Ich muss immerzu an meinen verstorbenen Vater denken - wie kann ich je wieder glücklich werden?

9 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Es ist normal, dass man länger trauert, auch nach Jahren immer wieder. Und es ist normal, dass man Dinge bereut. Würde man nichts bereuen, hätte man sich für jemanden 100%ig aufgeopfert und das will man ja auch nicht, dann wäre man stattdessen verbittert.

In meiner Familie starb jemand genau zu dem Zeitpunkt, als keiner im Zimmer war und wir haben das so interpretiert, dass er nicht loslassen konnte, als noch ein Verwandter da war und "keinen bevorzugen wollte".

Du kannst auch an die vielen Momente denken, in denen du deinem Vater etwas gegeben hast. Dem gegenüber steht ein Moment, in dem du nicht da warst. Der tilgt die restlichen Momente aber ja nicht!

Versuche, das Andenken deines Vaters in Ehren zu halten, halte Werte aufrecht, die ihm wichtig waren, übernimm vielleicht bewusst die ein oder andere Redewendung oder Gewohnheit von ihm. Man hat heute ja auch den Vorteil, dass man Bilder lieber Menschen als Bildschirmschoner auf dem Computer oder Smartphone mit sich herumtragen kann und damit denjenigen immer bei sich hat.

Dass man weiter trauert, ist keine Schande und zeigt, wie wichtig einem der Mensch war.

Ich würde, auch noch nach drei Jahren, alle Erinnerungen aufschreiben,die dir so kommen, manchmal ja zu ganz komischen Zeiten und an ganz ungewöhnlichen Orten.

Mit dem Pflegeheim ist das immer so eine Sache, wir haben aktuell auch einen Verwandten dort, weil es nicht anders geht. Was ich sehe: Die Mitarbeiter geben sich sehr große Mühe, aber es strukturelle Probleme, zu wenig Mitarbeiter, zu viel Arbeit, man ist immer nur kurz im Zimmer. Auf der anderen Seite war ich erstaunt, wie schnell sich unser Verwandter, der noch geistig voll fit ist, damit abgefunden hat, gewaschen zu werden und Hilfe beim Anziehen zu bekommen und sogar das Rasiertwerden etwas genießt. Nicht immer ist das, was man als Außenstehender als Demütigung oder Zumutung empfinden würde für den Betroffen auch so.

Mit 92 Jahren, hat Dein Vater ein langes und vor allem gelebtes (trotz Beeinträchtigung) Leben gelebt. Die Natur ist ein Kreislauf von Geburt, Leben und Sterben, dem wir alle unterliegen.

Die Sterbenden suchen sich aus wie sie sterben: im Kreise ihrer Familie - manche warten oft tagelang bis alle Angehörigen da waren/sind, oder auch alleine -jeder Mensch ist in seiner Sterbestunde anders.

Wir waren z.B. die ganze Nacht bei meinem Vater und gingen morgens um 5.30 Uhr nur ca. 1/4h einen Kaffee trinken - und genau da ist er gestorben - er wollte alleine sein.

Dein Vater wollte mit Sicherheit nicht, dass Du so lange trauerst und unglücklich bist.

Gut machen kannst Du es z.B. indem Du ihn nicht vergisst, von ihn erzählst, ihm am Geburtstag/Sterbetag eine Kerze brennen lässt, ihn einfach im Herzen in guter Erinnerung behältst und glücklich weiter lebst!

Pussy711 
Fragesteller
 29.12.2019, 22:16

Na ja, glücklich bin ich sowieso nicht. Aber das hat noch andere Gründe. Genau deswegen vermisse ich ihn. Ich konnte mit niemandem so gut reden wie mit ihm.

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Hallo Pussy711,

ich kann verstehen, dass Du so denkst! Aber frage Dich einmal: Hätte mein Vater gewollt, dass ich mich den Rest meines Lebens dafür verurteile, einige Tage nicht bei ihm gewesen zu sein? Würde er sich nicht wünschen, dass Du ein glückliches, unbeschwerte Leben hast?

Einen lieben Menschen zu verlieren stürzt natürlich fast jeden in tiefe Trauer. Manche sagen zwar, der Tod gehöre zum Leben dazu, dennoch empfinden ihn die meisten als einen schrecklichen Feind. In einer solchen Situation kann man mit Worten oft gar nicht beschreiben, was man wirklich fühlt.

Manchen geht es so, dass sie sich mit dem Geschehen gar nicht abfinden wollen, oder sie können nicht realisieren, was da eigentlich passiert ist. Viele empfinden, dass das Leben nun nicht mehr so ist, wie vorher. Nach dem Tod eines lieben Menschen beginnt ein langer Weg der Trauer. Die Frage ist, wie es einem gelingen kann, die Trauer gut zu verarbeiten.

Für viele gehört Weinen mit zur Trauer. Dass Tränen sinnvoll und nützlich sein können, bestätigen auch Psychologen. Gefühle hingegen zu unterdrücken, schadet mehr als es nützt. Wenn Dir also danach ist, zu weinen, dann lasse deinen Tränen einfach freien Lauf. Hinterher wirst Du sicher merken, dass es Dir wieder besser geht.

Es könnte jedoch auch sein, dass Gefühle der Wut in Dir aufsteigen. Das kann z. B. dann passieren, wenn jemand etwas Gedankenloses oder Falsches sagt. Oder man ist wütend auf den Toten, weil er einen im Stich gelassen hat. Auf keinen Fall wäre es richtig, diese Gefühle zu verdrängen. Es wäre hilfreich, wenn Du Dich einem guten Freund anvertraust, der Dir gut zuhört und in der Lage ist, auf Deine Gefühle richtig zu reagieren.

Falls Du an Gott glaubst, dann kann es Dich sehr erleichtern, wenn Du ihm im Gebet Dein Herz ausschüttest. Das mag dazu führen, dass sich Deine Gedanken und Gefühle wieder beruhigen, denn die Bibel verspricht: "Seid um nichts ängstlich besorgt, sondern lasst in allem durch Gebet und Flehen zusammen mit Danksagung eure Bitten bei Gott bekanntwerden; und der Frieden Gottes, der alles Denken übertrifft, wird euer Herz und eure Denkkraft durch Christus Jesus behüten" (Philipper 4:6, 7).

Der größte Trost für einen Trauernden ist, daran zu denken, dass Gott verheißen hat, die Toten eines Tages wieder aufzuerwecken. Von der künftigen Auferstehung sprach auch Jesus Christus, als er folgendes verhieß: "Wundert euch nicht darüber, denn die Stunde kommt, in der alle, die in den Gedächtnisgrüften sind, seine Stimme hören und herauskommen werden ... einer Auferstehung des Lebens" (Johannes 5:28, 29).

Damit ist nicht gemeint, dass wir unsere Angehörigen und Freunde eines Tages im Himmel wiedersehen werden. Die Bibel spricht von einer Auferstehung hier auf der Erde, bei der die Toten wieder einen Leib aus Fleisch und Blut erhalten, der dem gleicht, den sie vor ihrem Tod hatten, allerdings ohne Krankheiten und Gebrechen.

Wir werden die Verstorbenen also so sehen, wie wir sie gekannt haben! Kannst Du Dir vorstellen, wie unbeschreiblich groß die Freude sein wird, wenn die Toten zum Leben zurückkehren werden? Wie schön wird es dann sein, all die Lieben, die man bis dahin durch den Tod verloren hat, wieder in die Arme schließen zu können!

Der Tod ist heute zwar noch, wie eingangs gesagt, ein schrecklicher Feind, doch verheißt die Bibel, dass dieser Feind eines Tages "zunichte gemacht" werden wird, und zwar für immer (1. Korinther 15:26)! Ich wünsche Dir viel Kraft dabei, Deinen Schmerz und Deine Trauer nach und nach zu verarbeiten!

LG Philipp

Hi, naja du hast dich ja auf den Rat des Arztes gestüzt. Wenn der Arzt gesagt hätte es geht bald zuende, wärst du ja sicher nicht gefahren.

Gut möglich das dein Vater auch gewollt hat das ihr in den Urlaub fahrt und es für ihn ok war. Er war ja nicht alleine. Es kann auch gut sein, das es eh nicht mehr soviel mitbekommen hat und es eh nicht gemerkt hätte, wenn ihr da gewesen wärt.

Es ist halt leider so, wie es ist, du kannst es nicht mehr ändern und deinem Vater wird es jetzt auch nichts mehr ausmachen, auf der neuen Reise.

Ich denke es war Ok für ihn.

Liebe Grüße

Pussy711 
Fragesteller
 29.12.2019, 22:07

Also lustig finde ich das keineswegs. Er hat sich in dem Zimmer mit so vielen anderen nicht wohl gefühlt. So wie ich ihn kannte, hätte er nicht allein sein wollen.

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skipworkman  29.12.2019, 22:27
@Pussy711

Mein Vater ist auch vor einigen Monaten verstorben und im Nachhinein dachte ich mir auch, ich hätte einiges besser machen können.

Ich kanns jetzt, so wie du, auch nicht mehr ändern. Das einzige was ich machen kann ist, es in Zukunft anders zu machen und es versuchen zu akzeptieren. Wie hier auch schon geschrieben wurde, dein Vater würde sicher nicht wollen, daß du dir solche Vorwürfe machst.

Liebe Grüße

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Akzeptiere den Gang des Schicksals, die Zeit lässt sich nicht zurück drehen. Dein Vater hat tapfer sein Leben gelebt; es ist sicher nicht in seinem Interesse, dass Du nach seinem Tod daran leidest. Lass ihn "in Frieden" ruhen.

Pussy711 
Fragesteller
 29.12.2019, 21:53

Ich hätte ihn manches Mal anders behandeln sollen/müssen. Das tut mir so leid.

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luibrand  29.12.2019, 22:00
@Pussy711

Du hast Familie um Dich rum, Dein Mitleid an einen Toten ist Energieverschwendung und kann auf Dauer für die Lieben um Dich herum zur Belastung werden, davon abgesehen, dass es Dir selbst nur Leid bereitet, weil Mitleid nur an Lebende weiter zu geben ist. Erfreue Dich an den schönen Erinnerungen - weise Selbstvorwürfe von Dir.

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Pussy711 
Fragesteller
 29.12.2019, 22:13
@luibrand

Ich glaube nicht, dass es überhaupt jemandem auffällt, dass ich um meinen Vater trauere, zumal ich öfter alleine bin.

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