Frage an Physiker: ist ein Schwarzes Loch eine extrem hohe Masse komprimiert auf einen extrem winzigen Punkt (kleiner als ein Atom)?

13 Antworten

Hallo IndustrieNation,

es gibt hartnäckige Missverständnisse über Schwarze Löcher (SL):

  • Oft wird das SL mit der mutmaßlichen Massenkonzentration (kurz mMK) "in dessen Zentrum" verwechselt (die Anführungszeichen deshalb, weil "das Zentrum" eines SL eigentlich kein Ort, sondern eher ein Zeitpunkt ist, nämlich der Schlusspunkt eines Kollaps).
  • Ein weiteres Missverständnis bezieht sich auf den Begriff der Singularität; die mMK wird oft mit ihr gleichgesetzt.
Singularität

Vielleicht sollte ich zuerst auf den zweiten Punkt eingehen: Schon bei der Vermittlung der NEWTONschen Mechanik (NM) wird gern auf die Modellvorstellung der Punktmasse oder auch der Punktladung zurückgegriffen, weil es mathematisch relativ einfach ist. Natürlich würden an dem gedachten Punkt selbst die Feldstärken und Potentiale singulär in dem Sinne, dass ihre Werte nach Unendlich abhauen. Das beeinflusst nach der Vorstellung der NM und auch in der Speziellen Relativitätstheorie (SRT) aber nicht die Raumzeit, die "Bühne", auf der sich die ganze Physik abspielt.

Dies ist jedoch nicht mit dem Begriff der Singularität im Sinne der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) gemeint. Sie beschreibt Gravitation als innere Krümmung der Raumzeit selbst. Wenn wir uns einen nach unten unbegrenzten Kegelmantel mit kugelförmig abgerundeter Spitze vorstellen, ist diese innere Krümmung außerhalb des kugelförmigen Bereiches gleich 0, in diesem Bereich selbst konstant und umgekehrt proportional zum Radius der gedachten Kugel. Machen wir diese Kugel immer kleiner, wird also die Krümmung immer größer; wenn wir eine echte Spitze daraus machen, haben wir eine Singularität.

Die Krümmung der Raumzeit

In der ART hängt die innere Geometrie der Raumzeit von der Verteilung von Energie (Masse ist eine Form von Energie) und Impuls sowie Druck und Spannung ab, die im Energie-Impuls- Tensor zusammengefasst sind. Der Zusammenhang wird durch die EINSTEINschen Feldgleichungen dargestellt, die so etwas sind wie die berühmten MAXWELL- Gleichungen in der Elektrodynamik.

SCHWARZSCHILDs Modell

Die erste (und einfachste) je gefundene exakte Lösung der EINSTEINschen Feldgleichungen, wurde schon sehr früh (1916) von Karl SCHWARZSCHILD entdeckt und beschreibt das Gravitationsfeld einer punktförmig gedachten mMK.

Dabei fiel ihm auf, dass es eine Grenzfläche gibt, innerhalb derer "der Raum zur Zeit und die Zeit zum Raum wird". Diese Grenzfläche wird als Ereignishorizont (EH) bezeichnet und trennt den äußeren Teil des Gravitationsfeldes vom inneren Teil ab.

Als das SL bezeichnet man diesen inneren Teil des Gravitationsfeldes der mMK, und eigentlich ist das nach SCHWARZSCHILD kein räumlicher Bereich, sondern eher ein zeitlicher Vorgang, nämlich der Zusammenbruch eines Raumbereichs, dessen Schlusspunkt die Singularität darstellt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – + Auseinandersetzung mit Gegnern der RT

wie klein der "Punkt" wirklich ist, weiß niemand, weil die gängigen Modelle der Quantenfeldtheorie versagen, wenn die Gravitation stärker ist als die drei anderen Wechselwirkungen (normalerweise ist Gravitation die schwächste). Der Radius ist auf jeden Fall kleiner als der Ereignishorizont, der sich für Masse und Drehimpuls ergibt.

Die gegenwärtige Formulierung der allgemeinen Relativitätstheorie gibt darauf keine Antwort. Sicher ist nur, dass es einen Ereignishorizont gibt, jenseits dessen keine Beobachtungen mehr möglich sind und dass eben die Beschreibung dessen was jenseits des Ereignishorizonts ist mit Hilfe der Allgemeinen Relativitätstheorie nicht möglich ist.

Die Quantentheorie legt der Materie weitere Beschränkungen auf, die (ebenfalls nach gegenwärtigem Kenntnisstand) auch "innerhalb" des Ereignishorizonts gelten. Eine Folge davon ist z.B. die Hawking-Strahlung, die aber mangels Beobachtbarkeit noch im Bereich der Hypothesen verweilt, aber auch die grundlegende Eigenschaft dass es nichts kleineres als die Plank-Länge geben kann oder auch das Pauli-Prinzip, das der Packungsdichte von Materie gewisse Grenzen auferlegt.

Nein, die Singularität ist nicht kleiner als ein Atom.

SlowPhil  16.06.2023, 08:02

Du weißt anscheinend mehr als jeder Andere – hast Du schon eine Theorie entwickelt, die das Innere eines Schwarzen Lochs konsistent beschreibt? Wenn ja, warum haben wir nie etwas davon gehört?

Oder meinst Du die Ringsingularitäten rotierender Schwarzer Löcher?

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Jesko224  16.06.2023, 08:51
@SlowPhil

Laut der Quantengravitationstheorie wird eine endliche Masse angenommen. (Größer als 1 Atom).

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SlowPhil  16.06.2023, 09:15
@Jesko224

Es geht sowieso um eine endliche Masse, Du meinst eine endliche Ausdehnung. Ich kenne aber keine Vorhersage, sie sei größer als ein Atom. So eines ist typischerweise rund 10²⁵ PLANCKsche Längen im Durchmesser.

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Massen von schwarzen Löcher können die von Sternen sein und gehen bis zum Milliarden-fachen davon.

Theoretisch soll es nur ein Punkt sein. Wie klein es wirklich ist, wissen wir nicht.

Interessant ist mMn, dass der EreignisHorizont theoretisch nur knapp unter der Größe eines gleich schweren Neutronensterns liegt. Wird diese Größe nur iwie 'knapp' unterschritten, stürzt der Stern zu einem schwarzen Loch zu sammen und bleibt so. Wie klein das Objekt im Zentrum wirklich ist, weiß niemand.