Ich komme nicht mit dem plötzlichen Tod einer Person klar?

Ogi459  06.01.2025, 19:39

Wie genau meinst du es, dass du mit dem plötzlichen Tod einer Person, nicht klar kommst?

Alyyy333 
Beitragsersteller
 06.01.2025, 19:41

Ich hab das Gefühl, es ist alles meine Schuld. Mehr will ich nicht dazu sagen

7 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Zuerst einmal mein Beileid.

Ich kann dich ein bisschen verstehen. Ein (plötzlicher) Todesfall kann auch Schuldgefühle mit sich bringen, wenn man vorher nicht mehr alles klären konnte mit der Person.

Ich gehe jetzt mal von dienen vorherigen Fragen aus. Du bist nicht Schuld am Tod der Person. Die Person war krank und wusste es nicht. Das ist schlimm, weil der Tod unerwartet kam, und du zurückbleibst mit offenen Fragen, Unklarheiten, und weil ihr offenbar nicht im Reinen miteinander wart.

Für die verstorbene Person ist euer Streit nicht mehr relevant. Sie ist jetzt tot. Wenn es dir hilft, kannst du z. B. einen Brief an die Person schreiben. Und den dann z. B. verbrennen, oder eingraben, in einen Fluss werfen oder einfach aufheben in einer Schublade.

Hilfreich ist es grundsätzlich, sich mit den verschiedenen Trauerphasen (Verena Kast) auseinanderzusetzen. Da ist es wichtig zu wissen, dass diese Phasen nicht zwingend nacheinander kommen. Sondern sie können sich überschneiden und wiederholen. Auch wenn es dir wieder gut geht, kann die Trauer punktuell wieder kommen.

Lass die Trauer und die Wut raus. Wenn dir danach ist, dann weine und schrei. Nutze notfalls ein Kissen. Lass auch deine Anklage, deine Wut gegen die verstorbene Person raus, ohne schlechtes Gewissen.

Zieh dich zurück, wenn dir danach ist. Du musst in einer solchen Situation nicht ständig unter Leute gehen. Achte aber darauf, wenn dir gute Freunde beistehen wollen, dass du sie nicht vor den Kopf stößt. Erwarte aber nicht, dass sie dich verstehen. Ich denke, es ist schwierig, dich zu verstehen, wenn man so etwas nicht selbst erlebt hat. Jeder Mensch trauert anders. Oft kommen auch scheinbar gute Ratschläge, die nicht wirklich hilfreich sind, gut gemeint sind, es aber nicht sind. Es ist auch normal, wenn du jetzt nicht so leistungsfähig bist wie gewohnt. Und achte darauf, dass du ein bisschen an die frische Luft kommst, Bewegung hast (Spaziergänge). Das baut auch Stresshormone ab.

Da diese Frage unter den Glaubensfragen zu finden ist, antworte ich auch noch aus christlicher Sicht (und eigener Erfahrung): Du bist nicht allein. Jesus Christus ist bei dir und steht dir bei. Bei ihm kannst du Vergebung für deine Schuldgefühle bekommen. Ihm kannst du alles sagen, was dich bewegt und beschäftigt, auch wenn es mit Wut zu tun hat.

Und lass dir Zeit. Lass dir nicht einreden, dass das alles nicht so schlimm ist oder so - aber verfall nicht in Selbstmitleid.

Ich wünsche dir alles Gute. Auch wenn es jetzt unvorstellbar und auswegslos scheint - es wird wieder besser.


Alyyy333 
Beitragsersteller
 06.01.2025, 21:23

Deine Antwort hat wirklich alle Punkte umfasst, dich mich bewegen. Danke.

Mit dem unerwarteten Tod einer nahestehenden Person ist wohl nur schwer klarzukommen. Das wirft viel des bisherigen über den Haufen, lässt das eigene Leben sich überschlagen, bedeutet auf verschiedenen Ebenen eine ganz neue Situation.

Trauer ist komplex, beinhaltet eine Vielzahl intensiver, ganz unterschiedlicher Gefühle und Befindlichkeiten. In jedem Fall ist Trauerarbeit Schwerstarbeit. Dafür sollte man die Unterstützung im sozialen Umfeld nutzen. Das kann für beide Seiten eine Herausforderung bedeuten. Man sollte authentisch sein, was nicht immer leicht und einfach ist. Einerseits sucht man eine Routine, möchte und muss sich neu aufstellen. Andererseits belasten einen Trauer und Schmerz immer wieder massiv. Das muss man ertragen, geeignet mit umgehen und es verarbeiten.

Niemand ist am Leben und Tod eines nahestehenden Menschen unbeteiligt und fehlerfrei, ebenso auch überfordert. Dem muss man sich stellen, aber eine vermeintliche Schuld nicht überhöhen. Man wird eben auf brutale Weise mit der Endlichkeit jeden Lebens konfrontiert. Im Alltag sind Trauer und Tod ja weit entfernt.

Letztlich braucht Trauer Energie, Zeit und professionelle Unterstützung. Angebote von Trauergruppen sollte man auf jeden Fall suchen und in Anspruch nehmen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Ich komme nicht mit dem plötzlichen Tod einer Person klar?

Mein Beileid. Mein Vater ist im Juni 2024 gestorben und ich habe nur über seine jüngste Schwester, die ihrerseits vom Vermieter seiner Wohnung erfahren hat, weil seine von ihm seit etlichen Jahren getrennt lebende Frau gleich nach seinem Tod die Wohnung gekündigt hat und die sowohl am Tag vor und am Tag nach seinem Tod seit Jahren die einzigen beiden Male da war. Ich erfuhr davon erst im Juli, also ich finde, noch plötzlicher geht es kaum noch - weil ich in jeder Hinsicht vor vollendeten Tatsachen stand.

Ich hab das Gefühl, es ist alles meine Schuld. Mehr will ich nicht dazu sagen

Was letzteres angeht verständlich. Trotzdem, auch wenn es vielleicht nur eine Frage zur Selbstreflexion ist: Warum? Wie kann man an dem Tod einer anderen Person schuldig sein, wenn man sie nicht selbst umgebracht hat?

Davon abgesehen:

Wäre schön wenn ihr mir einfach intuitiv eure Gedanken schreibt.

Tja, das könnte ich, weil für mich der Tod nur das Ende des jeweils gegenwärtigen Lebens, aber nicht das Ende der Existenz einer jeweiligen Person ist, aber ich will nichts schreiben, was man als Missionierungsversuch sehen könnte. (Dabei habe ich auch ohne jeglichen religiösen Einfluss diese Ansicht bereits gehabt, aber aufgrund meiner Religionszugehörigkeit, die ich erst später annahm und das als Erwachsener, sehen manche, die gern über andere urteilen ohne wirkliche Ahnung zu haben, gern gleich alles als Missionierungsversuch. Daher lasse ich es, darüber zu schreiben.)

Es ist sowieso zu kompliziert und im Endeffekt ist es der wichtigste Mensch für mich gewesen.

Das ist für mich auf eine Weise nachvollziehbar, die sonst niemand in meinem Umfeld, verstehen würde.

Also ich gehe inzwischen anders mit dem Tod um. Hab gelernt das Menschen nie immer da sind. Sie sind zerstritten, eine Beziehung die zu Ende geht, weggezogen, gekündigt oder verstorben. Ich habe die Tatsache akzeptiert das sie uns in unserem Leben nur ein Stück begleiten. Manche bleiben etwas länger aber im großen und ganzen, werden sie früher oder später doch gehen. Meine Mutter starb plötzlich am Halloween Jahr 23 also etwas über 1 Jahr jetzt. Sie lag am Morgen tot neben mir im Bett und das war ein ziemlicher Schock für mich. Natürlich war ich auch traurig aber ich hab mich schnell wieder gesammelt, die Trauer war nicht solange. Was soll ich denn machen? Sie kommt nicht wieder und besser ich akzeptiere es gleich. Kein heulen oder schreien bringt sie zurück, es geht ohne sie weiter. Ich versuche an lustige Momente zu denken und nicht wie sie gestorben ist. Weiß nicht ob dir das hilft.


annie80  06.01.2025, 21:15

An sich eine gute Antwort - aber Trauer, weinen und klagen gehören zum normalen Trauerprozess dazu. Auch wenn es den Menschen nicht zurückbringt.

Das darf und sollte man zulassen, sonst kann gerade das zu Schwermut und Depressionen führen.

BlackSoul818  06.01.2025, 22:48
@annie80

Ja das stimmt aber mit der Akzeptanz kommt man besser damit zurecht, man ist nicht über längere Zeit am Boden zerstört. Also fängt sich schneller weil man das realistisch sieht.

Alyyy333 
Beitragsersteller
 06.01.2025, 19:50

Und wenn sich jemand wegen dir umbringen würde? Ich meine nur theoretisch. Und du wärst nur sauer gewesen und deshalb eiskalt. Und du hättest sie monatelang ignoriert? Und alle Warnsignale ignoriert?

BlackSoul818  06.01.2025, 20:01
@Alyyy333

Also da ich selbst zu den Suizid gefährdeten gehöre und wirklich versuche durchgezogen habe, wo sie mich zurück holen mussten, war erst intensiv und dann geschlossene aber eben mehrmals.

Ich kann dir versichern das du nicht schuld an Suizid wärst und auch die genannten Gründe sind nicht wirklich der Grund. Es hat ganz andere Gründe streckt sich über Jahre meistens. Wie angefangen mit Depressionen und die Gedanken und Gefühle sind immer sehr negativ und Azssichtslos, hoffnungslos das treibt man mit sich selbst jeden Tag über viele Jahre und mit der Zeit verschlimmert sich das auch, es geht schleichend abwärts und sie hängen länger im tief und mit jeder schlechten Erfahrung wieder eins drauf, das gute wird überhaupt nicht mehr wahrgenommen.

Irgendwann kann man aber die Gefühle nicht mehr halten. Es ist eine gewaltige Welle an negativen Gefühlen die einen nicht mehr klar denken lassen oder das man überhaupt an die liebsten denkt, Hilfe rufen oder sowas. Da geht nichts mehr, sämtliche Sicherungen knallen durch und das ist eben Krankheitsbedingt. Du hast dann keine Schuld wenn das passiert.

Alyyy333 
Beitragsersteller
 06.01.2025, 20:07
@BlackSoul818

Danke, was du schreibst beeindruckt mich sehr. Ich weiß nicht mal woran er gestorben ist, nur dass ich von einer Freundin von ihm mehrfach die Warnung bekommen habe. Ich hatte sogar so eine tiefe Verbindung mit ihm, dass ich mehrmals genau wusste, wie es ihm gerade geht.

Jetzt bin ich dabei seine Todesursache herauszufinden. Fakt ist, dass ich erst jetzt verstehe, dass seine bösen Taten und Worte keine Bedeutung hatten.

Ich hatte sogar öfter die Intuition, dass ich ihm verzeihen sollte. Aber ich war durch unsere toxische Beziehung irgendwann so ausgebrannt, dass ich nur noch dicht gemacht habe.

BlackSoul818  06.01.2025, 20:18
@Alyyy333

Ich schätze das er wohl Depressionen hatte, ist jetzt auch nur eine Vermutung. Aber in so depressiven Phasen können sie sehr gemein sein, verstoßen andere aber im Grunde sagen sie nur

Lass mich in ruhe

Weil in so Phasen willst du niemanden sehen, hören oder schreiben. Willst einfach gar nichts aber andere verstehen das nicht, gerade in Beziehungen wo man füreinander da sein will. Die haben da kein bock drauf, dann wird eben schluss gemacht damit ich meine ruhe habe oder ein Streit provoziert, nur damit die person verschwindet. So Phasen können Monate anhalten, je nachdem wie schwerwiegend aber wenn so ne Phase vorbei ist, wünschen sie sich auch wieder Nähe und liebe. Schwer mit solchen Menschen umzugehen wenn man sich nicht auskennt. Kannst eigentlich nichts richtig machen. Mal wollen sie reden, mal soll man verschwinden. Viel Feingefühl gefragt, das übt sich mit der Zeit.

Alyyy333 
Beitragsersteller
 06.01.2025, 20:24
@BlackSoul818

Ok. Das hilft mir echt sehr grad danke. Ich schicke dir mal eine FA

Hallo Alyyy333,

ich kann mir sehr gut vorstellen, wie Dir zumute ist! Ich habe vor über 6 Jahren meine Frau verloren, mit der ich etliche Jahre verheiratet war (und einige Jahre davor meine älteste Schwester und meine Eltern). Ein geliebter Mensch hinterlässt beim Tod eine riesige Lücke, und der Schmerz der Trauer kann überwältigend groß sein! Vielleicht darf ich Dir kurz schildern, was mir in der Zeit der Trauer geholfen hat. 

Ich habe inzwischen zwar Abstand gewonnen, doch nach meiner Erfahrung scheint die Trauer nie ganz weg zu gehen. Am Anfang ist der Schmerz zweifellos am größten, doch lässt er im Laufe der Zeit mehr und mehr nach und pendelt sich auf ein erträgliches Maß ein.

Was in der Zeit der Trauer helfen kann ist, wenn man ganz offen mit jemandem, zu dem man Vertrauen hat über seine Gefühle sprechen kann, am besten mit jemandem, der selbst Ähnliches erlebt hat. Von diesem fühlt man sich viel besser verstanden, und meistens bekommt man hier mehr Mitgefühl und Verständnis entgegengebracht! Das ist auch die Erfahrung, die ich gemacht habe.

Einigen fällt es allerdings schwer, über ihre Gefühle zu sprechen und sie ziehen sich lieber von anderen zurück. Hier kann es helfen, einmal all das aufzuschreiben, was einen bewegt und es dann später nochmals zu lesen.

Was ebenfalls Erleichterung bringen kann ist weinen! Ja das Vergießen von Tränen der Trauer ist ein wichtiger und notwendiger Bestandteil des seelischen Heilungsprozesses. Du brauchst Dich daher nicht zu schämen, wenn Du immer mal wieder plötzlich in Tränen ausbrichst. Mir ging es ganz genauso! Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Seinen Tränen freien Lauf zu lassen, kann wirklich sehr befreiend sein!

Es wäre sicher nicht hilfreich, wenn man irgendwie versucht, vor anderen seine Gefühle zu verbergen und den Starken zu spielen. Man sollte sich zugestehen, traurig zu sein und dies auch nach außen zu erkennen zu geben. Warum sollen denn andere nicht merken, wie sehr man mit der Trauer zu kämpfen hat?

Hier noch ein letzter Gedanke: Für mich ist es bis heute sehr tröstend, zu wissen, was die Bibel über die Toten sagt. Jesus Christus, der ja selbst auch den Schmerz kannte, den der Tod geliebter Menschen auslösen kann, sagte einmal etwas sehr Schönes:

Denn so, wie der Vater die Toten auferweckt und sie lebendig macht, so macht auch der Sohn die lebendig, welche er will. Das sollte euch nicht wundern, denn es kommt die Zeit, wo alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und herauskommen werden“ (Johannes 5:21, 28 u. 29a). 

Jesus sprach hier von der Auferstehung der Toten! Wenn diese eines Tages stattfindet, bedeutet das, dass Millionen von Verstorbenen wieder auf der Erde leben werden, und zwar unter besseren Verhältnissen als heute. Wir werden sie so sehen, wie wir sie gekannt haben und können sie dann endlich wieder in unsere Arme schließen! Ist das nicht großartig?

Zu wissen, dass ich meine Frau, meine Eltern und all die lieben Freunde, Verwandten und Bekannten, die ich im Laufe der Zeit verloren habe, eines Tages wiedersehen werde, hilft mir, mit meinen Gefühlen der Trauer besser fertig zu werden. Ja, ich kann sagen, dass der Gedanke an die Auferstehung der Toten meinen tiefen Schmerz sehr abmildert!

Ich weiß ja nicht, wie Du zur Bibel stehst und ob Du überhaupt an Gott glaubst. Ich habe eben versucht, meine persönlichen Erfahrungen und meine Hoffnung wiederzugeben. Vielleicht hast Du ja eine ganz andere Meinung dazu.

Ich wünsche Dir jedenfalls von ganzem Herzen, dass es Dir gelingt, mit Deinem Schmerz zu leben und Deine große Trauer nach und nach zu verarbeiten!

LG Philipp

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Lebenserfahrungen, soziale Berufung