mecklenburg Vorpommern und würde dementsprechend auch hier eine Ausbildung machen. Wie viel würde ich ungefähr verdienen, wenn ich später auch hier arbeiten würde? Und ist dieser Beruf wirklich so schlimm? Ich stelle ihn mir nämlich nicht so schlimm vor, wie einige behaupten. Kann man/Muss man den Kuchen/Die Torten, dass Gebäck etc. Eigentlich auch nebenbei verkaufen, oder würde das z.B in einem Cafè (wo ich am liebsten arbeiten würde) jemand anderes machen? Könnte man so vielleicht mehr Geld verdienen, oder ist das vorrausgesetzt?
Danke schonmal für die Antworten!
11 Antworten
Mal ganz direkt gesagt:
- Nahrungsmittel und Drogen (dazu gehören u.a. die Pharma-, Nikotin-, Alkohol-, Koffein-, und eben auch die Zuckerindustrie) sind hinter fossilen Ressourcen die profitablste Industrie der Welt.
- Gebäck/Desserts haben den Luxus, die hochpreisigste und gleichzeitig am meisten gesellschaftlich akzeptierte Branche der Drogen zu sein. (Und ich meine „Drogen“ nicht wertend.)
- Die Leute werden immer essen. Die Chancen daß die Branche plötzlich kein Geld mehr abwirft, ist praktisch null. Grad für die, die etwas schaffen, was heraussteht und besonders ist und andere nicht haben. Was in der Branche besonders leicht ist, wegen der folgenden beiden Gründe:
- Konditor ist ein Kreativberuf. Damit wird er immer mehr Spaß machen und interessanter und abwechslungsreicher sein als die meisten anderen Berufe. Du machst Kunst, mit der sich im Gegensatz zu gewöhnlicher Kunst auch noch toll den Lebenunterhalt bestreiten läßt, weil sie ja immer wieder gegessen werden will.
- Konditoreien sind meist eher regional. Und Leute mögen das. Denn es geht ja dabei grad nicht um globalen Einheitsbrei. Dein Konkurrenzkreis ist also natürlich begrenzt. Was der Grund für die haltbaren hohen Preise ist. Grad wenn man was hat was die anderen nicht haben, und in seiner Gemeinschaft dank der persönlichen Kontaktmöglichkeiten und des Feedbacks einen Ruf weg hat. Großindustrie wird das niemals haben können. „Bestenfalls“ werden sie es versuchen auf diese gruselige Psychopathen-Art zu imitieren, die etwa so rüberkommt: https://imgur.com/gallery/VAeA885
- Wenn du genug freie Hand hast, wird der Beruf dir immer Spaß machen. Was wesentlich wichtiger ist, als zusätzlich Geld zu machen das man eh nicht braucht, um sich Dinge zu kaufen, die einen davon ablenken daß man dafür kein Leben mehr hat. Denn dann ist der Beruf Leben! :) Und man kann Abends stolz nach Hause gehen, im Wissen, selber schönes geschaffen zu haben, und die Welt schöner gemacht zu haben.
Jetzt erzähl mir bitte, warum das nicht einer der besten Berufe der Welt sei? :D
Ja, buckeln in irgendeiner Großkonditorei oder Fabrik ist nicht was ich meine. Mach das nur, wenn du am Verhungern bist, grad absolut keine Geschäftsidee hast, und dir absolut bewußt bist, daß du dann erst Recht keine Zeit und Energie haben wirst, wieder rauszukommen. (Nein, wirst du nicht!)
Wichtig ist halt, daß du den Profit einstreichst, und nicht nur ’ne Arbeitsdrohne bist. Denn Geld macht man damit gut. Aber halt nicht als Arbeitsrobotersklave. Sei dein eigener Chef, sobald du irgendwie kannst. Mach alles davor nur zu diesem Zweck! (Alles Wissen mitnehmen was du kannst, und geübt werden.)
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(Oh, und ich empfehle dir mal, “The Art Of Game Design” von Jesse Schell zu lesen. Mit „Game“ ist hier die Übermenge von Bildung, Kunst, Unterhaltung, Sport und generell tollen Erlebnissen gemeint. Bietet erstaunliche psychologische Schätze, wenn man das für deinen zukünftigen Beruf appliziert. Von “Wie kann man die Sinne des Verzehrers lenken und ein schönes Erlebnis daraus machen.” zu “Wie sollte die Reihenfolge der Schichten des Gebäcks und der Pralinen sein, um die Tollheit des Erlebnisses zu maximieren?“ zu “Wie verkauf ich meine Ideen am besten?“. Genau das was einen aus der Masse herausstellt also.)
@suusu: Ja, sowas gibt es in der Praxis sehr selten. Aber bedenke: Die CHEFS der Läden machen ja sehr wohl Kohle. Und das ist es, was ich meinte: Man muß halt CHEF sein. So bald wie irgend möglich! … Cheffe hat’s ja auch geschafft. Cheffe ist auch nur ein Mensch. Chefs prahlen immer gerne damit, wie sie so erfolgreich wurden. Frag sie, und machs genau so. Statt automatisch davon auszugehen daß das nicht geht, und es „wie alle“ zu machen. Die Laufbahn und die Art Dinge anzugehen ist für die Art von Herangehensweise nämlich ganz anders als „Standard“. (Z.B. muß man generell die Denke haben, zu delegieren, und andere für einen arbeiten zu lassen.) → Arbeitnehmerdenke VS Arbeitgeberdenke.
Der einzige Haken ist, wie meist, die Finanzierung. … Da kann man sich anschauen, wie die ersten Bonzen der Industrialisierung überhaupt zu Bonzen wurden: Das waren nämlich fast alles Adelige. Die haben das gesamte Geld ihrer Familie genommen, und sind damit zu allen wohlhabenden Freunden und Bekannten (und heute auch generell Investoren, wobei man da vorsichtig sein muß, da man, fast per Definition, gelinkt werden kann), und haben ihnen ihren Traum (Egal ob echt oder vom Pferd) erzählt, und Teilhaberschaft versprochen, wenn sie investieren. Dann sind sie mit der gesamten Kohle zur Bank, und haben da das selbe gemacht. Und mit dem Geldberg haben sie dann die ersten Fabriken gebaut. … Gearbeitet haben darin nur die anderen. Wenns was zu tun gab, wurde dafür einfach ein Experte eingestellt. Inklusive Manager. Die einzige Leistung der neuen Geschäftsführer war, drauf zu schauen daß das Ganze sich rentiert. Dann waren die Gläubiger irgendwann abbezahlt, und selbst von Teilhaberschaften konnte man sich durch Abspaltungen befreien. … TADAA! Bonze!
Man beachte, wie das so garnichts mit der Expertise in dem eigentlichen Feld zu tun hat, und wie es präzise darum geht, nicht zu arbeiten, sondern auf dem Rücken anderer zu schmarotzen. Weswegen es immer so dreist ist, wenn sie Sozialleistungs-Empfängern Schmarotzertum vorwerfen.
Aber man braucht (und sollte) ja nicht zu schmarotzen, um sich die Methode zu nutze zu machen. Vor allem weil man seine Passion ja nicht aufgeben will. … So manch einer endet nämlich darin, das Management dann doch zu machen, weil er es nicht über sich bringt, diesen letzten Schlüsselteil auch wegzudelegieren. (Das machen dann meist aber die Erben, zumindest teilweise.)
Allerdings!
Um selbstständig arbeiten zu können, brauchst du deinen eigenen Betrieb- heißt also, erstmal den Meister machen.
Und eine eigene Betriebsaustattung kostet- je nachdem was man machen will- leicht einen 6stelligen Betrag. Und mit einem Schuldenberg anzufangen, hat schon so manchen "Dickhäuter" nervlich ruiniert.
Ich weiß nicht was du jetzt machst aber vielleicht ist das für die einen oder anderen noch interessant. Ich würde sagen einfach machen und später kann man sich immernoch umorientieren, keiner hat gesagt dass man 50 Jahre den gleichen Beruf haben muss. Ich habe Köchin gelernt und muss sagen, ja Jobs in der Küche sind keine 9 to 5 Berufe. Man kann meist erst gehen wenn man alles soweit fertig gemacht hat. Deadlines sind eng getacktet, daher muss man auch sehr schnell arbeiten.
Schichtarbeit ist an vielen Orten keine Seltenheit gerade was Konditoreien angeht, außerdem gibt es auch viele Betriebe die besonders an Feiertagen geöffnet haben und man dementsprechend arbeiten muss, gerade wenn man seine Ausbildung in einem Hotel absolviert (was auch möglich ist). Außerdem muss man sich auch darauf einstellen, dass man öfters geschimpft wird, bei mir war es gar nicht so schlimm trotz einigen Fehlern beim À la carte, aber man braucht denke ich, generell starke Nerven und ein gutes Selbstbewusstsein.
Ich kann nur sagen, dass es eher ein Beruf mit Passion ist und man nicht so viel verdient. Ich habe allerdings meine Ausbildung in Österreich absolviert, daher kenne ich mich mit dem Gehalt in Deutschland nicht aus. Ich habe zum Beispiel im 3ten Lehrjahr ungefähr 1000 Euro am Konto gehabt und zu Hause gewohnt. Jetzt verdiene ich aber ungefähr 1500 Euro netto als Jungköchin. Einige Betriebe haben aber auch Mitarbeiterunterkünfte und gratis Verpflegung was enorme Kosten spart. Es gibt wie gesagt immernoch andere Berufschancen, ich habe mich zum Beispiel trotz Matura dafür entschieden und kann aber jederzeit mit Leichtigkeit etwas anderes machen. Auch mit Mittelschulabschluss oder dem deutschen Realschulabschluss gibt es immer noch anderen Möglichkeiten.
Also ich habe damals auf meine Eltern gehört und habe einen Krisensicheren Beruf ergriffen. Ich bin Krankenschwester geworden. Heute völlig überlastet und nur noch genervt von diesem Beruf. Tatsächlich mache ich gerade die Konditorin in Ausnahmebewilligung bei der Handwerkskammer. Das ist teuer und Aufwendig. Mein Tip! Tu das was du für richtig hältst und wo deine Talente liegen. Eltern meinen es immer gut, aber sie wissen es nicht immer am besten.
Ich kenne mich bei diesem Beruf zwar überhaupt nicht aus. Du kannst ja aber nach der Ausbildung und ein paar Jahren Erfahrung selbstständig werden und eine eigene Konditorei gründen. So wird das Gehalt sicher größer sein, wenn du dich mit diesem Thema auch befasst.
oder es wird mit einem derbe verlust und verschwendeter investition enden weil der Laden nicht läuft
"nach der Ausbildung und ein paar Jahren Erfahrung selbstständig werden" stimmt nicht so ganz. Ja, man kann sich als Geselle selbstständig machen, aber wenn man keinen Meister einstellt (teuer!), darf man nicht außer Haus verkaufen. Sprich: Nur Café, nix zum mitnehmen und keine Bestellungen - und entsprechend dann in der Regel auch kein großes Gehalt. Also lieber selber die Meisterprüfung machen, aber auch die kostet Zeit, Geld und Nerven (vor allem wenn man das neben einem Vollzeitjob macht).
Deswegen habe ich auch geschrieben „wenn du dich mit dem Thema auch wirklich befasst“. Denn wenn sie sich auskennt und auch Talent in dem Beruf hat, ist es zwar möglich aber unwahrscheinlich. Ein Risiko besteht immer, wenn sie ganz normal in einer Konditorei arbeitet kann sie auch gefreut werden.
Konditor ist ein meisterpflichtiger Beruf. Da musst du erstmal deinen Meister machen was so um die 20.000 kostet- und da sind die Investitionen für einen eigenen Betrieb noch außen vor.
In der Zeit der "Geiz ist geil" Mentalität ein schier aussichtsloses Unterfangen, zumal die Gewinnspannen mittlerweile marginal sind.
Im Grunde ein toller Beruf, doch du musst selbst wissen, ob er dir "Spaß" macht bzw. ob er dir überhaupt liegt!
Darf ich fragen ob du selber Konditor bist oder in der Branche gearbeitet hast? Das ganze klingt nämlich traumhaft - und leider meilenweit entfernt von der Realität.
LG, eine Konditorin