Gucken Rettungskräfte auf die Notfallinformationen im Smartphone?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Im Regelfall nein.

Im Rettungsdienst wird nach dem sogenannten ABCDE- Schema, bei sichtbaren stark blutenden äußeren Verletzungen nach dem >C<ABCDE- Schema vorgegangen. Das bedeutet, dass in einer entsprechenden Reihenfolge nach lebensbedrohlichen Störungen gesucht und diese der Reihe nach therapiert werden. Die Anamnese, also das Sammeln von medizinisch relevanten Informationen über den Patienten, erfolgt erst bei "E". Zudem sind bei bedrohlichen Zuständen alle Hände mit der Durchführung von lebensrettenden Maßnahmen beschäftigt.

Hinzu kommt noch, dass es dem Rettungsdienst rechtlich gar nicht zusteht, die Taschen von Patienten zu durchsuchen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht verbietet es dritten Personen, "grundlos" in den Taschen Anderer zu suchen, selbst die Polizei darf das nur, wenn rechtlich klar definierte Voraussetzungen erfüllt sind. Es kann schonmal sein, dass man persönliche Gegenstände des Patienten aus dessen Taschen rausholt, insbesondere dann, wenn der Patient immobilisiert werden muss und sich der Geldbeutel in der Gesäßtasche befindet. Genauer "dursucht" werden darf jedoch ohne Weiteres nicht's davon. Dafür müsste es dann schon einen konkreten Anhaltspunkt zur Gewinnung medizinisch wertvoller Informationen geben, beispielsweise wenn ein anwesender Freund sagen würde, dass auf dem Smartphone wichtige medizinische Informationen gespeichert sind. Ohne nähere Anhaltspunkte hingegen nicht.

Mfg

Nein, habe ich noch nie gemacht, habe ich noch nie mitbekommen, dass Kollegen das gemacht haben.

Zum einen sind die Diagnostik- und Therapiemaßnahmen bei nicht ansprechbaren Personen (wo das zum tragen käme) recht eingeschränkt, reduzieren sich auf die Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen und die Therapie im Rahmen des präklinisch möglichen.

Also zum Beispiel der Klassiker: eine Hypoglykämie. Man misst sowieso Standardmäßig den BZ, und wenn der zu niedrig ist und der Patient bewusstlos ist, bekommt er Glucose.

Hat der Patient gekrampft (es gibt auch nach abgelaufenem Ereignis Anzeichen) bekommt er (sowieso) einen Venenzugang und im Falle eines neuerlichen Ereignisses nach Ermessen des Notarztes krampfdurchbrechende Medikamente.

Wird der Patient reanimiert, bekommt jeder die gleichen Medikamente und Therapiemaßnahmen, also eine maschinelle Beatmung, ggf. Defibrillationen, etc.

Das alles sind standardisierte Maßnahmen, die unabhängig von jeglichen medizinischen Informationen sind.

Ein anderer Faktor (der entspricht lediglich meiner Berufserfahrung): die Patienten führen diese Informationen eher nicht, die sind schon damit überfordert, eine Versichertenkarte, den Medikamentenplan und so etwas mit zu führen. Geschweige denn, dass solche digitalen Informationen geführt werden. Die meisten Patienten, bei denen solche Informationen zum tragen kämen, sind in einem Alter, in der sie kein Handy bedienen können.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Von Experte Rollerfreake bestätigt

Nein, nicht wirklich.

Einmal haben so wenige Leute irgendwelche verwertbaren Informationen auf dem Smartphone, dass man ohne Anlass nicht auf die Idee kommt, dass ausgerechnet der Patient, der vor einem liegt, dazu gehört. Zumal unsere klassische Kundengruppe oft sowieso kein Smartphone besitzt.

Zweitens hat man bei Patienten, die sich nicht mehr selbst äußern können, gerade in der Erstphase auch so schon genug zu tun, ohne dass sich ein Kollege verabschiedet und sich mit einem fremden Handy befasst.

Drittens ist das Smartphone oft nicht mal eben auffindbar, sondern es liegt irgendwo und man müsste danach suchen.

Viertens ist das Smartphone das Eigentum und die Privatsphäre des Patienten... es zu ohne guten Anlass (z.B. einen konkreten Hinweis auf hinterlegte und zugängliche Informationen) zu verwenden, ist rechtlich problematisch.

Ich weiß tatsächlich genau einen einzigen Fall, in dem ein Patient sich nicht selbst äußern konnte und das Smartphone wenigstens eine interessante Info geliefert hat. Da drückte die Polizistin mehr aus Langeweile mal drauf und auf dem Sperrbildschirm stand "Finger weg, ich gehöre Max Mustermann". Also wussten wir, dass der Mensch Max Mustermann hieß. Was bei der Frage, warum er jetzt bewusstlos ist, nicht allzu viel half.

Man kommt ja in den meisten Fällen gar nicht ins Handy rein und jede Art Handy hat eine andere Bedienphilosophie. Solange in diesem Land nichts einheitlich ist, macht sich keiner die Arbeit und hat dann möglicherweise noch eine Klage am Hals, unbefugt in ein fremdes Handy geschaut zu haben

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Titus2209 
Fragesteller
 27.01.2022, 19:25

Also bei mir kommt man an die Informationen ohne das Handy entsperren zu müssen. Auf Notfall tippen und dann gibt es neben der Möglichkeit zu telefonieren noch ein Button mit den besagten Notfallinformationen.

Wenn es meiner Rettung hilft, habe ich kein Problem wenn die Rettungskräfte mein Smartphone angucken

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Salus03  27.01.2022, 19:27
@Titus2209

so etwas gibt es bei meinem Handy nicht, also einen Button Notfall. Ich bin ja selbst hin und wieder im Rettungsdienst tätig, aber das macht keiner, weder Notfallsanitäter, noch Notarzt. Wir kümmern uns lieber direkt um die Patienten.

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Nein bis selten.

Es geistern immer mal wieder Tipss rum die sagen man sollte Notfallnummern extra kenntlich machen und kennzeichnen. Zum beispiel mit "ICE" In Case of Emergency... wer verständigt werden muss.

ABER da haben die aber keine zeit für UND die meisten Telefone haben ne Bildschirmsperre, FaceID oder sonst was ... dann geht das ja auch gar nicht.

Wenn jemand benarichtigt werden msus finden die das wohl über die Adresse raus zusammen mit der Polizei.

iwaniwanowitsch  27.01.2022, 21:13

da haste Recht! Ich lache immer über diese "ICE-Infos"... die kann niemand auswerten auf Grund der Sperre eines Handys. Immer wieder wird die als "Ultrawichtig, Supersinnvoll" vorgestellt. Und in der Realität interessiert das System niemanden.

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