Ist die deutsche Sprache vom Verfall bedroht?

10 Antworten

Mich stören die englischen Wörter nicht, die ins Deutsche einfließen, sondern die Inhalte: Ich will kein "coffee to go". Kaffee trinke ich entweder zuhause oder im Restaurant, aber nicht unterwegs. Ich bin da altmodisch, gegen Hektomatik und für Entschleunigung. Mich stören auch amtlich absichtlich verwirrend geschaffene Begriffe wie die 2 Begriffe Jobcenter/Arbeitsagentur, wo früher nur Arbeitsamt ausreichte. Oder Hartz4/Arbeitslosengeld 2/Grundsicherung, wo es jetzt gleich drei neue Begriffe anstatt dem einen "Sozialhilfe" gibt.

Und dann soll die Gendersprache wieder abgeschafft werden, keine Sternchen mehr, kein Quark mit m/w/d - ist überflüssig, da Diskriminierung bei der Einstellung sowieso gesetzlich verboten ist.

Dass neue, wirklich nötige, Wörter oft englischen statt deutschen Ursprungs sind, wie z.B. "Computer" (mittlerweile auch schon alt), das stört mich nicht.

Ach quatsch. Dafür gibt es noch viel zu viele Boomer, die den Sprachwandel nicht akzeptieren, weil er zu Mainstream ist und lieber der old-fashioned Sprachweise bleiben ;)

Nein spaß. Ich denke nicht, dass man sich groß fürchten muss. Klar ändert sich vieles, aber es bringt ja auch positives mit sich. Ich denke, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis man einen noch stärkeren Wandel mitbekommt. Die Generation, die jetzt geboren wird, wird denke ich mit wesentlich mehr Anglizismen aufwachsen, als wir.

gefährlicher finde ich die Auslagerung der Rechtschreibefähigkeit an Autovervollständigen und Autokorrektur, was mich hier auf GF oft daran hindert eine Frage auch nur zu lesen.

Von Experte earnest bestätigt

Man betrachte mal unsere heutige deutsche Sprache im Vergleich zur Sprache der Goethezeit, des 30jährigen Kriegs oder gar des Mittelalters. Ich habe noch nie jemanden gehört, der gesagt hat, dass das moderne Deutsch eine verfallene Sprache ist und wir unbedingt zurück zum Mittel- oder Althochdeutschen müssen. Warum nicht? Weil Sprachwandel ein fließender Prozess ist und wir immer nur einen kleinen Ausschnitt kennenlernen und diesen Ausschnitt als "richtiges" oder "gutes" Deutsch empfinden.

Sprachwandel ist ein völlig normaler Prozess. Ein "Verfall" existiert aus sprachwissenschaftlicher Bewertung nicht, nur aus stilistischer oder nationalistischer.

Tarzanoid  17.01.2022, 08:47

Wir sollten nicht ins Mittelalter zurück, aber die sprachlichen Änderungen der letzten 50 Jahre rückgängig machen. Privat kann ja jeder reden wie er will, aber Politiker und Massenmedien sollten sich an der Sprache der damaligen Zeit orientieren müssen. Das sind nicht immer englische Wörter, die dem zum Opfer fallen würden. Es würde auch wieder Arbeitsamt heißen statt der 2 Begriffe Arbeitsagentur und Jobcenter (und die würden auch wieder zu einem Amt zusammengelegt). Und die Gendersprache würde verschwinden, mitsamt dem hanebüchenen m/w/d. Dafür kommt dann wieder ein Wort wie "hanebüchen" dazu, dass ich gerade verwendet habe und bei dem es mir scheint, dass es schon fast ausgestorben ist.

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Stellwerk  17.01.2022, 08:50
@Tarzanoid

Du bestätigst genau das, was ich sage. Du nimmst Dir EINEN Zeitpunkt raus, den Du als Fixpunkt nimmst. Vor 50 Jahren haben die Leute sich genauso beschwert, dass "50 Jahre früher alle noch besser geredet haben". Wenn Du das konsequent zurück führst, landest Du eben im Mittelalter.

"Massenmedien sollten sich an der Sprache der damaligen Zeit orientieren müssen."

Das wäre sprachliche Zensur/Diktatur. Und warum sollte man sich sprachlich an Zeiten orientieren, die so nicht mehr existieren?

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Tarzanoid  17.01.2022, 08:57
@Stellwerk

Wieso Diktatur? Ich bin für den Sozialismus und die Verstaatlichung der Wirtschaft. Dann gibt es nur noch volkseigene Betriebe. Und warum soll das Volk (bzw. der Staat) als alleiniger Arbeitgeber dann keine sprachlichen Direktiven an die Beschäftigten richten können?

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Tarzanoid  17.01.2022, 09:22
@Stellwerk

Du siehst den Unterschied zwischen der von mir favorisierten Zeit und dem Mittelalter nicht. Das Mittelalter war nunmal gesellschaftlich rückschrittlich und die Leute waren sehr arm. In den 1970er Jahren erreicht man einen Höhepunkt des Wohlstands und vor allem gab es alles, was man benötigte. Ich würde mal sagen, dass es gut ist, viel von der Welt zu erfahren (TV, Zeitungen), zu reisen (die Bahn, die vor dem Auto da war, hat aus wenigen km Fußweg schon über 1000 auf der Schiene gemacht), mit der Waschmaschine statt im Fluss zu waschen, einen hohen medizinischen Standard zu besitzen statt armselig wie in früheren Zeiten zu krepieren, Kultur auch Ärmeren nahezubringen und nicht nur wenigen Reichen wie früher. 1974 wurde sogar in meinem Dorf ein Hallenbad gebaut, dass als Ruine seit 2010 leer steht und wohl bald abgerissen wird.

Seit den 70ern (maximal noch Anfang der 80er) gab es fast keinen nennenswerten Fortschritt. Wenn dann häufig einen, der gleichzeitig ein Rückschritt war. Spielten die Kinder früher noch Spiele auf der Straße, so daddeln sie heute mit diesen Dummphones herum. Die Straßen kann man wegen der immer mehr werdenden Autos auch nicht mehr benutzen (was damals auf Dörfern oft noch anders war). Konnte man früher noch ein Lexikon (selbst ein vielbändiges) komplett überschauen, vielleicht sogar ganz durchsehen, so hat man heute "dank" Wikipedia nur noch eine Ansammlung oberflächlicher Info-Häppchen, die meistens gleich wieder vergessen sind. Der Mensch ist nur noch von der Technik abhängig. Kein Leben außerhalb dieser mehr. Und da kommen dann eben auch so Absurditäten heraus wie die Gendersprache. Mit den ursprünglichen Ideen von Gleichberechtigung hat dieser Quark überhaupt nichts mehr zu tun.

Übrigens gab es in früheren Zeiten, was die Zukunft betraf, häufig sehr hohe Visionen. Ende des 19. Jahrhunderts z.B. war ein Höchstmaß an Technikgläubigkeit vorhanden und man malte sich natürlich nur positive Errungenschaften aus, die die Zukunft bringen sollte. Auch auf sozialem Gebiet ging es voran: Von der Einführung der Sozialversicherung bis hin zum späteren 8-Stundentag. Und was ist heute - trotz gewaltigem technischen Fortschritts sind es immer noch 8 Stunden und nicht längst viel weniger. Gerade eben im Radio habe ich gehört, dass die Reichsten wieder reicher wurden und die Armen durch Corona weiter verloren haben.

Etwas früher, noch in den 60ern, entstand das unten verlinkte Video. Heute würde kein Mensch mehr so ein positives Bild von der Zukunft malen, wie damals Rudi Dutschke. Der Optimismus von früher ist weg, alles erscheint düster!

https://www.youtube.com/watch?v=SeIsyuoNfOg

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Dahika  17.01.2022, 13:38
@Tarzanoid

 Ich bin für den Sozialismus

aha... oder fehlt vielleicht der Wortteil National vor Sozialismus?

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Dahika  17.01.2022, 13:40
@Tarzanoid

Ende des 19. Jahrhunderts z.B. war ein Höchstmaß an Technikgläubigkeit vorhanden 

Das übrigens mit dem Untergang der Titanic aufhörte.

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Tarzanoid  17.01.2022, 14:10
@Dahika

Nichts als üble Verleumdung von Dir, wo jeder hier meine hunderte von Beiträgen lesen kann, in denen ich die DDR, die Sowjetunion, Lenin, Breschnew etc. hochleben lassen. Meistens sind es Leute von ganz Rechtsaußen, die um von sich selbst abzulenken, mir und anderen Linken unterstellen, Nazis zu sein.

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Von Experte adabei bestätigt

Nein.

Auf Neudeutsch: Fashions come, fashions go.

Die deutsche Sprache wird auch das überleben. Sogar die Gendersternch*innen.

Greetings, earnest